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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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gebe/ man müsse im Zweiffel die Worte in ei-
genen Verstande nehmen;
noch mehr aber/
wenn man (es sey nun im Juristischen oder Theo-
log
ischen Controversien/ welches letztere fast jeder-
man bekandt ist/) dieses als einen Glaubens-Arti-
cul praesupponir
et; daß die Worte derer Te-
stamente und letzten Willen in eigentlichen
Verstande genommen werden müsten/
da doch
viel tausend Exempel gegeben werden können/ dar-
innen diese Regel trieget/ und vielleicht noch ihrer mehr
als derer/ die zu besagter Regel gebracht werden kön-
nen. Zugeschweige daß ich/ so viel mir wissend/ in be-
sagten Cap. zu erst die General Grund-Regeln
Interpretationis Mysticae geleget/ und deren Un-
terscheid ab interpretatione literali deutlich ge-
wiesen. Jn dem vierdten Capitel habe ich die
meisten Brunnqvellen derer falschen und be-
trüglichen
Judiciorum, die auch die Gelehrten
und gantze Societäten von denen Büchern und
Autoribus zu fällen pflegen/ unter andern entdecket/
und endlich in dem letzten Capitel gewiesen/ daß
aus der irrigen Meynung/ daß die Disputationes
und Widerlegungen der Jrrthümer mit dem
Kriege zu vergleichen wären/
aller Unfug und
böses Wesen in denen Disputationibus und
Streit-Schrifften der Gelehrten herrühre/ und
daß die Art und Weife deren sich Christus und die
meisten Heyden wider ihre Widersacher durch
Fragen zu
disputiren bedienet/ viel nützlicher und
geschickter sey einen Jrrenden zu widerlegen/ und
seines Jrrthums zu überzeugen/ als die übliche So-
phisti
sche Syllogismus-Kunst. Anderer vielfäl-

tigen

gebe/ man muͤſſe im Zweiffel die Worte in ei-
genen Verſtande nehmen;
noch mehr aber/
wenn man (es ſey nun im Juriſtiſchen oder Theo-
log
iſchen Controverſien/ welches letztere faſt jeder-
man bekandt iſt/) dieſes als einen Glaubens-Arti-
cul præſupponir
et; daß die Worte derer Te-
ſtamente und letzten Willen in eigentlichen
Verſtande genommen werden muͤſten/
da doch
viel tauſend Exempel gegeben werden koͤnnen/ dar-
iñen dieſe Regel trieget/ uñ vielleicht noch ihrer mehr
als derer/ die zu beſagter Regel gebracht werdẽ koͤn-
nen. Zugeſchweige daß ich/ ſo viel mir wiſſend/ in be-
ſagten Cap. zu erſt die General Grund-Regeln
Interpretationis Myſticæ geleget/ und deren Un-
terſcheid ab interpretatione literali deutlich ge-
wieſen. Jn dem vierdten Capitel habe ich die
meiſten Brunnqvellen derer falſchen und be-
truͤglichen
Judiciorum, die auch die Gelehrten
und gantze Societaͤten von denen Buͤchern und
Autoribus zu faͤllen pflegen/ unter andeꝛn entdecket/
und endlich in dem letzten Capitel gewieſen/ daß
aus der irrigen Meynung/ daß die Diſputationes
und Widerlegungen der Jrrthuͤmer mit dem
Kriege zu vergleichen waͤren/
aller Unfug und
boͤſes Weſen in denen Diſputationibus und
Streit-Schrifften der Gelehrten herruͤhre/ und
daß die Art und Weife deren ſich Chriſtus und die
meiſten Heyden wider ihre Widerſacher durch
Fragen zu
diſputiren bedienet/ viel nuͤtzlicher und
geſchickter ſey einen Jrrenden zu widerlegen/ und
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/13>, abgerufen am 25.04.2024.