Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 12. H. von der Vermischung
Mischung der Menschen und die Ordnung ihrer
affecten einmahl ist/ also bleibe sie auch natür-
licher weise/ und wenn GOtt/ durch übernatür-
liche geistliche Mittel keine änderung macht/ die
Zeit ihres gantzen Lebens; und daß die Mei-
nung/ als habe sich ein Mensche gantz geän-
dert/
entweder dem geistlichen Werck der Busse
und Bekehrung zu zuschreiben sey/ (wiewohl in
dergleichen Dingen Welt-kluge Menschen am
seltensten eine änderung des Hertzens spüren und
gläuben) oder viel offters aus diesen gemeinen
und vorigen praejudicio entstehe/ daß wir nach
dem äußerlichen Ansehen/ aus der Gewohnheit/
Aufferziehung/ offters irritirten auch geringsten
Neigung/ aus der äußerlichen Beschaffenheit
eines Menschen in unglücklichen niedrigen unver-
mögenden Zustand/ aus dem Ausgang seiner
Anschläge/ oder seines thun und lassens von dem
innerlichen Zustand seiner Gemüthsmischung/
entweder sein voriges oder folgendes Wesen ir-
riger Weise beurtheilet haben oder beurtheilen.

33. Ehe wir noch weiter in dergleichen zu der
Erkäntniß des Menschlichen Geschlechts gehö-
rigen Anmerckungen fortfahren: müssen wir Ur-
sache anzeigen/ warumb wir in diesen Hauptstück/
da wir von Vermischung der Gemüths-Neigun-
gen handeln/ nur von denen Arten wie drey
Haupt-Laster untereinander gemischt werden/ ge-
handelt haben. Es scheinet nicht vernünfftig gethan
zu seyn. Wir haben ja oben in etlichen Capiteln

er-

Das 12. H. von der Vermiſchung
Miſchung der Menſchen und die Ordnung ihrer
affecten einmahl iſt/ alſo bleibe ſie auch natuͤr-
licher weiſe/ und wenn GOtt/ durch uͤbernatuͤr-
liche geiſtliche Mittel keine aͤnderung macht/ die
Zeit ihres gantzen Lebens; und daß die Mei-
nung/ als habe ſich ein Menſche gantz geaͤn-
dert/
entweder dem geiſtlichen Werck der Buſſe
und Bekehrung zu zuſchreiben ſey/ (wiewohl in
dergleichen Dingen Welt-kluge Menſchen am
ſeltenſten eine aͤnderung des Hertzens ſpuͤren und
glaͤuben) oder viel offters aus dieſen gemeinen
und vorigen præjudicio entſtehe/ daß wir nach
dem aͤußerlichen Anſehen/ aus der Gewohnheit/
Aufferziehung/ offters irritirten auch geringſten
Neigung/ aus der aͤußerlichen Beſchaffenheit
eines Menſchen in ungluͤcklichen niedrigen unver-
moͤgenden Zuſtand/ aus dem Ausgang ſeiner
Anſchlaͤge/ oder ſeines thun und laſſens von dem
innerlichen Zuſtand ſeiner Gemuͤthsmiſchung/
entweder ſein voriges oder folgendes Weſen ir-
riger Weiſe beurtheilet haben oder beurtheilen.

33. Ehe wir noch weiter in dergleichen zu der
Erkaͤntniß des Menſchlichen Geſchlechts gehoͤ-
rigen Anmerckungen fortfahren: muͤſſen wir Ur-
ſache anzeigen/ warumb wir in dieſen Hauptſtuͤck/
da wir von Vermiſchung der Gemuͤths-Neigun-
gen handeln/ nur von denen Arten wie drey
Haupt-Laſter untereinander gemiſcht werden/ ge-
handelt habẽ. Es ſcheinet nicht vernuͤnfftig gethan
zu ſeyn. Wir haben ja oben in etlichen Capiteln

er-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0356" n="344"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 12. H. von der Vermi&#x017F;chung</hi></fw><lb/>
Mi&#x017F;chung der Men&#x017F;chen und die Ordnung ihrer<lb/><hi rendition="#aq">affect</hi>en einmahl i&#x017F;t/ al&#x017F;o bleibe &#x017F;ie auch natu&#x0364;r-<lb/>
licher wei&#x017F;e/ und wenn GOtt/ durch u&#x0364;bernatu&#x0364;r-<lb/>
liche gei&#x017F;tliche Mittel keine a&#x0364;nderung macht/ die<lb/>
Zeit ihres gantzen Lebens; und <hi rendition="#fr">daß die Mei-<lb/>
nung/ als habe &#x017F;ich ein Men&#x017F;che gantz gea&#x0364;n-<lb/>
dert/</hi> entweder dem gei&#x017F;tlichen Werck der Bu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
und Bekehrung zu zu&#x017F;chreiben &#x017F;ey/ (wiewohl in<lb/>
dergleichen Dingen Welt-kluge Men&#x017F;chen am<lb/>
&#x017F;elten&#x017F;ten eine a&#x0364;nderung des Hertzens &#x017F;pu&#x0364;ren und<lb/>
gla&#x0364;uben) oder viel offters aus die&#x017F;en gemeinen<lb/>
und vorigen <hi rendition="#aq">præjudicio</hi> ent&#x017F;tehe/ daß wir nach<lb/>
dem a&#x0364;ußerlichen An&#x017F;ehen/ aus der Gewohnheit/<lb/>
Aufferziehung/ offters <hi rendition="#aq">irritir</hi>ten auch gering&#x017F;ten<lb/>
Neigung/ aus der a&#x0364;ußerlichen Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
eines Men&#x017F;chen in unglu&#x0364;cklichen niedrigen unver-<lb/>
mo&#x0364;genden Zu&#x017F;tand/ aus dem Ausgang &#x017F;einer<lb/>
An&#x017F;chla&#x0364;ge/ oder &#x017F;eines thun und la&#x017F;&#x017F;ens von dem<lb/>
innerlichen Zu&#x017F;tand &#x017F;einer Gemu&#x0364;thsmi&#x017F;chung/<lb/>
entweder &#x017F;ein voriges oder folgendes We&#x017F;en ir-<lb/>
riger Wei&#x017F;e beurtheilet haben oder beurtheilen.</p><lb/>
        <p>33. Ehe wir noch weiter in dergleichen zu der<lb/>
Erka&#x0364;ntniß des Men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechts geho&#x0364;-<lb/>
rigen Anmerckungen fortfahren: mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir Ur-<lb/>
&#x017F;ache anzeigen/ warumb wir in die&#x017F;en Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck/<lb/>
da wir von Vermi&#x017F;chung der Gemu&#x0364;ths-Neigun-<lb/>
gen handeln/ nur von denen Arten wie drey<lb/>
Haupt-La&#x017F;ter untereinander gemi&#x017F;cht werden/ ge-<lb/>
handelt habe&#x0303;. Es &#x017F;cheinet nicht vernu&#x0364;nfftig gethan<lb/>
zu &#x017F;eyn. Wir haben ja oben in etlichen Capiteln<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0356] Das 12. H. von der Vermiſchung Miſchung der Menſchen und die Ordnung ihrer affecten einmahl iſt/ alſo bleibe ſie auch natuͤr- licher weiſe/ und wenn GOtt/ durch uͤbernatuͤr- liche geiſtliche Mittel keine aͤnderung macht/ die Zeit ihres gantzen Lebens; und daß die Mei- nung/ als habe ſich ein Menſche gantz geaͤn- dert/ entweder dem geiſtlichen Werck der Buſſe und Bekehrung zu zuſchreiben ſey/ (wiewohl in dergleichen Dingen Welt-kluge Menſchen am ſeltenſten eine aͤnderung des Hertzens ſpuͤren und glaͤuben) oder viel offters aus dieſen gemeinen und vorigen præjudicio entſtehe/ daß wir nach dem aͤußerlichen Anſehen/ aus der Gewohnheit/ Aufferziehung/ offters irritirten auch geringſten Neigung/ aus der aͤußerlichen Beſchaffenheit eines Menſchen in ungluͤcklichen niedrigen unver- moͤgenden Zuſtand/ aus dem Ausgang ſeiner Anſchlaͤge/ oder ſeines thun und laſſens von dem innerlichen Zuſtand ſeiner Gemuͤthsmiſchung/ entweder ſein voriges oder folgendes Weſen ir- riger Weiſe beurtheilet haben oder beurtheilen. 33. Ehe wir noch weiter in dergleichen zu der Erkaͤntniß des Menſchlichen Geſchlechts gehoͤ- rigen Anmerckungen fortfahren: muͤſſen wir Ur- ſache anzeigen/ warumb wir in dieſen Hauptſtuͤck/ da wir von Vermiſchung der Gemuͤths-Neigun- gen handeln/ nur von denen Arten wie drey Haupt-Laſter untereinander gemiſcht werden/ ge- handelt habẽ. Es ſcheinet nicht vernuͤnfftig gethan zu ſeyn. Wir haben ja oben in etlichen Capiteln er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/356
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/356>, abgerufen am 29.03.2024.