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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 2. H. von den Gemüths-Neig.
Plato Lehre was die Affecten betrifft/ finden wir
in seinen Schrifften nicht viel/ und scheinet auch/
daß in diesem Stücke Aristoteles nicht eben von
denen
Platonicis weit abgewichen sey. Dero-
wegen wollen wir an statt des Plato nach Erzeh-
lung derer andern drey Secten/ die Meinung
des Cartesii, der sonst viel mit dem Plato gemein
hat/ vorstellen.

7. Von des Aristoteles seinen Nachfolgern
darff man sich auch nicht wundern/ wenn sie
nicht eben allzu einig sind in dieser Lehre. Denn
weil Aristoteles selbsten/ ob er wohl in denen Bü-
chern von der Rede-Kunst a) ziemblich viel von
denen Affecten gehandelt/ dennoch mehr von ih-
ren Würckungen und dergleichen/ als wie man
sie accurat beschreiben und eintheilen solte/ er-
kläret/ b) so hat es nicht fehlen können/ die Peri-
patetici
haben auch hierinnen nicht in allen kön-
nen mit einander überein kommen.

8. Derohalben weil die Peripatetici drey
Seelen oder drey Kräffte einer Seelen (denn
sie sind auch hierinnen nicht einig/) statuiren/
eine vernünfftige/ sinnliche/ und wachsthümli-
che/ so halten etliche dafür/ die Affecten haben
ihren Sitz nur in der sinnlichen Seele/

c) et-
a) lib. 1. Rhetoric.
b) Cicero Tusc. qv. l. 4. c. 5. p. m.
1087. Peripatetici ad placandos a nimos multa
afferunt, spinas partiendi & definiendi praeter-
mittunt.

Das 2. H. von den Gemuͤths-Neig.
Plato Lehre was die Affecten betrifft/ finden wir
in ſeinen Schrifften nicht viel/ und ſcheinet auch/
daß in dieſem Stuͤcke Ariſtoteles nicht eben von
denen
Platonicis weit abgewichen ſey. Dero-
wegen wollen wir an ſtatt des Plato nach Erzeh-
lung derer andern drey Secten/ die Meinung
des Carteſii, der ſonſt viel mit dem Plato gemein
hat/ vorſtellen.

7. Von des Ariſtoteles ſeinen Nachfolgern
darff man ſich auch nicht wundern/ wenn ſie
nicht eben allzu einig ſind in dieſer Lehre. Denn
weil Ariſtoteles ſelbſten/ ob er wohl in denen Buͤ-
chern von der Rede-Kunſt a) ziemblich viel von
denen Affecten gehandelt/ dennoch mehr von ih-
ren Wuͤrckungen und dergleichen/ als wie man
ſie accurat beſchreiben und eintheilen ſolte/ er-
klaͤret/ b) ſo hat es nicht fehlen koͤnnen/ die Peri-
patetici
haben auch hierinnen nicht in allen koͤn-
nen mit einander uͤberein kommen.

8. Derohalben weil die Peripatetici drey
Seelen oder drey Kraͤffte einer Seelen (denn
ſie ſind auch hierinnen nicht einig/) ſtatuiren/
eine vernuͤnfftige/ ſinnliche/ und wachsthuͤmli-
che/ ſo halten etliche dafuͤr/ die Affecten haben
ihren Sitz nur in der ſinnlichen Seele/

c) et-
a) lib. 1. Rhetoric.
b) Cicero Tuſc. qv. l. 4. c. 5. p. m.
1087. Peripatetici ad placandos a nimos multa
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[42/0054] Das 2. H. von den Gemuͤths-Neig. Plato Lehre was die Affecten betrifft/ finden wir in ſeinen Schrifften nicht viel/ und ſcheinet auch/ daß in dieſem Stuͤcke Ariſtoteles nicht eben von denen Platonicis weit abgewichen ſey. Dero- wegen wollen wir an ſtatt des Plato nach Erzeh- lung derer andern drey Secten/ die Meinung des Carteſii, der ſonſt viel mit dem Plato gemein hat/ vorſtellen. 7. Von des Ariſtoteles ſeinen Nachfolgern darff man ſich auch nicht wundern/ wenn ſie nicht eben allzu einig ſind in dieſer Lehre. Denn weil Ariſtoteles ſelbſten/ ob er wohl in denen Buͤ- chern von der Rede-Kunſt a) ziemblich viel von denen Affecten gehandelt/ dennoch mehr von ih- ren Wuͤrckungen und dergleichen/ als wie man ſie accurat beſchreiben und eintheilen ſolte/ er- klaͤret/ b) ſo hat es nicht fehlen koͤnnen/ die Peri- patetici haben auch hierinnen nicht in allen koͤn- nen mit einander uͤberein kommen. 8. Derohalben weil die Peripatetici drey Seelen oder drey Kraͤffte einer Seelen (denn ſie ſind auch hierinnen nicht einig/) ſtatuiren/ eine vernuͤnfftige/ ſinnliche/ und wachsthuͤmli- che/ ſo halten etliche dafuͤr/ die Affecten haben ihren Sitz nur in der ſinnlichen Seele/ c) et- a) lib. 1. Rhetoric. b) Cicero Tuſc. qv. l. 4. c. 5. p. m. 1087. Peripatetici ad placandos a nimos multa afferunt, ſpinas partiendi & definiendi præter- mittunt.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/54>, abgerufen am 29.03.2024.