Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 11. H. von dem Geld-Geitz/
weiß er gar wohl seinen Clienten zu verstehen zu
geben/ was er von ihnen wil geschencket ha-
ben/ er ist ein gröberer Dieb/ als die/ die
man hänckt/ er bestielet seinen Fürsten/ oder
das gemeine Wesen/ er macht falsche Müntze/
oder doch Compagnie mit dergleichen Gesinde.
Jedoch hindert ihm öffters seine Furcht/ daß er
das Betteln und Stehlen bleiben läst. Das
Betteln
gehet ihn nicht allemahl wohl von stat-
ten. Wer wil einem Menschen/ der nieman-
den nichts umsonst giebt/ viel umsonst geben?
Er hat nicht allezeit Macht und Ansehen/ und da
hält ihn seine Furcht/ weil er keine courage hat/
ab vom Stehlen und filoudiren/ sein Leben ist
ihm gar zu lieb. Also treibt ihn die Noth zur
Arbeit
an/ das zu gewinnen/ das er nicht hat/
und doch so hefftig liebet: Hier fället er nun bey
seiner Arbeitsamkeit gantz auf eine andere Art/
als ein Ehr-Geitziger. Ein Ehr-Geitziger ar-
beitet wohl auch mit dem Leibe/ indem er selbi-
gen mit vielen Wachen/ Mäßigkeit/ Reisen
u. s. w. travailliret/ aber seine meiste Arbeit thut
der Kopff/ seine wenigste die Hände/ und in-
dem er mehr Ehre als Geld zu erwerben trachtet/
und solcher Gestalt viel hazardiret/ gewinnet er
auch durch dergleichen hazard öffters grosse
Summen und Güter mit Wucher wieder. Ein
Geitziger
aber kan ob defectum judicii & inge-
nii
nicht viel mit dem Kopffe arbeiten/ son-
dern er muß es sich mit Hand-Arbeit oder doch

mit

Das 11. H. von dem Geld-Geitz/
weiß er gar wohl ſeinen Clienten zu verſtehen zu
geben/ was er von ihnen wil geſchencket ha-
ben/ er iſt ein groͤberer Dieb/ als die/ die
man haͤnckt/ er beſtielet ſeinen Fuͤrſten/ oder
das gemeine Weſen/ er macht falſche Muͤntze/
oder doch Compagnie mit dergleichen Geſinde.
Jedoch hindert ihm oͤffters ſeine Furcht/ daß er
das Betteln und Stehlen bleiben laͤſt. Das
Betteln
gehet ihn nicht allemahl wohl von ſtat-
ten. Wer wil einem Menſchen/ der nieman-
den nichts umſonſt giebt/ viel umſonſt geben?
Er hat nicht allezeit Macht und Anſehen/ und da
haͤlt ihn ſeine Furcht/ weil er keine courage hat/
ab vom Stehlen und filoudiren/ ſein Leben iſt
ihm gar zu lieb. Alſo treibt ihn die Noth zur
Arbeit
an/ das zu gewinnen/ das er nicht hat/
und doch ſo hefftig liebet: Hier faͤllet er nun bey
ſeiner Arbeitſamkeit gantz auf eine andere Art/
als ein Ehr-Geitziger. Ein Ehr-Geitziger ar-
beitet wohl auch mit dem Leibe/ indem er ſelbi-
gen mit vielen Wachen/ Maͤßigkeit/ Reiſen
u. ſ. w. travailliret/ aber ſeine meiſte Arbeit thut
der Kopff/ ſeine wenigſte die Haͤnde/ und in-
dem er mehr Ehre als Geld zu erwerben trachtet/
und ſolcher Geſtalt viel hazardiret/ gewinnet er
auch durch dergleichen hazard oͤffters groſſe
Summen und Guͤter mit Wucher wieder. Ein
Geitziger
aber kan ob defectum judicii & inge-
nii
nicht viel mit dem Kopffe arbeiten/ ſon-
dern er muß es ſich mit Hand-Arbeit oder doch

mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0312" n="300"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 11. H. von dem Geld-Geitz/</hi></fw><lb/>
weiß er gar wohl &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Client</hi>en zu ver&#x017F;tehen zu<lb/>
geben/ was er von ihnen wil <hi rendition="#fr">ge&#x017F;chencket</hi> ha-<lb/>
ben/ er i&#x017F;t ein <hi rendition="#fr">gro&#x0364;berer Dieb/</hi> als die/ die<lb/>
man ha&#x0364;nckt/ er be&#x017F;tielet &#x017F;einen Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ oder<lb/>
das gemeine We&#x017F;en/ er macht fal&#x017F;che Mu&#x0364;ntze/<lb/>
oder doch <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> mit dergleichen Ge&#x017F;inde.<lb/>
Jedoch hindert ihm o&#x0364;ffters &#x017F;eine Furcht/ daß er<lb/>
das Betteln und Stehlen bleiben la&#x0364;&#x017F;t. <hi rendition="#fr">Das<lb/>
Betteln</hi> gehet ihn nicht allemahl wohl von &#x017F;tat-<lb/>
ten. Wer wil einem Men&#x017F;chen/ der nieman-<lb/>
den nichts um&#x017F;on&#x017F;t giebt/ viel um&#x017F;on&#x017F;t geben?<lb/>
Er hat nicht allezeit Macht und An&#x017F;ehen/ und da<lb/>
ha&#x0364;lt ihn &#x017F;eine Furcht/ weil er keine <hi rendition="#aq">courage</hi> hat/<lb/>
ab <hi rendition="#fr">vom Stehlen</hi> und <hi rendition="#aq">filoudir</hi>en/ &#x017F;ein Leben i&#x017F;t<lb/>
ihm gar zu lieb. Al&#x017F;o treibt ihn die <hi rendition="#fr">Noth zur<lb/>
Arbeit</hi> an/ das zu gewinnen/ das er nicht hat/<lb/>
und doch &#x017F;o hefftig liebet: Hier fa&#x0364;llet er nun bey<lb/>
&#x017F;einer Arbeit&#x017F;amkeit gantz auf eine andere Art/<lb/>
als ein Ehr-Geitziger. Ein Ehr-Geitziger ar-<lb/>
beitet wohl auch mit dem Leibe/ indem er &#x017F;elbi-<lb/>
gen mit vielen Wachen/ Ma&#x0364;ßigkeit/ Rei&#x017F;en<lb/>
u. &#x017F;. w. <hi rendition="#aq">travaillir</hi>et/ aber &#x017F;eine mei&#x017F;te Arbeit thut<lb/>
der Kopff/ &#x017F;eine wenig&#x017F;te die Ha&#x0364;nde/ und in-<lb/>
dem er mehr Ehre als Geld zu erwerben trachtet/<lb/>
und &#x017F;olcher Ge&#x017F;talt viel <hi rendition="#aq">hazardir</hi>et/ gewinnet er<lb/>
auch durch dergleichen <hi rendition="#aq">hazard</hi> o&#x0364;ffters gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Summen und Gu&#x0364;ter mit Wucher wieder. <hi rendition="#fr">Ein<lb/>
Geitziger</hi> aber kan <hi rendition="#aq">ob defectum judicii &amp; inge-<lb/>
nii</hi> nicht viel <hi rendition="#fr">mit dem Kopffe arbeiten/</hi> &#x017F;on-<lb/>
dern er muß es &#x017F;ich mit <hi rendition="#fr">Hand-Arbeit</hi> oder doch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[300/0312] Das 11. H. von dem Geld-Geitz/ weiß er gar wohl ſeinen Clienten zu verſtehen zu geben/ was er von ihnen wil geſchencket ha- ben/ er iſt ein groͤberer Dieb/ als die/ die man haͤnckt/ er beſtielet ſeinen Fuͤrſten/ oder das gemeine Weſen/ er macht falſche Muͤntze/ oder doch Compagnie mit dergleichen Geſinde. Jedoch hindert ihm oͤffters ſeine Furcht/ daß er das Betteln und Stehlen bleiben laͤſt. Das Betteln gehet ihn nicht allemahl wohl von ſtat- ten. Wer wil einem Menſchen/ der nieman- den nichts umſonſt giebt/ viel umſonſt geben? Er hat nicht allezeit Macht und Anſehen/ und da haͤlt ihn ſeine Furcht/ weil er keine courage hat/ ab vom Stehlen und filoudiren/ ſein Leben iſt ihm gar zu lieb. Alſo treibt ihn die Noth zur Arbeit an/ das zu gewinnen/ das er nicht hat/ und doch ſo hefftig liebet: Hier faͤllet er nun bey ſeiner Arbeitſamkeit gantz auf eine andere Art/ als ein Ehr-Geitziger. Ein Ehr-Geitziger ar- beitet wohl auch mit dem Leibe/ indem er ſelbi- gen mit vielen Wachen/ Maͤßigkeit/ Reiſen u. ſ. w. travailliret/ aber ſeine meiſte Arbeit thut der Kopff/ ſeine wenigſte die Haͤnde/ und in- dem er mehr Ehre als Geld zu erwerben trachtet/ und ſolcher Geſtalt viel hazardiret/ gewinnet er auch durch dergleichen hazard oͤffters groſſe Summen und Guͤter mit Wucher wieder. Ein Geitziger aber kan ob defectum judicii & inge- nii nicht viel mit dem Kopffe arbeiten/ ſon- dern er muß es ſich mit Hand-Arbeit oder doch mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/312
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/312>, abgerufen am 25.04.2024.