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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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die Vorurtheile menschlicher Autorität und Prae-
cipitanz
verführet/ noch darinnen stecket. Jch ha-
be die Eitelkeit der Syllogismus-Kunst und der da-
durch erhaltenen Siege so deutlich erkennen lernen/
daß sie mir nunmehro nichts anders als Kinder-
Spiele vorkommen. Jch habe hierneben alsobald
die Ausbesserung des Herrn Tschirnhauß unter-
sucht/ und weil ich dabey viel zweiffelhaffte Dinge
gefunden/ diese meine Zweiffel glimpflich und be-
scheiden in denen damahls heraus gegebenen Mo-
nat-Gesprächen vorgetragen. Dieweil aber
Zweiffels ohne durch Verursachung etlicher Miß-
gönstiger mir an statt einer erwarteten glimpfli-
chen/ eine sehr harte Antwort worden/ und wir sol-
cher gestalt/ jedoch/ wie ich hoffe/ ohne meine
Schuld/ zimlich in einander gerathen/ habe ich mir
angelegen seyn lassen/ selbst zu Nutzen der studiren-
den Jugend eine Logic ohne der Syllogismus-
Kunst zu verfertigen/ und dabey mich beflissen/ das-
jenige zu meiden oder zu ändern/ was mir bey des
Herrn von Tschirnhauß Lehre verdächtig und
zweiffelhafftig vorgekommen; massen ich denn je-
derzeit davor gehalten/ daß besagter Autor, sich
von den allgemeinen Jrrwege auff die rechte Heer-
Strasse der Wahrheit gemacht/ ob er schon daselbst
dann und wann in etliche Abwege verfallen/ und ich
ihn also den Ruhm/ daß er mir hierinnen die Bahne
gebrochen/ und daß/ wenn es ohne seine auch nach
meiner Meinung zuweilen irrige Lehr-Sätze gewe-
sen wäre/ ich vielleicht an die denenselben entgegen-
gesetzte Wahrheit nicht würde gedacht haben/ nicht
zu benehmen gedencke. Jch habe dannenhero in

dem
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die Vorurtheile menſchlicher Autoritaͤt und Præ-
cipitanz
verfuͤhret/ noch darinnen ſtecket. Jch ha-
be die Eitelkeit der Syllogiſmus-Kunſt und der da-
durch erhaltenen Siege ſo deutlich erkennen lernen/
daß ſie mir nunmehro nichts anders als Kinder-
Spiele vorkommen. Jch habe hierneben alſobald
die Ausbeſſerung des Herrn Tſchirnhauß unter-
ſucht/ und weil ich dabey viel zweiffelhaffte Dinge
gefunden/ dieſe meine Zweiffel glimpflich und be-
ſcheiden in denen damahls heraus gegebenen Mo-
nat-Geſpraͤchen vorgetragen. Dieweil aber
Zweiffels ohne durch Verurſachung etlicher Miß-
goͤnſtiger mir an ſtatt einer erwarteten glimpfli-
chen/ eine ſehr harte Antwort worden/ und wir ſol-
cher geſtalt/ jedoch/ wie ich hoffe/ ohne meine
Schuld/ zimlich in einander gerathen/ habe ich mir
angelegen ſeyn laſſen/ ſelbſt zu Nutzen der ſtudiren-
den Jugend eine Logic ohne der Syllogiſmus-
Kunſt zu verfertigen/ und dabey mich befliſſen/ das-
jenige zu meiden oder zu aͤndern/ was mir bey des
Herrn von Tſchirnhauß Lehre verdaͤchtig und
zweiffelhafftig vorgekommen; maſſen ich denn je-
derzeit davor gehalten/ daß beſagter Autor, ſich
von den allgemeinen Jrrwege auff die rechte Heer-
Straſſe der Wahꝛheit gemacht/ ob er ſchon daſelbſt
dann und wann in etliche Abwege verfallen/ und ich
ihn alſo den Ruhm/ daß er mir hierinnen die Bahne
gebrochen/ und daß/ wenn es ohne ſeine auch nach
meiner Meinung zuweilen irrige Lehr-Saͤtze gewe-
ſen waͤre/ ich vielleicht an die denenſelben entgegen-
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dem
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[0009] die Vorurtheile menſchlicher Autoritaͤt und Præ- cipitanz verfuͤhret/ noch darinnen ſtecket. Jch ha- be die Eitelkeit der Syllogiſmus-Kunſt und der da- durch erhaltenen Siege ſo deutlich erkennen lernen/ daß ſie mir nunmehro nichts anders als Kinder- Spiele vorkommen. Jch habe hierneben alſobald die Ausbeſſerung des Herrn Tſchirnhauß unter- ſucht/ und weil ich dabey viel zweiffelhaffte Dinge gefunden/ dieſe meine Zweiffel glimpflich und be- ſcheiden in denen damahls heraus gegebenen Mo- nat-Geſpraͤchen vorgetragen. Dieweil aber Zweiffels ohne durch Verurſachung etlicher Miß- goͤnſtiger mir an ſtatt einer erwarteten glimpfli- chen/ eine ſehr harte Antwort worden/ und wir ſol- cher geſtalt/ jedoch/ wie ich hoffe/ ohne meine Schuld/ zimlich in einander gerathen/ habe ich mir angelegen ſeyn laſſen/ ſelbſt zu Nutzen der ſtudiren- den Jugend eine Logic ohne der Syllogiſmus- Kunſt zu verfertigen/ und dabey mich befliſſen/ das- jenige zu meiden oder zu aͤndern/ was mir bey des Herrn von Tſchirnhauß Lehre verdaͤchtig und zweiffelhafftig vorgekommen; maſſen ich denn je- derzeit davor gehalten/ daß beſagter Autor, ſich von den allgemeinen Jrrwege auff die rechte Heer- Straſſe der Wahꝛheit gemacht/ ob er ſchon daſelbſt dann und wann in etliche Abwege verfallen/ und ich ihn alſo den Ruhm/ daß er mir hierinnen die Bahne gebrochen/ und daß/ wenn es ohne ſeine auch nach meiner Meinung zuweilen irrige Lehr-Saͤtze gewe- ſen waͤre/ ich vielleicht an die denenſelben entgegen- geſetzte Wahrheit nicht wuͤrde gedacht haben/ nicht zu benehmen gedencke. Jch habe dannenhero in dem a 4

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/9>, abgerufen am 29.03.2024.