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Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.

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Die V. Anmerckung. (n)
ist; so kan er sie durch gute Raisons corri-
gi
ren; ihnen auf den rechten Weg helffen,
und sie solchergestalt, zu einer nöthigen und
löblichen Aufmercksamkeit, vor das künffti-
ge mit Nutzen enconragiren. Und dieses
ist das rechte Mittel, junge Herren zur Le-
bens-Wohlanständigkeit zu bringen, und
sie darinnen so feste zu setzen, daß sie auch
in denen schlimmsten Gesellschafften, wie
die Bienen, welche auch aus denen giffti-
gen Kräutern das ihnen dienliche, zu ihrem
Honig, zu saugen pflegen, etwas Gutes ler-
nen können.
gute Bü-
cher lesen
lassen;
Hierzu geben des Abbe de Bellegarde
Schrifften nützliche Anleitung. E. g. Les
Reflexions sur le ridicule; Les Reflexions
sur la politesse des moeurs; Modelles des
Conversations, pour les personnes polies;
Les reflexions, sur ce qui peut plaire ou de-
plaire; L'Art de connoitre l'homme; Johann
George Neukirchs
Politi
sch-moralische Ma-
xim
en, in der Conversation wohl zu leben,
und wohl zu reden. u. s. f.
der allzu-
grossen Ei-
gen-Liebe
entsagen;
Hierbey aber muß man, vor allen Din-
gen, der eigenen Praesumtion oder allzugros-
sen Selbst-Liebe entsagen, sich selbst nicht
zu hoch, zu weise, zu geschickt und zu voll-
kommen halten. Denn niemand ist so
weise und so klug, daß er nicht irren könne,
und niemand ist so tumm und ungeschickt,
daß er nicht etwas, wenn er nur will, ler-
nen und begreiffen könne.
Die V. Anmerckung. (n)
iſt; ſo kan er ſie durch gute Raiſons corri-
gi
ren; ihnen auf den rechten Weg helffen,
und ſie ſolchergeſtalt, zu einer noͤthigen und
loͤblichen Aufmerckſamkeit, vor das kuͤnffti-
ge mit Nutzen enconragiren. Und dieſes
iſt das rechte Mittel, junge Herren zur Le-
bens-Wohlanſtaͤndigkeit zu bringen, und
ſie darinnen ſo feſte zu ſetzen, daß ſie auch
in denen ſchlimmſten Geſellſchafften, wie
die Bienen, welche auch aus denen giffti-
gen Kraͤutern das ihnen dienliche, zu ihrem
Honig, zu ſaugen pflegen, etwas Gutes ler-
nen koͤnnen.
gute Buͤ-
cher leſen
laſſen;
Hierzu geben des Abbé de Bellegarde
Schrifften nuͤtzliche Anleitung. E. g. Les
Reflexions ſur le ridicule; Les Reflexions
ſur la politeſſe des moeurs; Modelles des
Converſations, pour les perſonnes polies;
Les reflexions, ſur ce qui peut plaire ou de-
plaire; L’Art de connoitre l’homme; Johann
George Neukirchs
Politi
ſch-moraliſche Ma-
xim
en, in der Converſation wohl zu leben,
und wohl zu reden. u. ſ. f.
der allzu-
groſſen Ei-
gen-Liebe
entſagen;
Hierbey aber muß man, vor allen Din-
gen, der eigenen Præſumtion oder allzugroſ-
ſen Selbſt-Liebe entſagen, ſich ſelbſt nicht
zu hoch, zu weiſe, zu geſchickt und zu voll-
kommen halten. Denn niemand iſt ſo
weiſe und ſo klug, daß er nicht irren koͤnne,
und niemand iſt ſo tumm und ungeſchickt,
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[88/0110] Die V. Anmerckung. (n) ⁽n⁾ iſt; ſo kan er ſie durch gute Raiſons corri- giren; ihnen auf den rechten Weg helffen, und ſie ſolchergeſtalt, zu einer noͤthigen und loͤblichen Aufmerckſamkeit, vor das kuͤnffti- ge mit Nutzen enconragiren. Und dieſes iſt das rechte Mittel, junge Herren zur Le- bens-Wohlanſtaͤndigkeit zu bringen, und ſie darinnen ſo feſte zu ſetzen, daß ſie auch in denen ſchlimmſten Geſellſchafften, wie die Bienen, welche auch aus denen giffti- gen Kraͤutern das ihnen dienliche, zu ihrem Honig, zu ſaugen pflegen, etwas Gutes ler- nen koͤnnen. Hierzu geben des Abbé de Bellegarde Schrifften nuͤtzliche Anleitung. E. g. Les Reflexions ſur le ridicule; Les Reflexions ſur la politeſſe des moeurs; Modelles des Converſations, pour les perſonnes polies; Les reflexions, ſur ce qui peut plaire ou de- plaire; L’Art de connoitre l’homme; Johann George Neukirchs Politiſch-moraliſche Ma- ximen, in der Converſation wohl zu leben, und wohl zu reden. u. ſ. f. Hierbey aber muß man, vor allen Din- gen, der eigenen Præſumtion oder allzugroſ- ſen Selbſt-Liebe entſagen, ſich ſelbſt nicht zu hoch, zu weiſe, zu geſchickt und zu voll- kommen halten. Denn niemand iſt ſo weiſe und ſo klug, daß er nicht irren koͤnne, und niemand iſt ſo tumm und ungeſchickt, daß er nicht etwas, wenn er nur will, ler- nen und begreiffen koͤnne. Hier-

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Zitationshilfe: Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/110>, abgerufen am 29.03.2024.