Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Ackerwerkzeuge.
der hintern Spitze des Streichbretts bedarf, um völlig, so weit er es thun soll,
herumzufallen.

In Ansehung der genauen Bestimmung derjenigen Form des Streichbretts,
welche jenen Umschwung am besten und leichtesten bewirkt, ist man nicht ganz einig.
Eine sehr genaue mathematische Berechnung haben wir vom Präsidenten der
amerikanischen Staaten Jeffersson (Museum d'histoire naturelle, Nr. 4.,
p.
322), welche dem Streichbrette am Smalschen Pflüge fast völlig entspricht.
Eine andre aber hat Bailey in einer besonderen Schrift gegeben, wodurch er
die von ihm eingeführte als die vorzüglichere zu zeigen sucht. Diese Abhandlung
ist von einer Meisterhand übersetzt, unter dem Titel: der bestmögliche Pflug,
Berlin 1805, herausgekommen. Zwischen beiden aber, dem Smalschen und dem
Baileyschen Pfluge, sind die Meinungen der aufmerksamern Ackerbauer nur noch
getheilt. Das Heraufheben und das allmählige Herumschwingen des Pflugstrei-
fens um seine Axe in einer schneckenförmigen Linie scheint das Smalsche Streich-
brett besser noch als das Baileysche zu verrichten. Und es paßt sich besser,
sobald man über 8 Zoll rheinländisch die Erde heraufbringen will. Bei einer min-
dern Tiefe aber verrichtet das Baileysche die Arbeit wohl eben so gut. Und da der
ganze Baileysche Pflug in seiner Konstruktion mindere Genauigkeit erfordert, oder
die Abweichungen seiner Tendenz leichter zu verhüten und zu verbessern sind, als
am Smalschen Pfluge, so genüget uns jener in den meisten Fällen; um so mehr,
da er leichter zu führen ist. Die Verschiedenheit dieser Formen läßt sich nicht an-
ders als durch den Augenschein versinnlichen. Das Smalsche Streichbrett hat
mehr Concavität, hebt die Erde mehr in die Höhe, ehe es sie zur Seite streicht,
giebt ihr aber dann einen schnellen Umschwung. Es ist höher, aber kürzer, und
hat deshalb mindere Friktion. Jedoch kann in Rücksicht auf letztere der Unterschied
nur bei tiefem Pflügen merklich seyn. Beide erfüllen die Forderung, daß sie den
Erdstreifen, von der Spitze des Schaars an, ganz allmählig und nach dem Ge-
setze der schrägen Fläche ohne Unterbrechung, zugleich auf- und seitwärts, heben,
und so herum und zur Seite schaffen; dadurch aber die Last der Erde weit schneller
von sich abwälzen, als die geraden Streichbretter. Zum gewöhnlichen Gebrauch
verdient der Baileysche Pflug den Namen des Bestmöglichen; obwohl der

Die Ackerwerkzeuge.
der hintern Spitze des Streichbretts bedarf, um voͤllig, ſo weit er es thun ſoll,
herumzufallen.

In Anſehung der genauen Beſtimmung derjenigen Form des Streichbretts,
welche jenen Umſchwung am beſten und leichteſten bewirkt, iſt man nicht ganz einig.
Eine ſehr genaue mathematiſche Berechnung haben wir vom Praͤſidenten der
amerikaniſchen Staaten Jeffersſon (Museum d’histoire naturelle, Nr. 4.,
p.
322), welche dem Streichbrette am Smalſchen Pfluͤge faſt voͤllig entſpricht.
Eine andre aber hat Bailey in einer beſonderen Schrift gegeben, wodurch er
die von ihm eingefuͤhrte als die vorzuͤglichere zu zeigen ſucht. Dieſe Abhandlung
iſt von einer Meiſterhand uͤberſetzt, unter dem Titel: der beſtmoͤgliche Pflug,
Berlin 1805, herausgekommen. Zwiſchen beiden aber, dem Smalſchen und dem
Baileyſchen Pfluge, ſind die Meinungen der aufmerkſamern Ackerbauer nur noch
getheilt. Das Heraufheben und das allmaͤhlige Herumſchwingen des Pflugſtrei-
fens um ſeine Axe in einer ſchneckenfoͤrmigen Linie ſcheint das Smalſche Streich-
brett beſſer noch als das Baileyſche zu verrichten. Und es paßt ſich beſſer,
ſobald man uͤber 8 Zoll rheinlaͤndiſch die Erde heraufbringen will. Bei einer min-
dern Tiefe aber verrichtet das Baileyſche die Arbeit wohl eben ſo gut. Und da der
ganze Baileyſche Pflug in ſeiner Konſtruktion mindere Genauigkeit erfordert, oder
die Abweichungen ſeiner Tendenz leichter zu verhuͤten und zu verbeſſern ſind, als
am Smalſchen Pfluge, ſo genuͤget uns jener in den meiſten Faͤllen; um ſo mehr,
da er leichter zu fuͤhren iſt. Die Verſchiedenheit dieſer Formen laͤßt ſich nicht an-
ders als durch den Augenſchein verſinnlichen. Das Smalſche Streichbrett hat
mehr Concavitaͤt, hebt die Erde mehr in die Hoͤhe, ehe es ſie zur Seite ſtreicht,
giebt ihr aber dann einen ſchnellen Umſchwung. Es iſt hoͤher, aber kuͤrzer, und
hat deshalb mindere Friktion. Jedoch kann in Ruͤckſicht auf letztere der Unterſchied
nur bei tiefem Pfluͤgen merklich ſeyn. Beide erfuͤllen die Forderung, daß ſie den
Erdſtreifen, von der Spitze des Schaars an, ganz allmaͤhlig und nach dem Ge-
ſetze der ſchraͤgen Flaͤche ohne Unterbrechung, zugleich auf- und ſeitwaͤrts, heben,
und ſo herum und zur Seite ſchaffen; dadurch aber die Laſt der Erde weit ſchneller
von ſich abwaͤlzen, als die geraden Streichbretter. Zum gewoͤhnlichen Gebrauch
verdient der Baileyſche Pflug den Namen des Beſtmoͤglichen; obwohl der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0045" n="23"/><fw place="top" type="header">Die Ackerwerkzeuge.</fw><lb/>
der hintern Spitze des Streichbretts bedarf, um vo&#x0364;llig, &#x017F;o weit er es thun &#x017F;oll,<lb/>
herumzufallen.</p><lb/>
              <p>In An&#x017F;ehung der genauen Be&#x017F;timmung derjenigen Form des Streichbretts,<lb/>
welche jenen Um&#x017F;chwung am be&#x017F;ten und leichte&#x017F;ten bewirkt, i&#x017F;t man nicht ganz einig.<lb/>
Eine &#x017F;ehr genaue mathemati&#x017F;che Berechnung haben wir vom Pra&#x0364;&#x017F;identen der<lb/>
amerikani&#x017F;chen Staaten <hi rendition="#g">Jeffers&#x017F;on</hi> (<hi rendition="#aq">Museum d&#x2019;histoire naturelle, Nr. 4.,<lb/>
p.</hi> 322), welche dem Streichbrette am Smal&#x017F;chen Pflu&#x0364;ge fa&#x017F;t vo&#x0364;llig ent&#x017F;pricht.<lb/>
Eine andre aber hat <hi rendition="#g">Bailey</hi> in einer be&#x017F;onderen Schrift gegeben, wodurch er<lb/>
die von ihm eingefu&#x0364;hrte als die vorzu&#x0364;glichere zu zeigen &#x017F;ucht. Die&#x017F;e Abhandlung<lb/>
i&#x017F;t von einer Mei&#x017F;terhand u&#x0364;ber&#x017F;etzt, unter dem Titel: <hi rendition="#g">der be&#x017F;tmo&#x0364;gliche Pflug</hi>,<lb/>
Berlin 1805, herausgekommen. Zwi&#x017F;chen beiden aber, dem Smal&#x017F;chen und dem<lb/>
Bailey&#x017F;chen Pfluge, &#x017F;ind die Meinungen der aufmerk&#x017F;amern Ackerbauer nur noch<lb/>
getheilt. Das Heraufheben und das allma&#x0364;hlige Herum&#x017F;chwingen des Pflug&#x017F;trei-<lb/>
fens um &#x017F;eine Axe in einer &#x017F;chneckenfo&#x0364;rmigen Linie &#x017F;cheint das Smal&#x017F;che Streich-<lb/>
brett be&#x017F;&#x017F;er noch als das Bailey&#x017F;che zu verrichten. Und es paßt &#x017F;ich be&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
&#x017F;obald man u&#x0364;ber 8 Zoll rheinla&#x0364;ndi&#x017F;ch die Erde heraufbringen will. Bei einer min-<lb/>
dern Tiefe aber verrichtet das Bailey&#x017F;che die Arbeit wohl eben &#x017F;o gut. Und da der<lb/>
ganze Bailey&#x017F;che Pflug in &#x017F;einer Kon&#x017F;truktion mindere Genauigkeit erfordert, oder<lb/>
die Abweichungen &#x017F;einer Tendenz leichter zu verhu&#x0364;ten und zu verbe&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;ind, als<lb/>
am Smal&#x017F;chen Pfluge, &#x017F;o genu&#x0364;get uns jener in den mei&#x017F;ten Fa&#x0364;llen; um &#x017F;o mehr,<lb/>
da er leichter zu fu&#x0364;hren i&#x017F;t. Die Ver&#x017F;chiedenheit die&#x017F;er Formen la&#x0364;ßt &#x017F;ich nicht an-<lb/>
ders als durch den Augen&#x017F;chein ver&#x017F;innlichen. Das Smal&#x017F;che Streichbrett hat<lb/>
mehr Concavita&#x0364;t, hebt die Erde mehr in die Ho&#x0364;he, ehe es &#x017F;ie zur Seite &#x017F;treicht,<lb/>
giebt ihr aber dann einen &#x017F;chnellen Um&#x017F;chwung. Es i&#x017F;t ho&#x0364;her, aber ku&#x0364;rzer, und<lb/>
hat deshalb mindere Friktion. Jedoch kann in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf letztere der Unter&#x017F;chied<lb/>
nur bei tiefem Pflu&#x0364;gen merklich &#x017F;eyn. Beide erfu&#x0364;llen die Forderung, daß &#x017F;ie den<lb/>
Erd&#x017F;treifen, von der Spitze des Schaars an, ganz allma&#x0364;hlig und nach dem Ge-<lb/>
&#x017F;etze der &#x017F;chra&#x0364;gen Fla&#x0364;che ohne Unterbrechung, zugleich auf- und &#x017F;eitwa&#x0364;rts, heben,<lb/>
und &#x017F;o herum und zur Seite &#x017F;chaffen; dadurch aber die La&#x017F;t der Erde weit &#x017F;chneller<lb/>
von &#x017F;ich abwa&#x0364;lzen, als die geraden Streichbretter. Zum gewo&#x0364;hnlichen Gebrauch<lb/>
verdient der Bailey&#x017F;che Pflug den Namen des <hi rendition="#g">Be&#x017F;tmo&#x0364;glichen</hi>; obwohl der<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0045] Die Ackerwerkzeuge. der hintern Spitze des Streichbretts bedarf, um voͤllig, ſo weit er es thun ſoll, herumzufallen. In Anſehung der genauen Beſtimmung derjenigen Form des Streichbretts, welche jenen Umſchwung am beſten und leichteſten bewirkt, iſt man nicht ganz einig. Eine ſehr genaue mathematiſche Berechnung haben wir vom Praͤſidenten der amerikaniſchen Staaten Jeffersſon (Museum d’histoire naturelle, Nr. 4., p. 322), welche dem Streichbrette am Smalſchen Pfluͤge faſt voͤllig entſpricht. Eine andre aber hat Bailey in einer beſonderen Schrift gegeben, wodurch er die von ihm eingefuͤhrte als die vorzuͤglichere zu zeigen ſucht. Dieſe Abhandlung iſt von einer Meiſterhand uͤberſetzt, unter dem Titel: der beſtmoͤgliche Pflug, Berlin 1805, herausgekommen. Zwiſchen beiden aber, dem Smalſchen und dem Baileyſchen Pfluge, ſind die Meinungen der aufmerkſamern Ackerbauer nur noch getheilt. Das Heraufheben und das allmaͤhlige Herumſchwingen des Pflugſtrei- fens um ſeine Axe in einer ſchneckenfoͤrmigen Linie ſcheint das Smalſche Streich- brett beſſer noch als das Baileyſche zu verrichten. Und es paßt ſich beſſer, ſobald man uͤber 8 Zoll rheinlaͤndiſch die Erde heraufbringen will. Bei einer min- dern Tiefe aber verrichtet das Baileyſche die Arbeit wohl eben ſo gut. Und da der ganze Baileyſche Pflug in ſeiner Konſtruktion mindere Genauigkeit erfordert, oder die Abweichungen ſeiner Tendenz leichter zu verhuͤten und zu verbeſſern ſind, als am Smalſchen Pfluge, ſo genuͤget uns jener in den meiſten Faͤllen; um ſo mehr, da er leichter zu fuͤhren iſt. Die Verſchiedenheit dieſer Formen laͤßt ſich nicht an- ders als durch den Augenſchein verſinnlichen. Das Smalſche Streichbrett hat mehr Concavitaͤt, hebt die Erde mehr in die Hoͤhe, ehe es ſie zur Seite ſtreicht, giebt ihr aber dann einen ſchnellen Umſchwung. Es iſt hoͤher, aber kuͤrzer, und hat deshalb mindere Friktion. Jedoch kann in Ruͤckſicht auf letztere der Unterſchied nur bei tiefem Pfluͤgen merklich ſeyn. Beide erfuͤllen die Forderung, daß ſie den Erdſtreifen, von der Spitze des Schaars an, ganz allmaͤhlig und nach dem Ge- ſetze der ſchraͤgen Flaͤche ohne Unterbrechung, zugleich auf- und ſeitwaͤrts, heben, und ſo herum und zur Seite ſchaffen; dadurch aber die Laſt der Erde weit ſchneller von ſich abwaͤlzen, als die geraden Streichbretter. Zum gewoͤhnlichen Gebrauch verdient der Baileyſche Pflug den Namen des Beſtmoͤglichen; obwohl der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/45
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/45>, abgerufen am 20.04.2024.