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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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böse Affecten zu dämpffen.
offters nicht gar zu gerechte Richter ab. Und
das macht es hernach eben auch/ daß wenn man
einem Ehr Geitzigen/ wenn er auf die Wohl-
lüstigen
schilt/ vorsaget/ er solle doch seinen
Zorn und Hochmuth dämpffen/ daß er zur Ant-
wort giebet/ es sey ihm unmöglich. Er spricht:
Wie könte ich doch eine Freude an Fressen und
Sauffen und Huren haben. Es ist ja dieses ein
offenbahr Bestialisch und säuisch Wesen. Jch
dancke GOtt/ daß er mir von Jugend auf einen
Sinn gegeben/ daß ich mich vor solchen Sün-
den gehütet/ auch von diesen schwere Versuchun-
gen glücklich überstanden. Jch wolte ja auch
wohl den Zorn gerne lassen/ und ist mir leid/ daß
ich mich erzürne; Jhr könnet auch leicht dencken/
daß ich wenig Freude dran habe/ denn ich thue
meinem Leibe so viel Schaden. Aber wer kan
es denn lassen/ wenn er siehet/ daß es so unrecht
zugehet? Wer wolte sich nicht eyffern/ wenn ei-
nem sein Gesinde/ oder so liederliche Leute/ de-
nen man nicht gerne seine Hunde vertrauete/ so
grob begegnen; Wenn der kahle Kerl/ der nicht
werth ist/ daß er Brodt frißt/ über mich/ der ich
mich um das gemeine Wesen so wohl verdienet
habe/ gehen wil? Es ist ein Amts-Zorn/ den ich
habe: Jch achte es nicht/ ob ich oben oder unten
an gehe/ aber ich kan meinen Nachkommen nichts
vergeben u. s. w. Ein Wohllüstiger macht es
eben so/ wenn er auf den Hochmuth und Zorn
schilt/ und man wirfft ihm seine Wohllust für.

Er

boͤſe Affecten zu daͤmpffen.
offters nicht gar zu gerechte Richter ab. Und
das macht es hernach eben auch/ daß wenn man
einem Ehr Geitzigen/ wenn er auf die Wohl-
luͤſtigen
ſchilt/ vorſaget/ er ſolle doch ſeinen
Zorn und Hochmuth daͤmpffen/ daß er zur Ant-
wort giebet/ es ſey ihm unmoͤglich. Er ſpricht:
Wie koͤnte ich doch eine Freude an Freſſen und
Sauffen und Huren haben. Es iſt ja dieſes ein
offenbahr Beſtialiſch und ſaͤuiſch Weſen. Jch
dancke GOtt/ daß er mir von Jugend auf einen
Sinn gegeben/ daß ich mich vor ſolchen Suͤn-
den gehuͤtet/ auch von dieſen ſchwere Verſuchun-
gen gluͤcklich uͤberſtanden. Jch wolte ja auch
wohl den Zorn gerne laſſen/ und iſt mir leid/ daß
ich mich erzuͤrne; Jhr koͤnnet auch leicht dencken/
daß ich wenig Freude dran habe/ denn ich thue
meinem Leibe ſo viel Schaden. Aber wer kan
es denn laſſen/ wenn er ſiehet/ daß es ſo unrecht
zugehet? Wer wolte ſich nicht eyffern/ wenn ei-
nem ſein Geſinde/ oder ſo liederliche Leute/ de-
nen man nicht gerne ſeine Hunde vertrauete/ ſo
grob begegnen; Wenn der kahle Kerl/ der nicht
werth iſt/ daß er Brodt frißt/ uͤber mich/ der ich
mich um das gemeine Weſen ſo wohl verdienet
habe/ gehen wil? Es iſt ein Amts-Zorn/ den ich
habe: Jch achte es nicht/ ob ich oben oder unten
an gehe/ aber ich kan meinen Nachkommen nichts
vergeben u. ſ. w. Ein Wohlluͤſtiger macht es
eben ſo/ wenn er auf den Hochmuth und Zorn
ſchilt/ und man wirfft ihm ſeine Wohlluſt fuͤr.

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[463/0475] boͤſe Affecten zu daͤmpffen. offters nicht gar zu gerechte Richter ab. Und das macht es hernach eben auch/ daß wenn man einem Ehr Geitzigen/ wenn er auf die Wohl- luͤſtigen ſchilt/ vorſaget/ er ſolle doch ſeinen Zorn und Hochmuth daͤmpffen/ daß er zur Ant- wort giebet/ es ſey ihm unmoͤglich. Er ſpricht: Wie koͤnte ich doch eine Freude an Freſſen und Sauffen und Huren haben. Es iſt ja dieſes ein offenbahr Beſtialiſch und ſaͤuiſch Weſen. Jch dancke GOtt/ daß er mir von Jugend auf einen Sinn gegeben/ daß ich mich vor ſolchen Suͤn- den gehuͤtet/ auch von dieſen ſchwere Verſuchun- gen gluͤcklich uͤberſtanden. Jch wolte ja auch wohl den Zorn gerne laſſen/ und iſt mir leid/ daß ich mich erzuͤrne; Jhr koͤnnet auch leicht dencken/ daß ich wenig Freude dran habe/ denn ich thue meinem Leibe ſo viel Schaden. Aber wer kan es denn laſſen/ wenn er ſiehet/ daß es ſo unrecht zugehet? Wer wolte ſich nicht eyffern/ wenn ei- nem ſein Geſinde/ oder ſo liederliche Leute/ de- nen man nicht gerne ſeine Hunde vertrauete/ ſo grob begegnen; Wenn der kahle Kerl/ der nicht werth iſt/ daß er Brodt frißt/ uͤber mich/ der ich mich um das gemeine Weſen ſo wohl verdienet habe/ gehen wil? Es iſt ein Amts-Zorn/ den ich habe: Jch achte es nicht/ ob ich oben oder unten an gehe/ aber ich kan meinen Nachkommen nichts vergeben u. ſ. w. Ein Wohlluͤſtiger macht es eben ſo/ wenn er auf den Hochmuth und Zorn ſchilt/ und man wirfft ihm ſeine Wohlluſt fuͤr. Er

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/475>, abgerufen am 25.04.2024.