Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Blaubart.
einwenden läßt. Nun, wenn es denn seyn muß,
so will ich nur mein Bündel schnüren und mein
Testament machen.
Heymon. Dein Testament?
Claus. Aus meinem Narrenstock läßt sich
ein herrlicher Commandostab machen, man darf
nur oben den Eselskopf herunter brechen; den ver-
mach' ich Euch! Meine Mütze Eurem Bruder
Conrad, die Ohren sind so schon ziemlich abgetra-
gen; meinen Witz dem Rathgeber da, und meine
Krücke demjenigen, der nur mit einem Beine aus
dem Felde zurück hinkt.
Rathgeber. Deinen Witz magst Du selbst
behalten, er ist so durchgescheuert, daß man die
Fäden zählen kann.
Claus. So könnt Ihr immer noch euren
vernünftigen Rath damit flicken, denn ich glaube,
daß Verstand kein besseres Unterfutter finden kann,
als Narrheit. Ich versichere Euch, nichts hält so
warm und bewahrt vor Husten und Schnupfen,
Schwindel und dergleichen, so gut, als ein Brust-
tuch von derber Narrheit. Trügt Ihr es nur un-
ter Eurem Panzer, Herr Ritter, Ihr würdet
Euch wohl dabei befinden, dann bliebet Ihr lieber
zu Hause, und ergötztet Euch hier bürgerlich mit
mir, oder dem Rathgeber, oder ginget auf die
Jagd. Warum muß es denn gerade Krieg seyn?
Krieg ist ein gefährliches Spiel; ich kann schon
das bloße Wort nicht leiden; glaubt mir, es liest
sich besser davon in Büchern, als dort im Felde
zu stehn und zu passen und zu passen, -- und
II. [ 2 ]
Der Blaubart.
einwenden laͤßt. Nun, wenn es denn ſeyn muß,
ſo will ich nur mein Buͤndel ſchnuͤren und mein
Teſtament machen.
Heymon. Dein Teſtament?
Claus. Aus meinem Narrenſtock laͤßt ſich
ein herrlicher Commandoſtab machen, man darf
nur oben den Eſelskopf herunter brechen; den ver-
mach' ich Euch! Meine Muͤtze Eurem Bruder
Conrad, die Ohren ſind ſo ſchon ziemlich abgetra-
gen; meinen Witz dem Rathgeber da, und meine
Kruͤcke demjenigen, der nur mit einem Beine aus
dem Felde zuruͤck hinkt.
Rathgeber. Deinen Witz magſt Du ſelbſt
behalten, er iſt ſo durchgeſcheuert, daß man die
Faͤden zaͤhlen kann.
Claus. So koͤnnt Ihr immer noch euren
vernuͤnftigen Rath damit flicken, denn ich glaube,
daß Verſtand kein beſſeres Unterfutter finden kann,
als Narrheit. Ich verſichere Euch, nichts haͤlt ſo
warm und bewahrt vor Huſten und Schnupfen,
Schwindel und dergleichen, ſo gut, als ein Bruſt-
tuch von derber Narrheit. Truͤgt Ihr es nur un-
ter Eurem Panzer, Herr Ritter, Ihr wuͤrdet
Euch wohl dabei befinden, dann bliebet Ihr lieber
zu Hauſe, und ergoͤtztet Euch hier buͤrgerlich mit
mir, oder dem Rathgeber, oder ginget auf die
Jagd. Warum muß es denn gerade Krieg ſeyn?
Krieg iſt ein gefaͤhrliches Spiel; ich kann ſchon
das bloße Wort nicht leiden; glaubt mir, es lieſt
ſich beſſer davon in Buͤchern, als dort im Felde
zu ſtehn und zu paſſen und zu paſſen, — und
II. [ 2 ]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#CLAU">
                <p><pb facs="#f0026" n="17"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Blaubart</hi>.</fw><lb/>
einwenden la&#x0364;ßt. Nun, wenn es denn &#x017F;eyn muß,<lb/>
&#x017F;o will ich nur mein Bu&#x0364;ndel &#x017F;chnu&#x0364;ren und mein<lb/>
Te&#x017F;tament machen.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#HEY">
                <speaker><hi rendition="#g">Heymon</hi>.</speaker>
                <p>Dein Te&#x017F;tament?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#CLAU">
                <speaker><hi rendition="#g">Claus</hi>.</speaker>
                <p>Aus meinem Narren&#x017F;tock la&#x0364;ßt &#x017F;ich<lb/>
ein herrlicher Commando&#x017F;tab machen, man darf<lb/>
nur oben den E&#x017F;elskopf herunter brechen; den ver-<lb/>
mach' ich Euch! Meine Mu&#x0364;tze Eurem Bruder<lb/>
Conrad, die Ohren &#x017F;ind &#x017F;o &#x017F;chon ziemlich abgetra-<lb/>
gen; meinen Witz dem Rathgeber da, und meine<lb/>
Kru&#x0364;cke demjenigen, der nur mit einem Beine aus<lb/>
dem Felde zuru&#x0364;ck hinkt.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#RATHGEBER">
                <speaker><hi rendition="#g">Rathgeber</hi>.</speaker>
                <p>Deinen Witz mag&#x017F;t Du &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
behalten, er i&#x017F;t &#x017F;o durchge&#x017F;cheuert, daß man die<lb/>
Fa&#x0364;den za&#x0364;hlen kann.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#CLAU">
                <speaker><hi rendition="#g">Claus</hi>.</speaker>
                <p>So ko&#x0364;nnt Ihr immer noch euren<lb/>
vernu&#x0364;nftigen Rath damit flicken, denn ich glaube,<lb/>
daß Ver&#x017F;tand kein be&#x017F;&#x017F;eres Unterfutter finden kann,<lb/>
als Narrheit. Ich ver&#x017F;ichere Euch, nichts ha&#x0364;lt &#x017F;o<lb/>
warm und bewahrt vor Hu&#x017F;ten und Schnupfen,<lb/>
Schwindel und dergleichen, &#x017F;o gut, als ein Bru&#x017F;t-<lb/>
tuch von derber Narrheit. Tru&#x0364;gt Ihr es nur un-<lb/>
ter Eurem Panzer, Herr Ritter, Ihr wu&#x0364;rdet<lb/>
Euch wohl dabei befinden, dann bliebet Ihr lieber<lb/>
zu Hau&#x017F;e, und ergo&#x0364;tztet Euch hier bu&#x0364;rgerlich mit<lb/>
mir, oder dem Rathgeber, oder ginget auf die<lb/>
Jagd. Warum muß es denn gerade Krieg &#x017F;eyn?<lb/>
Krieg i&#x017F;t ein gefa&#x0364;hrliches Spiel; ich kann &#x017F;chon<lb/>
das bloße Wort nicht leiden; glaubt mir, es lie&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ich be&#x017F;&#x017F;er davon in Bu&#x0364;chern, als dort im Felde<lb/>
zu &#x017F;tehn und zu pa&#x017F;&#x017F;en und zu pa&#x017F;&#x017F;en, &#x2014; und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> [ 2 ]</fw><lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0026] Der Blaubart. einwenden laͤßt. Nun, wenn es denn ſeyn muß, ſo will ich nur mein Buͤndel ſchnuͤren und mein Teſtament machen. Heymon. Dein Teſtament? Claus. Aus meinem Narrenſtock laͤßt ſich ein herrlicher Commandoſtab machen, man darf nur oben den Eſelskopf herunter brechen; den ver- mach' ich Euch! Meine Muͤtze Eurem Bruder Conrad, die Ohren ſind ſo ſchon ziemlich abgetra- gen; meinen Witz dem Rathgeber da, und meine Kruͤcke demjenigen, der nur mit einem Beine aus dem Felde zuruͤck hinkt. Rathgeber. Deinen Witz magſt Du ſelbſt behalten, er iſt ſo durchgeſcheuert, daß man die Faͤden zaͤhlen kann. Claus. So koͤnnt Ihr immer noch euren vernuͤnftigen Rath damit flicken, denn ich glaube, daß Verſtand kein beſſeres Unterfutter finden kann, als Narrheit. Ich verſichere Euch, nichts haͤlt ſo warm und bewahrt vor Huſten und Schnupfen, Schwindel und dergleichen, ſo gut, als ein Bruſt- tuch von derber Narrheit. Truͤgt Ihr es nur un- ter Eurem Panzer, Herr Ritter, Ihr wuͤrdet Euch wohl dabei befinden, dann bliebet Ihr lieber zu Hauſe, und ergoͤtztet Euch hier buͤrgerlich mit mir, oder dem Rathgeber, oder ginget auf die Jagd. Warum muß es denn gerade Krieg ſeyn? Krieg iſt ein gefaͤhrliches Spiel; ich kann ſchon das bloße Wort nicht leiden; glaubt mir, es lieſt ſich beſſer davon in Buͤchern, als dort im Felde zu ſtehn und zu paſſen und zu paſſen, — und II. [ 2 ]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/26
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/26>, abgerufen am 23.04.2024.