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Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913.

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nicht gegessen. Dafür aber sind Fische, Krusten- und Weichtiere,
an denen das japanische Meer so reich ist, Volksnahrung. Die
Japaner gleichen den Chinesen darin, daß sie mit Stäbchen essen.
Das beliebteste Getränk ist wie in China der Tee. Seine Kultur
ist in Japan sehr alt; er wird längs der Ackerfelder und Land-
straßen in entsprechenden Breiten angebaut und gedeiht ganz vor-
trefflich. Man trinkt ihn nicht bloß in der Familie, sondern auch
in öffentlichen Häusern, sogenannten Teehäusern, wo er von jungen
Mädchen, Geeschas, verabreicht wird. Als Genußmittel ist der Tabak
allgemein verbreitet. Er wurde von Jesuiten, die als Missionare
in Japan wirkten, eingeführt und wird jetzt in mehreren Sorten
kultiviert und von Männern sowohl wie Frauen in kleinen Pfeifen
geraucht. Vom gemeinen Volke wird der Saki, eine Art Reisbrannt-
wein, in ziemlicher Menge genossen, gewöhnlich aber nur des Abends,
weil Trunkenheit am Tage unauslöschliche Schande bringt.

Die Häuser in Japan sind niedrig und bestehen der häufigen
Erdbeben wegen nach ausdrücklichem Gesetz aus höchstens zwei Ge-
schossen; sie sind leicht, die steinernen Grundmauern ausgenommen,
aus Holz aufgebaut. Das Dach springt zum Schutz gegen Sonne
und Regen weit vor und ist mit Stroh, Schindeln oder Ziegeln
gedeckt. Zwischen der äußern und inneren Trägerreihe desselben
bleibt ein Raum frei, der als Veranda dient. Die Häuser haben
weder Keller noch Schornstein; der Rauch muß durch Türen, Fenster
und die Ritzen der Wände nach außen entweichen. Die Fenster
gleichen Schiebetüren, deren Gitterwerk mit geöltem Bastpapier
überzogen ist. Man schützt sie durch Läden, die bei schöner
Witterung herausgenommen werden. Die Größe der Zimmer richtet
sich nach den Binsenmatten, mit denen man die Fußböden belegt
und die durchgehends zirka 2 Meter lang und 1 Meter breit sind. Die Innen-
wände sind verschiebbar, bestehen entweder aus Holz oder häufiger
noch aus Pappe und sind in den Häusern der Vornehmen mit Tapeten
überzogen. Öfen oder Kamine gibt es nicht, und die Wohnungen
sind im Winter kalt und zugig. Man stellt wohl kupferne Gefäße,
die mit glühenden Kohlen angefüllt sind, in die Zimmer, aber der
Aufenthalt darin würde trotzdem für einen an die modernen Heiz-
vorrichtungen gewöhnten Nordeuropäer unbehaglich bleiben. Die
Wohnungen erscheinen mehr für den Sommer als für den Winter
berechnet und entbehren außerdem aller derjenigen Einrichtungen,
die bei uns auf Bequemlichkeit der Bewohner abzielen. Der

nicht gegessen. Dafür aber sind Fische, Krusten- und Weichtiere,
an denen das japanische Meer so reich ist, Volksnahrung. Die
Japaner gleichen den Chinesen darin, daß sie mit Stäbchen essen.
Das beliebteste Getränk ist wie in China der Tee. Seine Kultur
ist in Japan sehr alt; er wird längs der Ackerfelder und Land-
straßen in entsprechenden Breiten angebaut und gedeiht ganz vor-
trefflich. Man trinkt ihn nicht bloß in der Familie, sondern auch
in öffentlichen Häusern, sogenannten Teehäusern, wo er von jungen
Mädchen, Geeschas, verabreicht wird. Als Genußmittel ist der Tabak
allgemein verbreitet. Er wurde von Jesuiten, die als Missionare
in Japan wirkten, eingeführt und wird jetzt in mehreren Sorten
kultiviert und von Männern sowohl wie Frauen in kleinen Pfeifen
geraucht. Vom gemeinen Volke wird der Saki, eine Art Reisbrannt-
wein, in ziemlicher Menge genossen, gewöhnlich aber nur des Abends,
weil Trunkenheit am Tage unauslöschliche Schande bringt.

Die Häuser in Japan sind niedrig und bestehen der häufigen
Erdbeben wegen nach ausdrücklichem Gesetz aus höchstens zwei Ge-
schossen; sie sind leicht, die steinernen Grundmauern ausgenommen,
aus Holz aufgebaut. Das Dach springt zum Schutz gegen Sonne
und Regen weit vor und ist mit Stroh, Schindeln oder Ziegeln
gedeckt. Zwischen der äußern und inneren Trägerreihe desselben
bleibt ein Raum frei, der als Veranda dient. Die Häuser haben
weder Keller noch Schornstein; der Rauch muß durch Türen, Fenster
und die Ritzen der Wände nach außen entweichen. Die Fenster
gleichen Schiebetüren, deren Gitterwerk mit geöltem Bastpapier
überzogen ist. Man schützt sie durch Läden, die bei schöner
Witterung herausgenommen werden. Die Größe der Zimmer richtet
sich nach den Binsenmatten, mit denen man die Fußböden belegt
und die durchgehends zirka 2 Meter lang und 1 Meter breit sind. Die Innen-
wände sind verschiebbar, bestehen entweder aus Holz oder häufiger
noch aus Pappe und sind in den Häusern der Vornehmen mit Tapeten
überzogen. Öfen oder Kamine gibt es nicht, und die Wohnungen
sind im Winter kalt und zugig. Man stellt wohl kupferne Gefäße,
die mit glühenden Kohlen angefüllt sind, in die Zimmer, aber der
Aufenthalt darin würde trotzdem für einen an die modernen Heiz-
vorrichtungen gewöhnten Nordeuropäer unbehaglich bleiben. Die
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berechnet und entbehren außerdem aller derjenigen Einrichtungen,
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Zitationshilfe: Tewes, Hermann: Menschenrassen und Völkertypen. Bd. 2. 2. Aufl. Leipzig, 1913, S. — 21 —. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tewes_menschenrassen_1913/25>, abgerufen am 29.03.2024.