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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 1. H. von der Geschickligkeit
nicht einmahl zweiffeln/ wenn du nicht ein-
raumest/ daß etwas wahr sey. Denn du
weist nicht einmahl was ein praejudicium ist/
wenn du gläubest/ du könnest an allen Dingen
zweiffeln.

46. Aber du wilst mich noch nicht so guten
Kauffs loß lassen: sondern du wendest noch fer-
ner gegen mich ein: Wenn ich nicht an allen
Dingen zweiffeln
soll/ so darff ich gar nicht
zweiffeln.
Denn ich soll deßhalben zweif-
feln/ daß ich die Warheit erkenne. Wann
ich dannenhero schon weiß/ daß etwas wahr
ist/ so erkenne ich ja schon die Warheit/ ja
ich muß auch wissen welches das wahre sey:
Denn sonst wüste ich nicht/ daß etwas wahr
wäre.

47. Du schliessest abermahl sehr unförmlich/
du weist freylich/ daß etwas wahr sey/ und
also weist du auch etwas das wahr ist; aber
du weist deshalben nicht alles was in deinen
Gedancken wahr ist/ und dieses ist die Ursach
warum du zweiffeln solst.

48. Denn daß wir uns nunmehr auch zu
den Dogmatischen Zweiffel wenden: ob wir
gleich oben erwehnet haben/ daß wir vermöge
desselbigen zweiffeln/ ob dieses oder jenes

wahr

Das 1. H. von der Geſchickligkeit
nicht einmahl zweiffeln/ wenn du nicht ein-
raumeſt/ daß etwas wahr ſey. Denn du
weiſt nicht einmahl was ein præjudicium iſt/
wenn du glaͤubeſt/ du koͤnneſt an allen Dingen
zweiffeln.

46. Aber du wilſt mich noch nicht ſo guten
Kauffs loß laſſen: ſondern du wendeſt noch fer-
ner gegen mich ein: Wenn ich nicht an allen
Dingen zweiffeln
ſoll/ ſo darff ich gar nicht
zweiffeln.
Denn ich ſoll deßhalben zweif-
feln/ daß ich die Warheit erkenne. Wann
ich dannenhero ſchon weiß/ daß etwas wahr
iſt/ ſo erkenne ich ja ſchon die Warheit/ ja
ich muß auch wiſſen welches das wahre ſey:
Denn ſonſt wuͤſte ich nicht/ daß etwas wahr
waͤre.

47. Du ſchlieſſeſt abermahl ſehr unfoͤrmlich/
du weiſt freylich/ daß etwas wahr ſey/ und
alſo weiſt du auch etwas das wahr iſt; aber
du weiſt deshalben nicht alles was in deinen
Gedancken wahr iſt/ und dieſes iſt die Urſach
warum du zweiffeln ſolſt.

48. Denn daß wir uns nunmehr auch zu
den Dogmatiſchen Zweiffel wenden: ob wir
gleich oben erwehnet haben/ daß wir vermoͤge
deſſelbigen zweiffeln/ ob dieſes oder jenes

wahr
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[22/0048] Das 1. H. von der Geſchickligkeit nicht einmahl zweiffeln/ wenn du nicht ein- raumeſt/ daß etwas wahr ſey. Denn du weiſt nicht einmahl was ein præjudicium iſt/ wenn du glaͤubeſt/ du koͤnneſt an allen Dingen zweiffeln. 46. Aber du wilſt mich noch nicht ſo guten Kauffs loß laſſen: ſondern du wendeſt noch fer- ner gegen mich ein: Wenn ich nicht an allen Dingen zweiffeln ſoll/ ſo darff ich gar nicht zweiffeln. Denn ich ſoll deßhalben zweif- feln/ daß ich die Warheit erkenne. Wann ich dannenhero ſchon weiß/ daß etwas wahr iſt/ ſo erkenne ich ja ſchon die Warheit/ ja ich muß auch wiſſen welches das wahre ſey: Denn ſonſt wuͤſte ich nicht/ daß etwas wahr waͤre. 47. Du ſchlieſſeſt abermahl ſehr unfoͤrmlich/ du weiſt freylich/ daß etwas wahr ſey/ und alſo weiſt du auch etwas das wahr iſt; aber du weiſt deshalben nicht alles was in deinen Gedancken wahr iſt/ und dieſes iſt die Urſach warum du zweiffeln ſolſt. 48. Denn daß wir uns nunmehr auch zu den Dogmatiſchen Zweiffel wenden: ob wir gleich oben erwehnet haben/ daß wir vermoͤge deſſelbigen zweiffeln/ ob dieſes oder jenes wahr

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/48>, abgerufen am 19.04.2024.