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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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der Warheit nachzudencken.
nicht die Furcht einer Unhöffligkeit und Feind-
schafft/ die dich so von mir wegtreibet; Es ist
deine Begierde zur Wollust und Müßig-
gang.
Man muß ja der Weißheit halber
nicht alle menschliche Gesellschafft meiden:
Man kan auch dann und wann eine Erge-
tzung haben. Aber man muß das Hertze nicht
dran hängen. Man muß der Ergetzung hal-
ber die Weißheit nicht hindan setzen. Aber die-
se Lection ist dir itzo zu schwer zu practiciren.
Derowegen gehe nur hin/ ich will morgen und
allezeit bereit seyn/ weiter fort zu fahren.

21. Du schämest dich/ und enderst deine re-
solution,
und wilst die Compagnie fahren las-
sen. Daran thustu nun gar löblich/ und er-
weisest dich als einen zu dem vorhabenden
Zweck nicht untüchtigen Schüler. Aber ich
muß mich auch als ein tüchtiger Lehrmeister
erweisen. Du thust mit deiner resolution dei-
nen Begierden eine Gewalt an/ aber dein Zu-
stand läßt noch nicht zu/ daß nicht deine Be-
gierden bey dieser Gewalt deine Seele/ ja
deinen Verstand verunruhigen solten. Und
also was würde es uns beyden helffen/ wenn du
zwar mit deinen Leibe hier bey mir gegen-
wärtig
wärest/ deine Gedancken aber wä-

ren

der Warheit nachzudencken.
nicht die Furcht einer Unhoͤffligkeit und Feind-
ſchafft/ die dich ſo von mir wegtreibet; Es iſt
deine Begierde zur Wolluſt und Muͤßig-
gang.
Man muß ja der Weißheit halber
nicht alle menſchliche Geſellſchafft meiden:
Man kan auch dann und wann eine Erge-
tzung haben. Aber man muß das Hertze nicht
dran haͤngen. Man muß der Ergetzung hal-
ber die Weißheit nicht hindan ſetzen. Aber die-
ſe Lection iſt dir itzo zu ſchwer zu practiciren.
Derowegen gehe nur hin/ ich will morgen und
allezeit bereit ſeyn/ weiter fort zu fahren.

21. Du ſchaͤmeſt dich/ und enderſt deine re-
ſolution,
und wilſt die Compagnie fahren laſ-
ſen. Daran thuſtu nun gar loͤblich/ und er-
weiſeſt dich als einen zu dem vorhabenden
Zweck nicht untuͤchtigen Schuͤler. Aber ich
muß mich auch als ein tuͤchtiger Lehrmeiſter
erweiſen. Du thuſt mit deiner reſolution dei-
nen Begierden eine Gewalt an/ aber dein Zu-
ſtand laͤßt noch nicht zu/ daß nicht deine Be-
gierden bey dieſer Gewalt deine Seele/ ja
deinen Verſtand verunruhigen ſolten. Und
alſo was wuͤrde es uns beyden helffen/ wenn du
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[13/0039] der Warheit nachzudencken. nicht die Furcht einer Unhoͤffligkeit und Feind- ſchafft/ die dich ſo von mir wegtreibet; Es iſt deine Begierde zur Wolluſt und Muͤßig- gang. Man muß ja der Weißheit halber nicht alle menſchliche Geſellſchafft meiden: Man kan auch dann und wann eine Erge- tzung haben. Aber man muß das Hertze nicht dran haͤngen. Man muß der Ergetzung hal- ber die Weißheit nicht hindan ſetzen. Aber die- ſe Lection iſt dir itzo zu ſchwer zu practiciren. Derowegen gehe nur hin/ ich will morgen und allezeit bereit ſeyn/ weiter fort zu fahren. 21. Du ſchaͤmeſt dich/ und enderſt deine re- ſolution, und wilſt die Compagnie fahren laſ- ſen. Daran thuſtu nun gar loͤblich/ und er- weiſeſt dich als einen zu dem vorhabenden Zweck nicht untuͤchtigen Schuͤler. Aber ich muß mich auch als ein tuͤchtiger Lehrmeiſter erweiſen. Du thuſt mit deiner reſolution dei- nen Begierden eine Gewalt an/ aber dein Zu- ſtand laͤßt noch nicht zu/ daß nicht deine Be- gierden bey dieſer Gewalt deine Seele/ ja deinen Verſtand verunruhigen ſolten. Und alſo was wuͤrde es uns beyden helffen/ wenn du zwar mit deinen Leibe hier bey mir gegen- waͤrtig waͤreſt/ deine Gedancken aber waͤ- ren

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/39>, abgerufen am 19.04.2024.