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Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913.

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geweide werden nicht benutzt. Außer den genannten Speisen ge-
nießt der Beduine gern Honig, Hülsenfrüchte, die in Öl gekocht
werden, und Obst, besonders Datteln. Die Frucht der Dattelpalme
hat für den Beduinen wie für jeden Wüstenbewohner eine größere
Bedeutung als jedes andere Nahrungsmittel. In Hungerjahren ist
er oft monatelang ausschließlich auf Datteln angewiesen, und der
Beduine genießt außer dieser Frucht oft nur noch die Milch des
Kamels. Dieselbe große Bedeutung, die das Kamel unter den
Tieren der Wüste hat, besitzt die Dattelpalme unter den Pflanzen
derselben. Als Volksnahrung hat die Dattel denselben Wert, der
bei uns der Kartoffel zukommt; und nach einem arabischen Sprich-
wort versteht eine gute Hausfrau einen ganzen Monat hindurch
täglich ein neues Dattelgericht herzustellen. Die Art der Araber
zu essen, erinnert an die Gewohnheit der Türken. Sie haben
keinen Tisch, sondern ein Tuch von Leder, das auf der Erde aus-
gebreitet wird und an dem sie essen. Das Tuch ist am Rande
mit Ringen besetzt, durch welche ein Strick geht, sodaß es wie
ein Sack zusammengeschnürt werden kann, in dem die Überbleibsel
der Mahlzeit aufbewahrt werden. Messer und Gabel kennt man
nicht; der Beduine nimmt die Speisen mit den Fingern, die er vor
und nach der Mahlzeit reinigt. Während des Essens zu trinken,
ist nicht gebräuchlich. Das gewöhnliche Getränk ist Wasser; Wein
ist den Beduinen durch die Satzungen des Koran verboten, doch
bereitet man aus Rosinen, die mit Wasser übergossen werden und in
einem Topf unter der Erde gären müssen, ein weinartiges Getränk.
Sehr beliebt ist der Kaffee, und die Beduinen können ohne den-
selben, wie ohne Tabak, dessen sich auch das weibliche Geschlecht
ebenso wie das männliche bedient, nicht leben.

Die Wohnung des Beduinen ist das Zelt. Es ist aus groben
Zeugen hergestellt, die die Weiber aus Ziegen- oder Kamelhaaren
gewebt haben. Das Zelttuch ist über mehrere Stangen gespannt
und nicht ganz 2 Meter hoch. Durch einen Vorhang ist der Innen-
raum in zwei Teile abgesondert, von denen der eine für die
männlichen, der andere für die weiblichen Glieder der Familie be-
stimmt ist. Führen auch die Araber im allgemeinen und die
Beduinen im besondern kein Haremsleben, so waltet die Absonde-
rung der Geschlechter doch auch hier. Die Zelte bilden ein Lager
von runder Gestalt, in seiner Mitte steht das Zelt des Emirs und
neben diesem das Herbergszelt, in dem die Angelegenheiten mit

geweide werden nicht benutzt. Außer den genannten Speisen ge-
nießt der Beduine gern Honig, Hülsenfrüchte, die in Öl gekocht
werden, und Obst, besonders Datteln. Die Frucht der Dattelpalme
hat für den Beduinen wie für jeden Wüstenbewohner eine größere
Bedeutung als jedes andere Nahrungsmittel. In Hungerjahren ist
er oft monatelang ausschließlich auf Datteln angewiesen, und der
Beduine genießt außer dieser Frucht oft nur noch die Milch des
Kamels. Dieselbe große Bedeutung, die das Kamel unter den
Tieren der Wüste hat, besitzt die Dattelpalme unter den Pflanzen
derselben. Als Volksnahrung hat die Dattel denselben Wert, der
bei uns der Kartoffel zukommt; und nach einem arabischen Sprich-
wort versteht eine gute Hausfrau einen ganzen Monat hindurch
täglich ein neues Dattelgericht herzustellen. Die Art der Araber
zu essen, erinnert an die Gewohnheit der Türken. Sie haben
keinen Tisch, sondern ein Tuch von Leder, das auf der Erde aus-
gebreitet wird und an dem sie essen. Das Tuch ist am Rande
mit Ringen besetzt, durch welche ein Strick geht, sodaß es wie
ein Sack zusammengeschnürt werden kann, in dem die Überbleibsel
der Mahlzeit aufbewahrt werden. Messer und Gabel kennt man
nicht; der Beduine nimmt die Speisen mit den Fingern, die er vor
und nach der Mahlzeit reinigt. Während des Essens zu trinken,
ist nicht gebräuchlich. Das gewöhnliche Getränk ist Wasser; Wein
ist den Beduinen durch die Satzungen des Koran verboten, doch
bereitet man aus Rosinen, die mit Wasser übergossen werden und in
einem Topf unter der Erde gären müssen, ein weinartiges Getränk.
Sehr beliebt ist der Kaffee, und die Beduinen können ohne den-
selben, wie ohne Tabak, dessen sich auch das weibliche Geschlecht
ebenso wie das männliche bedient, nicht leben.

Die Wohnung des Beduinen ist das Zelt. Es ist aus groben
Zeugen hergestellt, die die Weiber aus Ziegen- oder Kamelhaaren
gewebt haben. Das Zelttuch ist über mehrere Stangen gespannt
und nicht ganz 2 Meter hoch. Durch einen Vorhang ist der Innen-
raum in zwei Teile abgesondert, von denen der eine für die
männlichen, der andere für die weiblichen Glieder der Familie be-
stimmt ist. Führen auch die Araber im allgemeinen und die
Beduinen im besondern kein Haremsleben, so waltet die Absonde-
rung der Geschlechter doch auch hier. Die Zelte bilden ein Lager
von runder Gestalt, in seiner Mitte steht das Zelt des Emirs und
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Zitationshilfe: Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913, S. — 31 —. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tewes_menschenrassen_1913/35>, abgerufen am 28.03.2024.