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Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776.

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Vom Himmel.
auch mit einigen, wenn sie noch Kinder waren,
und hernach mit eben denselben, wenn sie Jüng-
linge geworden, zu reden; und da habe ich von
ihnen ihren Lauf des Lebens von einem Alter zum
andern vernommen.

341. Daß die Unschuld die Aufnehmerin al-
ler Dinge des Himmels, und daß also die Un-
schuld der Kinder die Grundlage von allen Nei-
gungen zum Guten und Wahren sey, das kann
aus dem offenbar seyn, was ich kurz vorher Num.
276-283 von der Unschuld der Engel im Him-
mel gezeigt habe, daß nämlich dieses die Unschuld
sey, sich vom Herrn, aber nicht von sich selber
sühren lassen wollen; daß folglich der Mensch
nur in so viel in der Unschuld sey, in so viel er
von seiner Eigenheit entfernt ist; und in so viel
einer von seiner Eigenheit entfernt ist, in so viel
befindet er sich in dem Eigenen des Herrn; das
Eigene des Herrn ist das, was man die Gerech-
tigkeit und das Verdienst des Herrn nennet.
Allein die Unschuld der Kinder ist keine ächte Un-
schuld, weil sie noch ohne Weisheit ist; die ächte
oder wahre Unschuld ist die Weisheit, denn in so
viel einer weise ist, in so viel will er gerne vom
Herrn geführet seyn, oder welches einerley ist,
in so viel er vom Herrn geführet wird, in so viel
ist er weise. Die Kinder werden demnach von der
äussern Unschuld, in der sie anfangs sind, und die
man die Kindheits Unschuld nennet, zu der in-
nern Unschuld gebracht, welches die Weisheits

Unschuld

Vom Himmel.
auch mit einigen, wenn ſie noch Kinder waren,
und hernach mit eben denſelben, wenn ſie Juͤng-
linge geworden, zu reden; und da habe ich von
ihnen ihren Lauf des Lebens von einem Alter zum
andern vernommen.

341. Daß die Unſchuld die Aufnehmerin al-
ler Dinge des Himmels, und daß alſo die Un-
ſchuld der Kinder die Grundlage von allen Nei-
gungen zum Guten und Wahren ſey, das kann
aus dem offenbar ſeyn, was ich kurz vorher Num.
276-283 von der Unſchuld der Engel im Him-
mel gezeigt habe, daß naͤmlich dieſes die Unſchuld
ſey, ſich vom Herrn, aber nicht von ſich ſelber
ſuͤhren laſſen wollen; daß folglich der Menſch
nur in ſo viel in der Unſchuld ſey, in ſo viel er
von ſeiner Eigenheit entfernt iſt; und in ſo viel
einer von ſeiner Eigenheit entfernt iſt, in ſo viel
befindet er ſich in dem Eigenen des Herrn; das
Eigene des Herrn iſt das, was man die Gerech-
tigkeit und das Verdienſt des Herrn nennet.
Allein die Unſchuld der Kinder iſt keine aͤchte Un-
ſchuld, weil ſie noch ohne Weisheit iſt; die aͤchte
oder wahre Unſchuld iſt die Weisheit, denn in ſo
viel einer weiſe iſt, in ſo viel will er gerne vom
Herrn gefuͤhret ſeyn, oder welches einerley iſt,
in ſo viel er vom Herrn gefuͤhret wird, in ſo viel
iſt er weiſe. Die Kinder werden demnach von der
aͤuſſern Unſchuld, in der ſie anfangs ſind, und die
man die Kindheits Unſchuld nennet, zu der in-
nern Unſchuld gebracht, welches die Weisheits

Unſchuld
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[44/0043] Vom Himmel. auch mit einigen, wenn ſie noch Kinder waren, und hernach mit eben denſelben, wenn ſie Juͤng- linge geworden, zu reden; und da habe ich von ihnen ihren Lauf des Lebens von einem Alter zum andern vernommen. 341. Daß die Unſchuld die Aufnehmerin al- ler Dinge des Himmels, und daß alſo die Un- ſchuld der Kinder die Grundlage von allen Nei- gungen zum Guten und Wahren ſey, das kann aus dem offenbar ſeyn, was ich kurz vorher Num. 276-283 von der Unſchuld der Engel im Him- mel gezeigt habe, daß naͤmlich dieſes die Unſchuld ſey, ſich vom Herrn, aber nicht von ſich ſelber ſuͤhren laſſen wollen; daß folglich der Menſch nur in ſo viel in der Unſchuld ſey, in ſo viel er von ſeiner Eigenheit entfernt iſt; und in ſo viel einer von ſeiner Eigenheit entfernt iſt, in ſo viel befindet er ſich in dem Eigenen des Herrn; das Eigene des Herrn iſt das, was man die Gerech- tigkeit und das Verdienſt des Herrn nennet. Allein die Unſchuld der Kinder iſt keine aͤchte Un- ſchuld, weil ſie noch ohne Weisheit iſt; die aͤchte oder wahre Unſchuld iſt die Weisheit, denn in ſo viel einer weiſe iſt, in ſo viel will er gerne vom Herrn gefuͤhret ſeyn, oder welches einerley iſt, in ſo viel er vom Herrn gefuͤhret wird, in ſo viel iſt er weiſe. Die Kinder werden demnach von der aͤuſſern Unſchuld, in der ſie anfangs ſind, und die man die Kindheits Unſchuld nennet, zu der in- nern Unſchuld gebracht, welches die Weisheits Unſchuld

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Zitationshilfe: Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften02_1776/43>, abgerufen am 19.04.2024.