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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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und denen daher rührenden Untugenden.
so viele Gelegenheit gleiches und gleiches zusam-
men zu setzen/ ausser daß er etwan verstehet/
was für Saame sich zu diesem Erdreich besser
schicke/ was zu jenem/ was für Viehe auff
diesem Strich Landes bessere Weyde habe/
was auf jenem u. d. g. Zu Erfindung artiger
Dinge/ die das Gemüthe des Menschen auf
tugendhaffte oder wohllüstige Weise belusti-
gen/ ist er gantz ungeschickt/ weil er seinen
Verstand niemahls darinnen übet. Und ist
also gantz natürlich/ daß ein Geldgeitziger
sich zu nichts weniger schicke/ als zu einem gu-
ten Gedichte/ oder ungezwungenem Poema-
te:
Daher es kommt/ daß/ wenn ein Geitzi-
ger in einer Gesellschafft den Discours unter-
halten wil/ er mehrentheils Dinge vorbringt/
die sich gantz nicht dahin schicken/ oder zum we-
nigsten mit den Haaren dazu gezogen/ und
schrecklich weit gesucht sind/ ob er sich schon der
gemeinen particulae connectendi: Als wie
einmahl etc.
oder: Es fället mir hierbey
ein etc.
zu bedienen pfleget: Wodurch dann alle
Annehmligkeit verdirbet/ wenn es auch schon
sonsten an und für sich selbsten eine merckwürdi-
ge/ nützliche oder curieuse Sache wäre/ indem
das Leben der Conversation in der Gleichför-
migkeit der Gedancken/ und einer fast nicht zu
merckenden Veränderung bestehet: Mann mü-
ste dann in der Verwunderung über der unge-
meinen Gezwungenheit und inimitablen Alber-

heit

und denen daher ruͤhrenden Untugenden.
ſo viele Gelegenheit gleiches und gleiches zuſam-
men zu ſetzen/ auſſer daß er etwan verſtehet/
was fuͤr Saame ſich zu dieſem Erdreich beſſer
ſchicke/ was zu jenem/ was fuͤr Viehe auff
dieſem Strich Landes beſſere Weyde habe/
was auf jenem u. d. g. Zu Erfindung artiger
Dinge/ die das Gemuͤthe des Menſchen auf
tugendhaffte oder wohlluͤſtige Weiſe beluſti-
gen/ iſt er gantz ungeſchickt/ weil er ſeinen
Verſtand niemahls darinnen uͤbet. Und iſt
alſo gantz natuͤrlich/ daß ein Geldgeitziger
ſich zu nichts weniger ſchicke/ als zu einem gu-
ten Gedichte/ oder ungezwungenem Poëma-
te:
Daher es kommt/ daß/ wenn ein Geitzi-
ger in einer Geſellſchafft den Diſcours unter-
halten wil/ er mehrentheils Dinge vorbringt/
die ſich gantz nicht dahin ſchicken/ oder zum we-
nigſten mit den Haaren dazu gezogen/ und
ſchrecklich weit geſucht ſind/ ob er ſich ſchon der
gemeinen particulæ connectendi: Als wie
einmahl ꝛc.
oder: Es faͤllet mir hierbey
ein ꝛc.
zu bedienen pfleget: Wodurch dann alle
Annehmligkeit verdirbet/ wenn es auch ſchon
ſonſten an und fuͤr ſich ſelbſten eine merckwuͤrdi-
ge/ nuͤtzliche oder curieuſe Sache waͤre/ indem
das Leben der Converſation in der Gleichfoͤr-
migkeit der Gedancken/ und einer faſt nicht zu
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ſte dann in der Verwunderung uͤber der unge-
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[287/0299] und denen daher ruͤhrenden Untugenden. ſo viele Gelegenheit gleiches und gleiches zuſam- men zu ſetzen/ auſſer daß er etwan verſtehet/ was fuͤr Saame ſich zu dieſem Erdreich beſſer ſchicke/ was zu jenem/ was fuͤr Viehe auff dieſem Strich Landes beſſere Weyde habe/ was auf jenem u. d. g. Zu Erfindung artiger Dinge/ die das Gemuͤthe des Menſchen auf tugendhaffte oder wohlluͤſtige Weiſe beluſti- gen/ iſt er gantz ungeſchickt/ weil er ſeinen Verſtand niemahls darinnen uͤbet. Und iſt alſo gantz natuͤrlich/ daß ein Geldgeitziger ſich zu nichts weniger ſchicke/ als zu einem gu- ten Gedichte/ oder ungezwungenem Poëma- te: Daher es kommt/ daß/ wenn ein Geitzi- ger in einer Geſellſchafft den Diſcours unter- halten wil/ er mehrentheils Dinge vorbringt/ die ſich gantz nicht dahin ſchicken/ oder zum we- nigſten mit den Haaren dazu gezogen/ und ſchrecklich weit geſucht ſind/ ob er ſich ſchon der gemeinen particulæ connectendi: Als wie einmahl ꝛc. oder: Es faͤllet mir hierbey ein ꝛc. zu bedienen pfleget: Wodurch dann alle Annehmligkeit verdirbet/ wenn es auch ſchon ſonſten an und fuͤr ſich ſelbſten eine merckwuͤrdi- ge/ nuͤtzliche oder curieuſe Sache waͤre/ indem das Leben der Converſation in der Gleichfoͤr- migkeit der Gedancken/ und einer faſt nicht zu merckenden Veraͤnderung beſtehet: Mann muͤ- ſte dann in der Verwunderung uͤber der unge- meinen Gezwungenheit und inimitablen Alber- heit

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/299>, abgerufen am 18.04.2024.