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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

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Geistliche Oden.
Verrätherey, ein falsch Gerücht,
Verleugnung, Speichel, Spott und Schande,
Manch Zeugniß, das sich widerspricht,
Ein unrecht Urtheil, schwere Bande
Hat der Gerechte auszustehn;
Kommt, Sünder! wollt ihr solches sehn?
Gut! folget! Petrus wird euch führen,
Doch, wenn euch was erbärmlich scheint,
So laßt, wenn dieser Jünger weint,
Auch euch, wie ihn, das Herze rühren.
Wie ist mir? was stöhrt meinen Sinn?
Hör ich nicht ein Geräusch der Waffen?
Jhr Schaaren, halt! wo wollt ihr hin?
Was ists? was habet ihr zu schaffen?
Wen suchet eure List so spät?
Sprecht; wie? JEsum von Nazareth?
Er sagt: Jch bins! Jhr weicht? ihr fallet?
Jst eure Macht so schlecht bestellt,
Daß sie mit euch zu Boden fällt,
Wenn nur sein Wort: Jch bins! erschallet?
Entäussre Dich der Niedrigkeit,
Du Menschen-Sohn! willst Du Dich rächen,
So darfst Du in dem größsten Streit
Ein Wort, ein einzig Machtwort sprechen:
HERR! fahre mit dem Donner drein!
Vertilge sie! verdirb - - Doch nein,
Es muß die Schrift erfüllet werden;
Die höchste Weisheit hat versehn,
Daß dieses also soll geschehn,
Und daß Du leiden mußt auf Erden.
Den,
F 3
Geiſtliche Oden.
Verraͤtherey, ein falſch Geruͤcht,
Verleugnung, Speichel, Spott und Schande,
Manch Zeugniß, das ſich widerſpricht,
Ein unrecht Urtheil, ſchwere Bande
Hat der Gerechte auszuſtehn;
Kommt, Suͤnder! wollt ihr ſolches ſehn?
Gut! folget! Petrus wird euch fuͤhren,
Doch, wenn euch was erbaͤrmlich ſcheint,
So laßt, wenn dieſer Juͤnger weint,
Auch euch, wie ihn, das Herze ruͤhren.
Wie iſt mir? was ſtoͤhrt meinen Sinn?
Hoͤr ich nicht ein Geraͤuſch der Waffen?
Jhr Schaaren, halt! wo wollt ihr hin?
Was iſts? was habet ihr zu ſchaffen?
Wen ſuchet eure Liſt ſo ſpaͤt?
Sprecht; wie? JEſum von Nazareth?
Er ſagt: Jch bins! Jhr weicht? ihr fallet?
Jſt eure Macht ſo ſchlecht beſtellt,
Daß ſie mit euch zu Boden faͤllt,
Wenn nur ſein Wort: Jch bins! erſchallet?
Entaͤuſſre Dich der Niedrigkeit,
Du Menſchen-Sohn! willſt Du Dich raͤchen,
So darfſt Du in dem groͤßſten Streit
Ein Wort, ein einzig Machtwort ſprechen:
HERR! fahre mit dem Donner drein!
Vertilge ſie! verdirb ‒ ‒ Doch nein,
Es muß die Schrift erfuͤllet werden;
Die hoͤchſte Weisheit hat verſehn,
Daß dieſes alſo ſoll geſchehn,
Und daß Du leiden mußt auf Erden.
Den,
F 3
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[85/0105] Geiſtliche Oden. Verraͤtherey, ein falſch Geruͤcht, Verleugnung, Speichel, Spott und Schande, Manch Zeugniß, das ſich widerſpricht, Ein unrecht Urtheil, ſchwere Bande Hat der Gerechte auszuſtehn; Kommt, Suͤnder! wollt ihr ſolches ſehn? Gut! folget! Petrus wird euch fuͤhren, Doch, wenn euch was erbaͤrmlich ſcheint, So laßt, wenn dieſer Juͤnger weint, Auch euch, wie ihn, das Herze ruͤhren. Wie iſt mir? was ſtoͤhrt meinen Sinn? Hoͤr ich nicht ein Geraͤuſch der Waffen? Jhr Schaaren, halt! wo wollt ihr hin? Was iſts? was habet ihr zu ſchaffen? Wen ſuchet eure Liſt ſo ſpaͤt? Sprecht; wie? JEſum von Nazareth? Er ſagt: Jch bins! Jhr weicht? ihr fallet? Jſt eure Macht ſo ſchlecht beſtellt, Daß ſie mit euch zu Boden faͤllt, Wenn nur ſein Wort: Jch bins! erſchallet? Entaͤuſſre Dich der Niedrigkeit, Du Menſchen-Sohn! willſt Du Dich raͤchen, So darfſt Du in dem groͤßſten Streit Ein Wort, ein einzig Machtwort ſprechen: HERR! fahre mit dem Donner drein! Vertilge ſie! verdirb ‒ ‒ Doch nein, Es muß die Schrift erfuͤllet werden; Die hoͤchſte Weisheit hat verſehn, Daß dieſes alſo ſoll geſchehn, Und daß Du leiden mußt auf Erden. Den, F 3

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Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/105>, abgerufen am 28.03.2024.