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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Die 3. H. wie die Gemüths Neig.
d) Siehe da zwey alsobald auf einander folgende
widrige Bewegungen/ welche ohne Unruhe nicht
können betrachtet werden: Und ob sie schon sa-
gen/ daß dieser Wille gleichwol nicht halstarrig
sey/ so thut doch dieses nichts zur Sache/ weil ei-
ne wanckende Unruhe eben so wohl eine Unruhe
ist als eine halstarrige/ nur daß diese einen höhern
Grad für jener hat.

8. Die vierdte Bewegung/ so ferne die-
selbe in der Unruhe fortfähret/ wird von allen/
auch von den Stoickern selbst für einen Affect ge-
halten; e) nur daß die Stoicker hier erst den An-
fang des
Affects suchen/ da hingegen mit bessern
Recht die Aristotelici mit denen andern die dritte
Bewegung für den Anfang/ und diese vierdte für
den Fortgang
des Affects halten. Wir wollen zu
desto besserer Entscheidung die dritte eine Ge-
müthsneigun
g/ und die vierdte einen Gemüths-
trieb
nennen.

9. Jedoch ist bey dem Wort der Gemüths-
neigung
dieses zu beobachten/ daß dasselbe zu
zweyerley Betrachtungen Anlaß giebet/ eines
thuns und eines leidens. Denn indem der Wil-
le des Menschen von der innerlichen Leibes-Be-
wegung zur Neigung angetrieben wird/ leidet er
etwas; in dem er aber des Vermögens das er
hat/ sich nicht bedienet/ oder dem Trieb des Lei-
bes nachgiebet/ und das äußerliche Thun und

Lassen
d) ibid.
e) ibid.

Die 3. H. wie die Gemuͤths Neig.
d) Siehe da zwey alſobald auf einander folgende
widrige Bewegungen/ welche ohne Unruhe nicht
koͤnnen betrachtet werden: Und ob ſie ſchon ſa-
gen/ daß dieſer Wille gleichwol nicht halſtarrig
ſey/ ſo thut doch dieſes nichts zur Sache/ weil ei-
ne wanckende Unruhe eben ſo wohl eine Unruhe
iſt als eine halſtarrige/ nur daß dieſe einen hoͤhern
Grad fuͤr jener hat.

8. Die vierdte Bewegung/ ſo ferne die-
ſelbe in der Unruhe fortfaͤhret/ wird von allen/
auch von den Stoickern ſelbſt fuͤr einen Affect ge-
halten; e) nur daß die Stoicker hier erſt den An-
fang des
Affects ſuchen/ da hingegen mit beſſern
Recht die Ariſtotelici mit denen andern die dritte
Bewegung fuͤr den Anfang/ und dieſe vierdte fuͤr
den Fortgang
des Affects halten. Wir wollen zu
deſto beſſerer Entſcheidung die dritte eine Ge-
muͤthsneigun
g/ und die vierdte einen Gemuͤths-
trieb
nennen.

9. Jedoch iſt bey dem Wort der Gemuͤths-
neigung
dieſes zu beobachten/ daß daſſelbe zu
zweyerley Betrachtungen Anlaß giebet/ eines
thuns und eines leidens. Denn indem der Wil-
le des Menſchen von der innerlichen Leibes-Be-
wegung zur Neigung angetrieben wird/ leidet er
etwas; in dem er aber des Vermoͤgens das er
hat/ ſich nicht bedienet/ oder dem Trieb des Lei-
bes nachgiebet/ und das aͤußerliche Thun und

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d) ibid.
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[76/0088] Die 3. H. wie die Gemuͤths Neig. d) Siehe da zwey alſobald auf einander folgende widrige Bewegungen/ welche ohne Unruhe nicht koͤnnen betrachtet werden: Und ob ſie ſchon ſa- gen/ daß dieſer Wille gleichwol nicht halſtarrig ſey/ ſo thut doch dieſes nichts zur Sache/ weil ei- ne wanckende Unruhe eben ſo wohl eine Unruhe iſt als eine halſtarrige/ nur daß dieſe einen hoͤhern Grad fuͤr jener hat. 8. Die vierdte Bewegung/ ſo ferne die- ſelbe in der Unruhe fortfaͤhret/ wird von allen/ auch von den Stoickern ſelbſt fuͤr einen Affect ge- halten; e) nur daß die Stoicker hier erſt den An- fang des Affects ſuchen/ da hingegen mit beſſern Recht die Ariſtotelici mit denen andern die dritte Bewegung fuͤr den Anfang/ und dieſe vierdte fuͤr den Fortgang des Affects halten. Wir wollen zu deſto beſſerer Entſcheidung die dritte eine Ge- muͤthsneigung/ und die vierdte einen Gemuͤths- trieb nennen. 9. Jedoch iſt bey dem Wort der Gemuͤths- neigung dieſes zu beobachten/ daß daſſelbe zu zweyerley Betrachtungen Anlaß giebet/ eines thuns und eines leidens. Denn indem der Wil- le des Menſchen von der innerlichen Leibes-Be- wegung zur Neigung angetrieben wird/ leidet er etwas; in dem er aber des Vermoͤgens das er hat/ ſich nicht bedienet/ oder dem Trieb des Lei- bes nachgiebet/ und das aͤußerliche Thun und Laſſen d) ibid. e) ibid.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/88>, abgerufen am 29.03.2024.