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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 12. H. von der Vermischung
selben gefangen/ welches man wahrnehmen kan/
wenn man durch ein Röhrgen in einen solchen li-
quor
starck bläset/ und in acht nimmt/ was für
Blasen daraus entstehen. Es wird auch dieser
Satz aus der andern Tabelle bewiesen/ und aus
dem darauf folgenden achten Hauptstück. Alle
Tugenden entstehen aus der vernünfftigen Liebe/
und alle Untugenden aus denen drey andern Ge-
müths-Neigungen. Tugend und Laster sind
nie gemischt. Wenn ein einig Laster unter die
Tugend kömmt/ höret sie auf Tugend zu seyn/
oder sie muß dasselbige Laster verzehren. Und wem
eine einige Tugend mangelt/ der ist nicht warhaff-
tig tugendhafft/ sondern nur zum Schein/ wel-
ches/ wie es geschehen könne/ wir oben bey der
Vermischung der Wollust und des Ehrgeitzes/ it.
des Geldgeitzes und des Ehrgeitzes gezeiget ha-
ben: Siehe die gantze Tabelle durch/ du wirst
unter der vernünfftigen Liebe nichts finden/ das
nicht allen dem/ was unter denen andern dreyen
affecten stehet/ entgegen gesetzet wäre. Aber
betrachte die Laster unter sich selbst. Ob sie schon
viel widerwertige Dinge unter sich haben/ wirst
du doch etwas gleiches finden. Die Verschwen-
dung/ der Zorn und die Dienstfertigkeit verknüpfft
Wollust und Ehrgeitz: Die Verstellung/ die unver-
nünfftige Castigirung des Leibes/ die allzugrosse
Genauigkeit/ die Arbeitsamkeit/ vereiniget Ehr-
geitz und Geldgeitz: Die Unbedachtsamkeit/ Unbe-
ständigkeit/ Furcht und das Liebkosen ist der Wol-

lust

Das 12. H. von der Vermiſchung
ſelben gefangen/ welches man wahrnehmen kan/
wenn man durch ein Roͤhrgen in einen ſolchen li-
quor
ſtarck blaͤſet/ und in acht nim̃t/ was fuͤr
Blaſen daraus entſtehen. Es wird auch dieſer
Satz aus der andern Tabelle bewieſen/ und aus
dem darauf folgenden achten Hauptſtuͤck. Alle
Tugenden entſtehen aus der vernuͤnfftigen Liebe/
und alle Untugenden aus denen drey andern Ge-
muͤths-Neigungen. Tugend und Laſter ſind
nie gemiſcht. Wenn ein einig Laſter unter die
Tugend koͤmmt/ hoͤret ſie auf Tugend zu ſeyn/
oder ſie muß daſſelbige Laſter verzehren. Und wem
eine einige Tugend mangelt/ der iſt nicht warhaff-
tig tugendhafft/ ſondern nur zum Schein/ wel-
ches/ wie es geſchehen koͤnne/ wir oben bey der
Vermiſchung der Wolluſt und des Ehrgeitzes/ it.
des Geldgeitzes und des Ehrgeitzes gezeiget ha-
ben: Siehe die gantze Tabelle durch/ du wirſt
unter der vernuͤnfftigen Liebe nichts finden/ das
nicht allen dem/ was unter denen andern dreyen
affecten ſtehet/ entgegen geſetzet waͤre. Aber
betrachte die Laſter unter ſich ſelbſt. Ob ſie ſchon
viel widerwertige Dinge unter ſich haben/ wirſt
du doch etwas gleiches finden. Die Verſchwen-
dung/ der Zorn und die Dienſtfertigkeit verknuͤpfft
Wolluſt und Ehrgeitz: Die Verſtellung/ die unveꝛ-
nuͤnfftige Caſtigirung des Leibes/ die allzugroſſe
Genauigkeit/ die Arbeitſamkeit/ vereiniget Ehr-
geitz und Geldgeitz: Die Unbedachtſamkeit/ Unbe-
ſtaͤndigkeit/ Furcht und das Liebkoſen iſt der Wol-

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[348/0360] Das 12. H. von der Vermiſchung ſelben gefangen/ welches man wahrnehmen kan/ wenn man durch ein Roͤhrgen in einen ſolchen li- quor ſtarck blaͤſet/ und in acht nim̃t/ was fuͤr Blaſen daraus entſtehen. Es wird auch dieſer Satz aus der andern Tabelle bewieſen/ und aus dem darauf folgenden achten Hauptſtuͤck. Alle Tugenden entſtehen aus der vernuͤnfftigen Liebe/ und alle Untugenden aus denen drey andern Ge- muͤths-Neigungen. Tugend und Laſter ſind nie gemiſcht. Wenn ein einig Laſter unter die Tugend koͤmmt/ hoͤret ſie auf Tugend zu ſeyn/ oder ſie muß daſſelbige Laſter verzehren. Und wem eine einige Tugend mangelt/ der iſt nicht warhaff- tig tugendhafft/ ſondern nur zum Schein/ wel- ches/ wie es geſchehen koͤnne/ wir oben bey der Vermiſchung der Wolluſt und des Ehrgeitzes/ it. des Geldgeitzes und des Ehrgeitzes gezeiget ha- ben: Siehe die gantze Tabelle durch/ du wirſt unter der vernuͤnfftigen Liebe nichts finden/ das nicht allen dem/ was unter denen andern dreyen affecten ſtehet/ entgegen geſetzet waͤre. Aber betrachte die Laſter unter ſich ſelbſt. Ob ſie ſchon viel widerwertige Dinge unter ſich haben/ wirſt du doch etwas gleiches finden. Die Verſchwen- dung/ der Zorn und die Dienſtfertigkeit verknuͤpfft Wolluſt und Ehrgeitz: Die Verſtellung/ die unveꝛ- nuͤnfftige Caſtigirung des Leibes/ die allzugroſſe Genauigkeit/ die Arbeitſamkeit/ vereiniget Ehr- geitz und Geldgeitz: Die Unbedachtſamkeit/ Unbe- ſtaͤndigkeit/ Furcht und das Liebkoſen iſt der Wol- luſt

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/360>, abgerufen am 25.04.2024.