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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Zuschrifft.
Verstande sind/ und so lange sie von denen
die über sie sind/ Beforderung hoffen/ denen-
selben doch solche Submission und Dienste er-
weisen/ die sonsten von liebenden Personen
her zu rühren pflegen/ auch endlich denen so
sie veneriren/ so lange sie solches thun/ alles
gutes erweisen. Aber die Geld-Liebe ist gar
zu irraisonnabel. Denn da sind nicht alleine
alle die Laster/ die mit der Ehrgierde ver-
knüpffet sind/ anzutreffen/ sondern ein Gei-
tziger schonet keines Menschen/ wenn er nur
einen Thaler profit machen kan/ da hingegen
ein Ehrgeitziger dieses für eine grosse lachete
hält. Ja ein Geitziger ist gar zu nichts gu-
tes zu gebrauchen/ in dem er keinen Men-
schen gutes thut; Wannenhero auch jener
nicht unfüglich den Geitzigen mit einem
Schweine verglichen/ das man anders nicht
als wenn es geschlachtet und ertödtet ist/ ge-
niessen kan. Und wie wolte ein solcher
Mensch andern gutes thun/ in dem er
selbsten bey seinem Geld-Sack verhungert?
ja es weiset noch dieses gantz Augenscheinlich/
daß nichts vernünfftiges in dem Geld-Geitz
sey/ indem da sonst gleich und gleich einan-

der
a 3

Zuſchrifft.
Verſtande ſind/ und ſo lange ſie von denen
die uͤber ſie ſind/ Beforderung hoffen/ denen-
ſelben doch ſolche Submiſſion und Dienſte er-
weiſen/ die ſonſten von liebenden Perſonen
her zu ruͤhren pflegen/ auch endlich denen ſo
ſie veneriren/ ſo lange ſie ſolches thun/ alles
gutes erweiſen. Aber die Geld-Liebe iſt gar
zu irraiſonnabel. Denn da ſind nicht alleine
alle die Laſter/ die mit der Ehrgierde ver-
knuͤpffet ſind/ anzutreffen/ ſondern ein Gei-
tziger ſchonet keines Menſchen/ wenn er nur
einen Thaler profit machen kan/ da hingegen
ein Ehrgeitziger dieſes fuͤr eine groſſe lachetè
haͤlt. Ja ein Geitziger iſt gar zu nichts gu-
tes zu gebrauchen/ in dem er keinen Men-
ſchen gutes thut; Wannenhero auch jener
nicht unfuͤglich den Geitzigen mit einem
Schweine verglichen/ das man anders nicht
als wenn es geſchlachtet und ertoͤdtet iſt/ ge-
nieſſen kan. Und wie wolte ein ſolcher
Menſch andern gutes thun/ in dem er
ſelbſten bey ſeinem Geld-Sack verhungert?
ja es weiſet noch dieſes gantz Augenſcheinlich/
daß nichts vernuͤnfftiges in dem Geld-Geitz
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[0005] Zuſchrifft. Verſtande ſind/ und ſo lange ſie von denen die uͤber ſie ſind/ Beforderung hoffen/ denen- ſelben doch ſolche Submiſſion und Dienſte er- weiſen/ die ſonſten von liebenden Perſonen her zu ruͤhren pflegen/ auch endlich denen ſo ſie veneriren/ ſo lange ſie ſolches thun/ alles gutes erweiſen. Aber die Geld-Liebe iſt gar zu irraiſonnabel. Denn da ſind nicht alleine alle die Laſter/ die mit der Ehrgierde ver- knuͤpffet ſind/ anzutreffen/ ſondern ein Gei- tziger ſchonet keines Menſchen/ wenn er nur einen Thaler profit machen kan/ da hingegen ein Ehrgeitziger dieſes fuͤr eine groſſe lachetè haͤlt. Ja ein Geitziger iſt gar zu nichts gu- tes zu gebrauchen/ in dem er keinen Men- ſchen gutes thut; Wannenhero auch jener nicht unfuͤglich den Geitzigen mit einem Schweine verglichen/ das man anders nicht als wenn es geſchlachtet und ertoͤdtet iſt/ ge- nieſſen kan. Und wie wolte ein ſolcher Menſch andern gutes thun/ in dem er ſelbſten bey ſeinem Geld-Sack verhungert? ja es weiſet noch dieſes gantz Augenſcheinlich/ daß nichts vernuͤnfftiges in dem Geld-Geitz ſey/ indem da ſonſt gleich und gleich einan- der a 3

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/5>, abgerufen am 20.04.2024.