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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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und denen daher rührenden Untugenden.
ge/ die ihm nicht angehen/ und die er leicht ent-
behren kan.

15. Und ist solcher Gestalt zwischen einem
Geld-Geitzigen und anderen Menschen ein
grosser Unterscheid/
daß/ da Wohllüstige und
Ehr-Geitzige sich mit andern Menschen/ oder an-
dere Menschen mit sich zu vereinigen trachten/ (c)
Geitzige hingegen von dieser Vereinigung
und deren Begierde gar nichts wissen.
Ein
Geitziger ist am aller vergnügtesten/ wenn er al-
lein bey seinem Geld-Sack/ Pferde/ oder Hun-
de ist/ und hat daselbst mehr Vergnügen/ als
bey der lustigsten oder vornehmsten Gesellschafft.
Sein melancolisch temperament liebet die Ein-
samkeit: Er sitzt stille in der Gesellschafft/ und ist
sich und andern eine Last darinnen.

16. Und da andere Menschen am liebsten
bey ihres gleichen seyn/ auch die Wohllüstigen
und Ehr-Geitzigen/ so ist ein Geld-Geitziger am
aller unnothensten bey einem andern Gei-
tzigen/ sondern feindet denselben mehr an/
als andere Menschen/
denn er ist gewiß versi-
chert/ daß gleichwie er gerne alles alleine haben
wil/ also der andere dergleichen intendire, und al-
so sie beyde nothwendig einander in ihrem Vorha-
ben hindern müssen; Da hingegen ihm die Ge-
sellschafft eines Wohllüstigen und Ehr-Geitzigen
noch erträglicher ist/ weil er sie vor Narren hält/
bey denen etwas zu verdienen ist/ indem der

Wohl-
(c) cap. 9. §. 7. 8. c. 10. §. 5. seq.

und denen daher ruͤhrenden Untugenden.
ge/ die ihm nicht angehen/ und die er leicht ent-
behren kan.

15. Und iſt ſolcher Geſtalt zwiſchen einem
Geld-Geitzigen und anderen Menſchen ein
groſſer Unterſcheid/
daß/ da Wohlluͤſtige und
Ehr-Geitzige ſich mit andern Menſchen/ oder an-
dere Menſchen mit ſich zu vereinigen trachten/ (c)
Geitzige hingegen von dieſer Vereinigung
und deren Begierde gar nichts wiſſen.
Ein
Geitziger iſt am aller vergnuͤgteſten/ wenn er al-
lein bey ſeinem Geld-Sack/ Pferde/ oder Hun-
de iſt/ und hat daſelbſt mehr Vergnuͤgen/ als
bey der luſtigſten oder vornehmſten Geſellſchafft.
Sein melancoliſch temperament liebet die Ein-
ſamkeit: Er ſitzt ſtille in der Geſellſchafft/ und iſt
ſich und andern eine Laſt darinnen.

16. Und da andere Menſchen am liebſten
bey ihres gleichen ſeyn/ auch die Wohlluͤſtigen
und Ehr-Geitzigen/ ſo iſt ein Geld-Geitziger am
aller unnothenſten bey einem andern Gei-
tzigen/ ſondern feindet denſelben mehr an/
als andere Menſchen/
denn er iſt gewiß verſi-
chert/ daß gleichwie er gerne alles alleine haben
wil/ alſo der andere dergleichen intendire, und al-
ſo ſie beyde nothwendig einandeꝛ in ihrem Voꝛha-
ben hindern muͤſſen; Da hingegen ihm die Ge-
ſellſchafft eines Wohlluͤſtigen und Ehr-Geitzigen
noch ertraͤglicher iſt/ weil er ſie vor Narren haͤlt/
bey denen etwas zu verdienen iſt/ indem der

Wohl-
(c) cap. 9. §. 7. 8. c. 10. §. 5. ſeq.
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[271/0283] und denen daher ruͤhrenden Untugenden. ge/ die ihm nicht angehen/ und die er leicht ent- behren kan. 15. Und iſt ſolcher Geſtalt zwiſchen einem Geld-Geitzigen und anderen Menſchen ein groſſer Unterſcheid/ daß/ da Wohlluͤſtige und Ehr-Geitzige ſich mit andern Menſchen/ oder an- dere Menſchen mit ſich zu vereinigen trachten/ (c) Geitzige hingegen von dieſer Vereinigung und deren Begierde gar nichts wiſſen. Ein Geitziger iſt am aller vergnuͤgteſten/ wenn er al- lein bey ſeinem Geld-Sack/ Pferde/ oder Hun- de iſt/ und hat daſelbſt mehr Vergnuͤgen/ als bey der luſtigſten oder vornehmſten Geſellſchafft. Sein melancoliſch temperament liebet die Ein- ſamkeit: Er ſitzt ſtille in der Geſellſchafft/ und iſt ſich und andern eine Laſt darinnen. 16. Und da andere Menſchen am liebſten bey ihres gleichen ſeyn/ auch die Wohlluͤſtigen und Ehr-Geitzigen/ ſo iſt ein Geld-Geitziger am aller unnothenſten bey einem andern Gei- tzigen/ ſondern feindet denſelben mehr an/ als andere Menſchen/ denn er iſt gewiß verſi- chert/ daß gleichwie er gerne alles alleine haben wil/ alſo der andere dergleichen intendire, und al- ſo ſie beyde nothwendig einandeꝛ in ihrem Voꝛha- ben hindern muͤſſen; Da hingegen ihm die Ge- ſellſchafft eines Wohlluͤſtigen und Ehr-Geitzigen noch ertraͤglicher iſt/ weil er ſie vor Narren haͤlt/ bey denen etwas zu verdienen iſt/ indem der Wohl- (c) cap. 9. §. 7. 8. c. 10. §. 5. ſeq.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/283>, abgerufen am 29.03.2024.