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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 1. H. von der Geschickligkeit.

39. Gesetzt aber ich räumete dir denselben
ein/ wirstu auch Ursache haben deswegen zu
schliessen/ daß du deßwegen an allen zweif-
fejn müssest.
Es ist ein grosser Unterscheid
unter betriegen können/ und betriegen wer-
den.
Und dieser Satz ist sehr unvernünfftig:
Jch kan mich allezeit betriegen/ Ergo wer-
de ich mich auch allezeit betriegen.
Frage
nur die regeln der allgemeinen Metaphysic,
so fern dieselbe noch gut und unbetrieglich ist.

40. Nim ein klar Exempel: du kanst
mit drey Würffeln einmahl und auff eine
einige manier alle Eß/ und auff vielerley ma-
nier
zehen oder eilff Augen werffen. Wür-
dest du aber nicht unklug raisoniren, wenn du
daraus schliessen woltest/ daß du allemahl alle
Eß oder zehen Augen werffen köntest/ und
noch vielmehr/ daß du allemahl alle Eß oder
zehen Augen werdest werffen.

41. Ja so ungeräumt es wäre/ wenn du
deßwegen gegen einen andern eine hohe Sum-
me
Geld setzen woltest/ daß du allemahl nach
einander alle Eß oder zehen Augen werffen
woltest/ wtil du sie einmahl oder offte geworf-
fen; so ungereimt ist es auch/ an allen deinen
gehabten Einbildungen oder Gedancken

zweif-
Das 1. H. von der Geſchickligkeit.

39. Geſetzt aber ich raͤumete dir denſelben
ein/ wirſtu auch Urſache haben deswegen zu
ſchlieſſen/ daß du deßwegen an allen zweif-
fejn muͤſſeſt.
Es iſt ein groſſer Unterſcheid
unter betriegen koͤnnen/ und betriegen wer-
den.
Und dieſer Satz iſt ſehr unvernuͤnfftig:
Jch kan mich allezeit betriegen/ Ergò wer-
de ich mich auch allezeit betriegen.
Frage
nur die regeln der allgemeinen Metaphyſic,
ſo fern dieſelbe noch gut und unbetrieglich iſt.

40. Nim ein klar Exempel: du kanſt
mit drey Wuͤrffeln einmahl und auff eine
einige manier alle Eß/ und auff vielerley ma-
nier
zehen oder eilff Augen werffen. Wuͤr-
deſt du aber nicht unklug raiſoniren, wenn du
daraus ſchlieſſen wolteſt/ daß du allemahl alle
Eß oder zehen Augen werffen koͤnteſt/ und
noch vielmehr/ daß du allemahl alle Eß oder
zehen Augen werdeſt werffen.

41. Ja ſo ungeraͤumt es waͤre/ wenn du
deßwegen gegen einen andern eine hohe Sum-
me
Geld ſetzen wolteſt/ daß du allemahl nach
einander alle Eß oder zehen Augen werffen
wolteſt/ wtil du ſie einmahl oder offte geworf-
fen; ſo ungereimt iſt es auch/ an allen deinen
gehabten Einbildungen oder Gedancken

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[20/0046] Das 1. H. von der Geſchickligkeit. 39. Geſetzt aber ich raͤumete dir denſelben ein/ wirſtu auch Urſache haben deswegen zu ſchlieſſen/ daß du deßwegen an allen zweif- fejn muͤſſeſt. Es iſt ein groſſer Unterſcheid unter betriegen koͤnnen/ und betriegen wer- den. Und dieſer Satz iſt ſehr unvernuͤnfftig: Jch kan mich allezeit betriegen/ Ergò wer- de ich mich auch allezeit betriegen. Frage nur die regeln der allgemeinen Metaphyſic, ſo fern dieſelbe noch gut und unbetrieglich iſt. 40. Nim ein klar Exempel: du kanſt mit drey Wuͤrffeln einmahl und auff eine einige manier alle Eß/ und auff vielerley ma- nier zehen oder eilff Augen werffen. Wuͤr- deſt du aber nicht unklug raiſoniren, wenn du daraus ſchlieſſen wolteſt/ daß du allemahl alle Eß oder zehen Augen werffen koͤnteſt/ und noch vielmehr/ daß du allemahl alle Eß oder zehen Augen werdeſt werffen. 41. Ja ſo ungeraͤumt es waͤre/ wenn du deßwegen gegen einen andern eine hohe Sum- me Geld ſetzen wolteſt/ daß du allemahl nach einander alle Eß oder zehen Augen werffen wolteſt/ wtil du ſie einmahl oder offte geworf- fen; ſo ungereimt iſt es auch/ an allen deinen gehabten Einbildungen oder Gedancken zweif-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/46>, abgerufen am 28.03.2024.