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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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sich für einen gelehrten Mann in seiner Facultät
ausgeben; ja ohne welche man weder die von an-
dern gelehrte Wahrheit noch beygebrachten Jrr-
thümer verstehen und erkennen kan/ und welche also
so zu sagen/ das rechte Auge der Gelahrheit ist/ biß-
hero aber auff Universitäten entweder gantz un-
terlassen/ oder aber ohne Noth schwer und verdrieß-
lich oder wenig gelehret worden; in kurtze und deut-
liche auch leichte Lehr-Sätze und Anmerckungen
zusammen gezogen. Jch hatte zwar in denen all-
bereit für etlichen Jahren herausgegebenen Insti-
tutionibus Jurisprudentiae Divinae
diese Lehre/
mehrentheils nach Anleitung dessen/ was Grotius
und der Herr von Pufendorff davon gelehret/ mit
vorgetragen/ auch daselbst angefangen zu erweisen/
daß die allgemeine Regel der Juristen/ die sich auch
Grotius zu erklären sehr angelegen seyn lassen: Fa-
vorabilia esse extendenda, odiosa restringenda,

gar nichts nütze sey; alleine weil allezeit die nach-
folgenden und reifferen Gedancken die besten seyn;
als habe ich in besagten dritten Capitel gegenwär-
tiger Vernunfft-Lehre gewiesen/ daß es noch mehr
solche unnütze Regeln gebe/ die aus dem falschen
Vorurtheile entsprossen/ als wenn die drey unter-
schiedenen Erklärungs-Arten die man interpreta-
tionem declarativam, extensivam & restricti-
vam
zu nennen pfleget/ jede absonderliche Regeln
von nöthen hätte/ welches Vorurtheil ich selbst in
meinen Institutionibus Jurisprudentiae Divinae
noch nicht weggeleget gehabt. Und habe ich sol-
cher gestalt gar deutlich erwiesen/ daß es eben so eine
absurde und vieldeutige Regel sey/ wenn man vor-

gebe/

ſich fuͤr einen gelehrten Mann in ſeiner Facultaͤt
ausgeben; ja ohne welche man weder die von an-
dern gelehrte Wahrheit noch beygebrachten Jrr-
thuͤmer verſtehen und erkennen kan/ und welche alſo
ſo zu ſagen/ das rechte Auge der Gelahrheit iſt/ biß-
hero aber auff Univerſitaͤten entweder gantz un-
terlaſſen/ oder aber ohne Noth ſchwer und verdrieß-
lich oder wenig gelehret worden; in kurtze und deut-
liche auch leichte Lehr-Saͤtze und Anmerckungen
zuſammen gezogen. Jch hatte zwar in denen all-
bereit fuͤr etlichen Jahren herausgegebenen Inſti-
tutionibus Jurisprudentiæ Divinæ
dieſe Lehre/
mehrentheils nach Anleitung deſſen/ was Grotius
und der Herr von Pufendorff davon gelehret/ mit
vorgetragen/ auch daſelbſt angefangen zu erweiſen/
daß die allgemeine Regel der Juriſten/ die ſich auch
Grotius zu erklaͤren ſehr angelegen ſeyn laſſen: Fa-
vorabilia eſſe extendenda, odioſa reſtringenda,

gar nichts nuͤtze ſey; alleine weil allezeit die nach-
folgenden und reifferen Gedancken die beſten ſeyn;
als habe ich in beſagten dritten Capitel gegenwaͤr-
tiger Vernunfft-Lehre gewieſen/ daß es noch mehr
ſolche unnuͤtze Regeln gebe/ die aus dem falſchen
Vorurtheile entſproſſen/ als wenn die drey unter-
ſchiedenen Erklaͤrungs-Arten die man interpreta-
tionem declarativam, extenſivam & reſtricti-
vam
zu nennen pfleget/ jede abſonderliche Regeln
von noͤthen haͤtte/ welches Vorurtheil ich ſelbſt in
meinen Inſtitutionibus Jurisprudentiæ Divinæ
noch nicht weggeleget gehabt. Und habe ich ſol-
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[0012] ſich fuͤr einen gelehrten Mann in ſeiner Facultaͤt ausgeben; ja ohne welche man weder die von an- dern gelehrte Wahrheit noch beygebrachten Jrr- thuͤmer verſtehen und erkennen kan/ und welche alſo ſo zu ſagen/ das rechte Auge der Gelahrheit iſt/ biß- hero aber auff Univerſitaͤten entweder gantz un- terlaſſen/ oder aber ohne Noth ſchwer und verdrieß- lich oder wenig gelehret worden; in kurtze und deut- liche auch leichte Lehr-Saͤtze und Anmerckungen zuſammen gezogen. Jch hatte zwar in denen all- bereit fuͤr etlichen Jahren herausgegebenen Inſti- tutionibus Jurisprudentiæ Divinæ dieſe Lehre/ mehrentheils nach Anleitung deſſen/ was Grotius und der Herr von Pufendorff davon gelehret/ mit vorgetragen/ auch daſelbſt angefangen zu erweiſen/ daß die allgemeine Regel der Juriſten/ die ſich auch Grotius zu erklaͤren ſehr angelegen ſeyn laſſen: Fa- vorabilia eſſe extendenda, odioſa reſtringenda, gar nichts nuͤtze ſey; alleine weil allezeit die nach- folgenden und reifferen Gedancken die beſten ſeyn; als habe ich in beſagten dritten Capitel gegenwaͤr- tiger Vernunfft-Lehre gewieſen/ daß es noch mehr ſolche unnuͤtze Regeln gebe/ die aus dem falſchen Vorurtheile entſproſſen/ als wenn die drey unter- ſchiedenen Erklaͤrungs-Arten die man interpreta- tionem declarativam, extenſivam & reſtricti- vam zu nennen pfleget/ jede abſonderliche Regeln von noͤthen haͤtte/ welches Vorurtheil ich ſelbſt in meinen Inſtitutionibus Jurisprudentiæ Divinæ noch nicht weggeleget gehabt. Und habe ich ſol- cher geſtalt gar deutlich erwieſen/ daß es eben ſo eine abſurde und vieldeutige Regel ſey/ wenn man vor- gebe/

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/12>, abgerufen am 28.03.2024.