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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 2. Hauptst. von den Gemüths N.
betriegen; denn wenn wir im Schlaffe uns eine
Freude oder Traurigkeit/ oder einen andern Aff-
fect
einbilden/ ist es alle Zeit wahr/ daß unsere
Seele diese Leidenschafft in der That gefüh-
let. g)

31. Biß hieher hat Cartesius die materialien
zu Beschreibung der Affecten angeschaffet. Aus
denenselben formiret er nun dieses Gebäude.
Die Affecten oder Leidenschafften der See-
len sind
Empfindungen/ oder Sinnligkeiten/
oder Bewegungen der Seelen/ die der Seelen
absonderlich zugeschrieben werden/ und welche
durch eine Bewegung der Geister entstehen/
erhalten und verstärcket werden. h) Er nennet
die Affecten Empfindungen/ weil alle Gedan-
cken des Menschen/ auser seinen Willen/ Em-
pfindungen genennet werden können. Er nen-
net sie Sinnligkeiten/ weil sie von der Seele
eben so wie die Dinge so in die äusere Sinne
fallen/ begriffen werden. Er nennet sie Bewe-
gungen/
weil keine Gedancken die Seele mehr
hin und wieder treiben und exerciren/ als eben
die Affecten. i) Daß er saget/ sie werden der
Seele absonderlich zugeschrieben/ ist gesche-
hen/ daß er sie von Empfindungen des Klanges/
der Farben/ des Hungers/ Dursts/ u. s. w. ent-
scheiden möchte. Daß er aber erwehnet/ sie
würden durch die Bewegung der Geister
ernehret/
hat er gethan/ sie von dem Thun un-

sers
g) art. 26.
h) art. 27.
i) art. 28.

Das 2. Hauptſt. von den Gemuͤths N.
betriegen; denn wenn wir im Schlaffe uns eine
Freude oder Traurigkeit/ oder einen andern Aff-
fect
einbilden/ iſt es alle Zeit wahr/ daß unſere
Seele dieſe Leidenſchafft in der That gefuͤh-
let. g)

31. Biß hieher hat Carteſius die materialien
zu Beſchreibung der Affecten angeſchaffet. Aus
denenſelben formiret er nun dieſes Gebaͤude.
Die Affecten oder Leidenſchafften der See-
len ſind
Empfindungen/ oder Sinnligkeiten/
oder Bewegungen der Seelen/ die der Seelen
abſonderlich zugeſchrieben werden/ und welche
durch eine Bewegung der Geiſter entſtehen/
erhalten und verſtaͤrcket werden. h) Er nennet
die Affecten Empfindungen/ weil alle Gedan-
cken des Menſchen/ auſer ſeinen Willen/ Em-
pfindungen genennet werden koͤnnen. Er nen-
net ſie Sinnligkeiten/ weil ſie von der Seele
eben ſo wie die Dinge ſo in die aͤuſere Sinne
fallen/ begriffen werden. Er nennet ſie Bewe-
gungen/
weil keine Gedancken die Seele mehr
hin und wieder treiben und exerciren/ als eben
die Affecten. i) Daß er ſaget/ ſie werden der
Seele abſonderlich zugeſchrieben/ iſt geſche-
hen/ daß er ſie von Empfindungen des Klanges/
der Farben/ des Hungers/ Durſts/ u. ſ. w. ent-
ſcheiden moͤchte. Daß er aber erwehnet/ ſie
wuͤrden durch die Bewegung der Geiſter
ernehret/
hat er gethan/ ſie von dem Thun un-

ſers
g) art. 26.
h) art. 27.
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[62/0074] Das 2. Hauptſt. von den Gemuͤths N. betriegen; denn wenn wir im Schlaffe uns eine Freude oder Traurigkeit/ oder einen andern Aff- fect einbilden/ iſt es alle Zeit wahr/ daß unſere Seele dieſe Leidenſchafft in der That gefuͤh- let. g) 31. Biß hieher hat Carteſius die materialien zu Beſchreibung der Affecten angeſchaffet. Aus denenſelben formiret er nun dieſes Gebaͤude. Die Affecten oder Leidenſchafften der See- len ſind Empfindungen/ oder Sinnligkeiten/ oder Bewegungen der Seelen/ die der Seelen abſonderlich zugeſchrieben werden/ und welche durch eine Bewegung der Geiſter entſtehen/ erhalten und verſtaͤrcket werden. h) Er nennet die Affecten Empfindungen/ weil alle Gedan- cken des Menſchen/ auſer ſeinen Willen/ Em- pfindungen genennet werden koͤnnen. Er nen- net ſie Sinnligkeiten/ weil ſie von der Seele eben ſo wie die Dinge ſo in die aͤuſere Sinne fallen/ begriffen werden. Er nennet ſie Bewe- gungen/ weil keine Gedancken die Seele mehr hin und wieder treiben und exerciren/ als eben die Affecten. i) Daß er ſaget/ ſie werden der Seele abſonderlich zugeſchrieben/ iſt geſche- hen/ daß er ſie von Empfindungen des Klanges/ der Farben/ des Hungers/ Durſts/ u. ſ. w. ent- ſcheiden moͤchte. Daß er aber erwehnet/ ſie wuͤrden durch die Bewegung der Geiſter ernehret/ hat er gethan/ ſie von dem Thun un- ſers g) art. 26. h) art. 27. i) art. 28.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/74>, abgerufen am 19.04.2024.