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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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sen/ u. welche die Vornehm. drunter.
halte/ als ich vermuthet/ daß es seyn sollen/ und
doch ist hier keine Verwunderung sondern eine
Bestürtzung.

26. Diese beyde vermischt dannenhero Car-
tesius
da doch unter ihnen ein grosser Unterscheid
ist. Jene ist im Verstande und kein Affect, diese
ist ein Affect und im Willen.

27. Diese confusion entstehet daraus/ weil
Cartesius, nur die Seltenheit/ nicht aber auch die
Unwissenheit
x) in die Beschreibung der Ver-
wunderung gesetzt/ und solchergestalt die Leiden-
schafften des Verstandes und Willens noch eher
zu vermischen Anlaß bekommen.

28. Cartesius fähret fort: y) Weil nun die-
se Rührung geschehen kan/ ehe wir auf ein-
tzige Weise erkennen/ ob uns dasselbige Ding
gut sey oder nicht/ so scheinet es/ daß die Ver-
wunderung die allererste sey von allen Ge-
müths-Leidenschaffcen/ die auch keine wie-
derwärtige Leidenschafft habe. Denn wenn
das Ding/ das uns vorkommt/ nichts unge-
wöhnliches an sich hat/ werden wir keines
weges dadurch beweget und betrachten es
ohne Leidenschafft.

29. Das jenige/ was wir in vorhergehen-
den Hauptstück z) behauptet/ macht/ daß mir
die Herren Cartesianer verzeihen werden/ wenn

ich
x) vid. n. 20. hujus capitis.
y) d. art. 53.
z) n. 25. & 30.
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ſen/ u. welche die Vornehm. drunter.
halte/ als ich vermuthet/ daß es ſeyn ſollen/ und
doch iſt hier keine Verwunderung ſondern eine
Beſtuͤrtzung.

26. Dieſe beyde vermiſcht dannenhero Car-
teſius
da doch unter ihnen ein groſſer Unterſcheid
iſt. Jene iſt im Verſtande und kein Affect, dieſe
iſt ein Affect und im Willen.

27. Dieſe confuſion entſtehet daraus/ weil
Carteſius, nur die Seltenheit/ nicht aber auch die
Unwiſſenheit
x) in die Beſchreibung der Ver-
wunderung geſetzt/ und ſolchergeſtalt die Leiden-
ſchafften des Verſtandes und Willens noch eher
zu vermiſchen Anlaß bekommen.

28. Carteſius faͤhret fort: y) Weil nun die-
ſe Ruͤhrung geſchehen kan/ ehe wir auf ein-
tzige Weiſe erkennen/ ob uns daſſelbige Ding
gut ſey oder nicht/ ſo ſcheinet es/ daß die Ver-
wunderung die allererſte ſey von allen Ge-
muͤths-Leidenſchaffcen/ die auch keine wie-
derwaͤrtige Leidenſchafft habe. Denn wenn
das Ding/ das uns vorkommt/ nichts unge-
woͤhnliches an ſich hat/ werden wir keines
weges dadurch beweget und betrachten es
ohne Leidenſchafft.

29. Das jenige/ was wir in vorhergehen-
den Hauptſtuͤck z) behauptet/ macht/ daß mir
die Herren Carteſianer verzeihen werden/ wenn

ich
x) vid. n. 20. hujus capitis.
y) d. art. 53.
z) n. 25. & 30.
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[117/0129] ſen/ u. welche die Vornehm. drunter. halte/ als ich vermuthet/ daß es ſeyn ſollen/ und doch iſt hier keine Verwunderung ſondern eine Beſtuͤrtzung. 26. Dieſe beyde vermiſcht dannenhero Car- teſius da doch unter ihnen ein groſſer Unterſcheid iſt. Jene iſt im Verſtande und kein Affect, dieſe iſt ein Affect und im Willen. 27. Dieſe confuſion entſtehet daraus/ weil Carteſius, nur die Seltenheit/ nicht aber auch die Unwiſſenheit x) in die Beſchreibung der Ver- wunderung geſetzt/ und ſolchergeſtalt die Leiden- ſchafften des Verſtandes und Willens noch eher zu vermiſchen Anlaß bekommen. 28. Carteſius faͤhret fort: y) Weil nun die- ſe Ruͤhrung geſchehen kan/ ehe wir auf ein- tzige Weiſe erkennen/ ob uns daſſelbige Ding gut ſey oder nicht/ ſo ſcheinet es/ daß die Ver- wunderung die allererſte ſey von allen Ge- muͤths-Leidenſchaffcen/ die auch keine wie- derwaͤrtige Leidenſchafft habe. Denn wenn das Ding/ das uns vorkommt/ nichts unge- woͤhnliches an ſich hat/ werden wir keines weges dadurch beweget und betrachten es ohne Leidenſchafft. 29. Das jenige/ was wir in vorhergehen- den Hauptſtuͤck z) behauptet/ macht/ daß mir die Herren Carteſianer verzeihen werden/ wenn ich x) vid. n. 20. hujus capitis. y) d. art. 53. z) n. 25. & 30. H 3

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/129>, abgerufen am 24.04.2024.