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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 12. H. von der Vermischung
fendire/ sondern so viel möglich in gerechter Sa-
che nur defensive gehe/ weil bey dem ersten die
grössere dosis des Ehrgeitzes über die Wohllust/
bey dem andern aber die hämische Arglist/ seine
nicht allzubedachtsame und vielleicht allzusichere
Offenhertzigkeit leichtlich überwinden dörfften.
Bey dem dritten dörffte er wohl offte obsiegen/
aber auch dabey wenig Vortheil und Ehre er-
langen/ weil es eine schlechte Kunst ist/ einem sol-
chen Menschen Schaden zu thun/ und selbiger
als ein alt Weib das ihm zugefügte (auch nur
eingebildete) Unrecht iedermann zu klagen ge-
wvhnet ist/ theils auch wenn er unverhoffte Ge-
legenheit findet/ sich zu rächen/ desto unvernünff-
tiger und brutaler sich zu rächen pfleget. Solte
er aber mercken/ daß diese drey Leute wider ihn
irritiret ohne sein verschulden ihm Schaden thun
wolten/ wird es ihm nicht eben schwer fallen/ Ge-
legenheit zu finden/ den dritten zu divertiren/ daß
er diesen Schaden nicht ausübe/ oder doch zum
wenigsten etwas auffschiebe/ und die beste Gele-
genheit außn Händen gehen lasse/ durch aller-
hand seine Wohllust und Geldgeitz reitzende und
solcher gestalt seinen ohne dem blöden Verstand
und wanckelmütigen Sinn verwirrende Dinge.
Bey dem ersten und andern aber wird es ihm
schon mehr Mühe kosten/ indem bey dem ersten
die Geschencke wenig thun möchten/ bey dem an-
dern aber wohllüstige Reitzungen nicht viel haff-
ten dürfften/ und bey diesen auch die Geschencke

von

Das 12. H. von der Vermiſchung
fendire/ ſondern ſo viel moͤglich in gerechter Sa-
che nur defenſive gehe/ weil bey dem erſten die
groͤſſere doſis des Ehrgeitzes uͤber die Wohlluſt/
bey dem andern aber die haͤmiſche Argliſt/ ſeine
nicht allzubedachtſame und vielleicht allzuſichere
Offenhertzigkeit leichtlich uͤberwinden doͤrfften.
Bey dem dritten doͤrffte er wohl offte obſiegen/
aber auch dabey wenig Vortheil und Ehre er-
langen/ weil es eine ſchlechte Kunſt iſt/ einem ſol-
chen Menſchen Schaden zu thun/ und ſelbiger
als ein alt Weib das ihm zugefuͤgte (auch nur
eingebildete) Unrecht iedermann zu klagen ge-
wvhnet iſt/ theils auch wenn er unverhoffte Ge-
legenheit findet/ ſich zu raͤchen/ deſto unvernuͤnff-
tiger und brutaler ſich zu raͤchen pfleget. Solte
er aber mercken/ daß dieſe drey Leute wider ihn
irritiret ohne ſein verſchulden ihm Schaden thun
wolten/ wird es ihm nicht eben ſchwer fallen/ Ge-
legenheit zu finden/ den dritten zu divertiren/ daß
er dieſen Schaden nicht ausuͤbe/ oder doch zum
wenigſten etwas auffſchiebe/ und die beſte Gele-
genheit außn Haͤnden gehen laſſe/ durch aller-
hand ſeine Wohlluſt und Geldgeitz reitzende und
ſolcher geſtalt ſeinen ohne dem bloͤden Verſtand
und wanckelmuͤtigen Sinn verwirrende Dinge.
Bey dem erſten und andern aber wird es ihm
ſchon mehr Muͤhe koſten/ indem bey dem erſten
die Geſchencke wenig thun moͤchten/ bey dem an-
dern aber wohlluͤſtige Reitzungen nicht viel haff-
ten duͤrfften/ und bey dieſen auch die Geſchencke

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[372/0384] Das 12. H. von der Vermiſchung fendire/ ſondern ſo viel moͤglich in gerechter Sa- che nur defenſive gehe/ weil bey dem erſten die groͤſſere doſis des Ehrgeitzes uͤber die Wohlluſt/ bey dem andern aber die haͤmiſche Argliſt/ ſeine nicht allzubedachtſame und vielleicht allzuſichere Offenhertzigkeit leichtlich uͤberwinden doͤrfften. Bey dem dritten doͤrffte er wohl offte obſiegen/ aber auch dabey wenig Vortheil und Ehre er- langen/ weil es eine ſchlechte Kunſt iſt/ einem ſol- chen Menſchen Schaden zu thun/ und ſelbiger als ein alt Weib das ihm zugefuͤgte (auch nur eingebildete) Unrecht iedermann zu klagen ge- wvhnet iſt/ theils auch wenn er unverhoffte Ge- legenheit findet/ ſich zu raͤchen/ deſto unvernuͤnff- tiger und brutaler ſich zu raͤchen pfleget. Solte er aber mercken/ daß dieſe drey Leute wider ihn irritiret ohne ſein verſchulden ihm Schaden thun wolten/ wird es ihm nicht eben ſchwer fallen/ Ge- legenheit zu finden/ den dritten zu divertiren/ daß er dieſen Schaden nicht ausuͤbe/ oder doch zum wenigſten etwas auffſchiebe/ und die beſte Gele- genheit außn Haͤnden gehen laſſe/ durch aller- hand ſeine Wohlluſt und Geldgeitz reitzende und ſolcher geſtalt ſeinen ohne dem bloͤden Verſtand und wanckelmuͤtigen Sinn verwirrende Dinge. Bey dem erſten und andern aber wird es ihm ſchon mehr Muͤhe koſten/ indem bey dem erſten die Geſchencke wenig thun moͤchten/ bey dem an- dern aber wohlluͤſtige Reitzungen nicht viel haff- ten duͤrfften/ und bey dieſen auch die Geſchencke von

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/384>, abgerufen am 25.04.2024.