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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Ackerwerkzeuge.
§. 113.

Das Streich-
brett.
Das Streichbrett, das Rüsterbrett, der Rüster, das Ohr, ist
derjenige Theil, welcher den eigentlichen Pflug charakterisirt und ihn von andern
Beackerungsinstrumenten unterscheidet. Dieser Theil soll den vom Messer und
Schaar abgeschnittenen Streifen aufnehmen, in einen Bogen herumwenden und
auf die Seite legen. Der größte Widerstand ruht also auf diesem Theile, und
ob er auf eine mehr oder minder leichte Weise überwunden werde, hängt von der
mehr oder minder zweckmäßigen Konstruktion des Streichbrettes ab. Gewöhnlich
wird dieser Theil aus einem dünnen Brette verfertigt, welches an der Kante der
Grießsäule angenagelt ist, und hinten am Pflughaupte und Sterz durch eine oder
zwei Schienen in der gehörigen Distanz befestigt ist. Ein solches Brett drängt
dann mit seiner schrägen seitwärts gekehrten Fläche die Erde nach der rechten Seite.
Allein es wendet sie nicht vollständig um, wenigstens nicht anders, als wenn der
Pflugstreifen noch einen ziemlich festen Zusammenhang in sich selbst und mit dem
Lande hat. Um dieses Umwenden bewirken zu können, muß der hintere Abstand
des Streichbrettes um die Hälfte stärker seyn, als die Breite des abgeschnittenen
Pflugstreifens. Es muß also mit der linken Seite entweder einen stumpfern Win-
kel bilden, oder es muß sehr lang seyn. In beiden Fällen fällt die Last der Erde,
die es wegzuschieben hat, und die Friktion sehr schwer, indem die ganze Masse
der Erde auf dem Streichbrette ruht, bis sie das Ende desselben passirt hat.
Diese auf dem Streichbrette ruhende Erdmasse und die Abstreifung derselben ist
vorzüglich das, was den Gang des Pfluges erschwert.

Ist ein Streichbrett aber so konstruirt, daß es diese Masse von Erde früher
von sich abwälzt, so wird dadurch die Last um vieles erleichtert. Und hierin be-
steht der große Vorzug der gebogenen Streichbretter vor den graden, insbesondere
wenn sie sich, wie oben gesagt, zu einer ununterbrochenen ebenen Fläche mit dem
Schaare verbinden. Der Pflugstreifen wird hier, so wie er das Schaar und
Streichbrett passirt, in die Höhe gehoben, und er wird um seine eigene Axe her-
umgedreht, so daß er, wenn diese Bewegung etwa nur bis zur Hälfte vollendet
ist, kaum weiter auf dem Pfluge ruhet, sondern schon mit seinem Schwerpunkte
sich nach der andern Seite hinüberneigt, und nur noch eines geringen Austoßes von

Die Ackerwerkzeuge.
§. 113.

Das Streich-
brett.
Das Streichbrett, das Ruͤſterbrett, der Ruͤſter, das Ohr, iſt
derjenige Theil, welcher den eigentlichen Pflug charakteriſirt und ihn von andern
Beackerungsinſtrumenten unterſcheidet. Dieſer Theil ſoll den vom Meſſer und
Schaar abgeſchnittenen Streifen aufnehmen, in einen Bogen herumwenden und
auf die Seite legen. Der groͤßte Widerſtand ruht alſo auf dieſem Theile, und
ob er auf eine mehr oder minder leichte Weiſe uͤberwunden werde, haͤngt von der
mehr oder minder zweckmaͤßigen Konſtruktion des Streichbrettes ab. Gewoͤhnlich
wird dieſer Theil aus einem duͤnnen Brette verfertigt, welches an der Kante der
Grießſaͤule angenagelt iſt, und hinten am Pflughaupte und Sterz durch eine oder
zwei Schienen in der gehoͤrigen Diſtanz befeſtigt iſt. Ein ſolches Brett draͤngt
dann mit ſeiner ſchraͤgen ſeitwaͤrts gekehrten Flaͤche die Erde nach der rechten Seite.
Allein es wendet ſie nicht vollſtaͤndig um, wenigſtens nicht anders, als wenn der
Pflugſtreifen noch einen ziemlich feſten Zuſammenhang in ſich ſelbſt und mit dem
Lande hat. Um dieſes Umwenden bewirken zu koͤnnen, muß der hintere Abſtand
des Streichbrettes um die Haͤlfte ſtaͤrker ſeyn, als die Breite des abgeſchnittenen
Pflugſtreifens. Es muß alſo mit der linken Seite entweder einen ſtumpfern Win-
kel bilden, oder es muß ſehr lang ſeyn. In beiden Faͤllen faͤllt die Laſt der Erde,
die es wegzuſchieben hat, und die Friktion ſehr ſchwer, indem die ganze Maſſe
der Erde auf dem Streichbrette ruht, bis ſie das Ende deſſelben paſſirt hat.
Dieſe auf dem Streichbrette ruhende Erdmaſſe und die Abſtreifung derſelben iſt
vorzuͤglich das, was den Gang des Pfluges erſchwert.

Iſt ein Streichbrett aber ſo konſtruirt, daß es dieſe Maſſe von Erde fruͤher
von ſich abwaͤlzt, ſo wird dadurch die Laſt um vieles erleichtert. Und hierin be-
ſteht der große Vorzug der gebogenen Streichbretter vor den graden, insbeſondere
wenn ſie ſich, wie oben geſagt, zu einer ununterbrochenen ebenen Flaͤche mit dem
Schaare verbinden. Der Pflugſtreifen wird hier, ſo wie er das Schaar und
Streichbrett paſſirt, in die Hoͤhe gehoben, und er wird um ſeine eigene Axe her-
umgedreht, ſo daß er, wenn dieſe Bewegung etwa nur bis zur Haͤlfte vollendet
iſt, kaum weiter auf dem Pfluge ruhet, ſondern ſchon mit ſeinem Schwerpunkte
ſich nach der andern Seite hinuͤberneigt, und nur noch eines geringen Auſtoßes von

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[22/0044] Die Ackerwerkzeuge. §. 113. Das Streichbrett, das Ruͤſterbrett, der Ruͤſter, das Ohr, iſt derjenige Theil, welcher den eigentlichen Pflug charakteriſirt und ihn von andern Beackerungsinſtrumenten unterſcheidet. Dieſer Theil ſoll den vom Meſſer und Schaar abgeſchnittenen Streifen aufnehmen, in einen Bogen herumwenden und auf die Seite legen. Der groͤßte Widerſtand ruht alſo auf dieſem Theile, und ob er auf eine mehr oder minder leichte Weiſe uͤberwunden werde, haͤngt von der mehr oder minder zweckmaͤßigen Konſtruktion des Streichbrettes ab. Gewoͤhnlich wird dieſer Theil aus einem duͤnnen Brette verfertigt, welches an der Kante der Grießſaͤule angenagelt iſt, und hinten am Pflughaupte und Sterz durch eine oder zwei Schienen in der gehoͤrigen Diſtanz befeſtigt iſt. Ein ſolches Brett draͤngt dann mit ſeiner ſchraͤgen ſeitwaͤrts gekehrten Flaͤche die Erde nach der rechten Seite. Allein es wendet ſie nicht vollſtaͤndig um, wenigſtens nicht anders, als wenn der Pflugſtreifen noch einen ziemlich feſten Zuſammenhang in ſich ſelbſt und mit dem Lande hat. Um dieſes Umwenden bewirken zu koͤnnen, muß der hintere Abſtand des Streichbrettes um die Haͤlfte ſtaͤrker ſeyn, als die Breite des abgeſchnittenen Pflugſtreifens. Es muß alſo mit der linken Seite entweder einen ſtumpfern Win- kel bilden, oder es muß ſehr lang ſeyn. In beiden Faͤllen faͤllt die Laſt der Erde, die es wegzuſchieben hat, und die Friktion ſehr ſchwer, indem die ganze Maſſe der Erde auf dem Streichbrette ruht, bis ſie das Ende deſſelben paſſirt hat. Dieſe auf dem Streichbrette ruhende Erdmaſſe und die Abſtreifung derſelben iſt vorzuͤglich das, was den Gang des Pfluges erſchwert. Das Streich- brett. Iſt ein Streichbrett aber ſo konſtruirt, daß es dieſe Maſſe von Erde fruͤher von ſich abwaͤlzt, ſo wird dadurch die Laſt um vieles erleichtert. Und hierin be- ſteht der große Vorzug der gebogenen Streichbretter vor den graden, insbeſondere wenn ſie ſich, wie oben geſagt, zu einer ununterbrochenen ebenen Flaͤche mit dem Schaare verbinden. Der Pflugſtreifen wird hier, ſo wie er das Schaar und Streichbrett paſſirt, in die Hoͤhe gehoben, und er wird um ſeine eigene Axe her- umgedreht, ſo daß er, wenn dieſe Bewegung etwa nur bis zur Haͤlfte vollendet iſt, kaum weiter auf dem Pfluge ruhet, ſondern ſchon mit ſeinem Schwerpunkte ſich nach der andern Seite hinuͤberneigt, und nur noch eines geringen Auſtoßes von

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/44>, abgerufen am 19.04.2024.