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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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Kal Käm
glänzende Kleid der Natur, sondern eine künstliche
Schminke sind.

Ein kaltes Colorit benihmt dem Gemählde von
der besten Erfindung und Zeichnung sehr viel von
seinem Werthe, wie man an den Gemählden des
Poußin sehen kann. Je mehr der Mahler in Mi-
schung und Zusammensetzung seiner Farben künstelt,
und sie, wie die französischen Kunstrichter es wol
ausdrüken, auf der Palette martert, je mehr läuft
er Gefahr ein kaltes Colorit zu bekommen. Jm
Gegentheil also vermeidet man das Kalte, wenn
man viel ganze Farben braucht; wenn man sie voll
und stark aufträgt, und wenig darein arbeitet.
Nur gehört alsdenn eine große Kenntnis und Fer-
tigkeit dazu, nicht hart oder bunt zu werden. Die
meisten Mahler würden ins bunte fallen, wenn sie
das Warme und äußerst schöne Colorit eines Cor-
regio
nachahmen wollten. S. Warm.

Es giebt eine Art zu mahlen, nach welcher die
Gemählde durch das Alter die Wärme verlieren,
welches man Absterben nennt; die also mit der
Zeit kalt werden. Dieses geschieht, wenn der Mah-
ler seine Farben nicht kennt, und solche untereinan-
der mischt, oder übereinander trägt, die sich nach
und nach zerstören; oder wenn er die feinen Far-
ben, die allmählig verfliegen, zu dünne aufträgt.
Die Gemählde sterben allemal am wenigsten ab,
die auf einmal gemacht, und wo eben deswegen
die Farben fett aufgetragen, und wenig in einander
getrieben werden. Jnsgemein zieht sich bald der
größte Theil des Oeles auf die Oberfläche, wo es
in eine zähe Haut verwandelt wird, die eine Art
von Firnis abgiebt, der die darunter liegenden Far-
ben vor Veränderung bewahret.

Kämpfer.
(Baukunst.)

Bedeutet ursprünglich einen an einer Mauer her-
ausstehenden Stein, oder andren Körper, auf
den etwas kann gesetzt werden. Ehedem nannte
man dieses, wie noch itzt an einigen Orten
in Oberdeutschland, einen Käpfer. Gegen-
wärtig drükt das Wort Kämpfer vornehmlich
ein kleines Gesims aus, dem man auch bisweilen
den französischen Namen Jmposte giebt, das als
der Knauff der Nebenpfeiler bey Bogenstellun-
gen anzusehen ist, auf dem die Bogen ruhen,
und ihre Wiederlage haben. Man sehe die Figur
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Käm Kar
im Artikel Bogenstellung, (*) wo die Bogen an
beyden Enden auf den Kämpfern stehen.

Die Kämpfer müssen nothwendig überall ange-
bracht werden, wo Oefnungen, wie Thüren und
Fenster, oben in volle Bogen abgerundet sind,
weil dadurch der Bogen selbst von den Pfeilern oder
Gewänden, auf denen er steht, abgesondert
wird, und sein Fundament, oder seine Wiederlage
bekommt. Wird er weggelassen, so bekommen die
im vollen Bogen gewölbten Oefnungen ein sehr
mageres und kahles Ansehen, wie jedes geübtes
Aug fühlen wird, wann es z. B. in Berlin die Fen-
ster an dem Pallast des Prinzen Heinrichs, oder an
dem Gebäude der Königl. Academie der Wissenschaf-
ten, betrachtet.

Die Kämpfer werden verschiedentlich, aus mehr
oder weniger Gliedern zusammengesetzt, nachdem
es die Ordnung, oder der Geschmak, der in dem
Gebäude herrscht, erfodert. Jn den einfachesten
Gebänden, sind es bloße Bänder, in zierlichen aber,
müssen sie schon aus verschiedenen Gliedern beste-
hen. Um hierin nichts unschikliches zu thun, darf
der Baumeister nur dieses zum Grundsatz anneh-
men, daß der Kämpfer, als ein Knauf des Neben-
pfeilers anzusehen sey. Daraus kann er leichte,
nach Maaßgebung der Verhältnisse, die in jeder
Ordnung statt haben, seine Größe und Beschaffen-
heit bestimmen. Dieses wird ihn auch abhalten,
die Kämpfer als Bandgesimse zwischen den Wand-
pfeilern durchzuführen, wie viele Baumeister thun,
oder gar ihn, als ein Gebälke mit Sparrenköpfen
und Zahnschnitten zu verzieren, wie an dem Triumpf-
bogen des Constantinus mit höchster Beleidigung
des guten Geschmaks geschehen ist.

Wo keine Wandpfeiler sind, und wo überhaupt
das Gebäude, oder daß Geschoß, nach ganz einfa-
cher Art gebaut ist; da geht es noch an, daß die
Kämpfer an der Mauer zwischen den Oefnungen,
als Bandgesimse durchgeführt werden, wie an dem
Berlinischen Zeughaus geschehen ist.

Karnies.
(Baukunst.)

Dieses Wort, das aus dem Lateinischen (*) her-
stammt, bedeutet eigentlich ein kleines Gesims. Es
wird aber durchgehends von Tischern, und auch
bisweilen von Baumeistern nur von einem Gliede,
das insgemein, zu oberst an den Gesimsen ist,

und
(*) 1 Th.
S. 80.
(*) Co-
ronix
ft.
Corniche.
C c c c 2

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Kal Kaͤm
glaͤnzende Kleid der Natur, ſondern eine kuͤnſtliche
Schminke ſind.

Ein kaltes Colorit benihmt dem Gemaͤhlde von
der beſten Erfindung und Zeichnung ſehr viel von
ſeinem Werthe, wie man an den Gemaͤhlden des
Poußin ſehen kann. Je mehr der Mahler in Mi-
ſchung und Zuſammenſetzung ſeiner Farben kuͤnſtelt,
und ſie, wie die franzoͤſiſchen Kunſtrichter es wol
ausdruͤken, auf der Palette martert, je mehr laͤuft
er Gefahr ein kaltes Colorit zu bekommen. Jm
Gegentheil alſo vermeidet man das Kalte, wenn
man viel ganze Farben braucht; wenn man ſie voll
und ſtark auftraͤgt, und wenig darein arbeitet.
Nur gehoͤrt alsdenn eine große Kenntnis und Fer-
tigkeit dazu, nicht hart oder bunt zu werden. Die
meiſten Mahler wuͤrden ins bunte fallen, wenn ſie
das Warme und aͤußerſt ſchoͤne Colorit eines Cor-
regio
nachahmen wollten. S. Warm.

Es giebt eine Art zu mahlen, nach welcher die
Gemaͤhlde durch das Alter die Waͤrme verlieren,
welches man Abſterben nennt; die alſo mit der
Zeit kalt werden. Dieſes geſchieht, wenn der Mah-
ler ſeine Farben nicht kennt, und ſolche untereinan-
der miſcht, oder uͤbereinander traͤgt, die ſich nach
und nach zerſtoͤren; oder wenn er die feinen Far-
ben, die allmaͤhlig verfliegen, zu duͤnne auftraͤgt.
Die Gemaͤhlde ſterben allemal am wenigſten ab,
die auf einmal gemacht, und wo eben deswegen
die Farben fett aufgetragen, und wenig in einander
getrieben werden. Jnsgemein zieht ſich bald der
groͤßte Theil des Oeles auf die Oberflaͤche, wo es
in eine zaͤhe Haut verwandelt wird, die eine Art
von Firnis abgiebt, der die darunter liegenden Far-
ben vor Veraͤnderung bewahret.

Kaͤmpfer.
(Baukunſt.)

Bedeutet urſpruͤnglich einen an einer Mauer her-
ausſtehenden Stein, oder andren Koͤrper, auf
den etwas kann geſetzt werden. Ehedem nannte
man dieſes, wie noch itzt an einigen Orten
in Oberdeutſchland, einen Kaͤpfer. Gegen-
waͤrtig druͤkt das Wort Kaͤmpfer vornehmlich
ein kleines Geſims aus, dem man auch bisweilen
den franzoͤſiſchen Namen Jmpoſte giebt, das als
der Knauff der Nebenpfeiler bey Bogenſtellun-
gen anzuſehen iſt, auf dem die Bogen ruhen,
und ihre Wiederlage haben. Man ſehe die Figur
[Spaltenumbruch]

Kaͤm Kar
im Artikel Bogenſtellung, (*) wo die Bogen an
beyden Enden auf den Kaͤmpfern ſtehen.

Die Kaͤmpfer muͤſſen nothwendig uͤberall ange-
bracht werden, wo Oefnungen, wie Thuͤren und
Fenſter, oben in volle Bogen abgerundet ſind,
weil dadurch der Bogen ſelbſt von den Pfeilern oder
Gewaͤnden, auf denen er ſteht, abgeſondert
wird, und ſein Fundament, oder ſeine Wiederlage
bekommt. Wird er weggelaſſen, ſo bekommen die
im vollen Bogen gewoͤlbten Oefnungen ein ſehr
mageres und kahles Anſehen, wie jedes geuͤbtes
Aug fuͤhlen wird, wann es z. B. in Berlin die Fen-
ſter an dem Pallaſt des Prinzen Heinrichs, oder an
dem Gebaͤude der Koͤnigl. Academie der Wiſſenſchaf-
ten, betrachtet.

Die Kaͤmpfer werden verſchiedentlich, aus mehr
oder weniger Gliedern zuſammengeſetzt, nachdem
es die Ordnung, oder der Geſchmak, der in dem
Gebaͤude herrſcht, erfodert. Jn den einfacheſten
Gebaͤnden, ſind es bloße Baͤnder, in zierlichen aber,
muͤſſen ſie ſchon aus verſchiedenen Gliedern beſte-
hen. Um hierin nichts unſchikliches zu thun, darf
der Baumeiſter nur dieſes zum Grundſatz anneh-
men, daß der Kaͤmpfer, als ein Knauf des Neben-
pfeilers anzuſehen ſey. Daraus kann er leichte,
nach Maaßgebung der Verhaͤltniſſe, die in jeder
Ordnung ſtatt haben, ſeine Groͤße und Beſchaffen-
heit beſtimmen. Dieſes wird ihn auch abhalten,
die Kaͤmpfer als Bandgeſimſe zwiſchen den Wand-
pfeilern durchzufuͤhren, wie viele Baumeiſter thun,
oder gar ihn, als ein Gebaͤlke mit Sparrenkoͤpfen
und Zahnſchnitten zu verzieren, wie an dem Triumpf-
bogen des Conſtantinus mit hoͤchſter Beleidigung
des guten Geſchmaks geſchehen iſt.

Wo keine Wandpfeiler ſind, und wo uͤberhaupt
das Gebaͤude, oder daß Geſchoß, nach ganz einfa-
cher Art gebaut iſt; da geht es noch an, daß die
Kaͤmpfer an der Mauer zwiſchen den Oefnungen,
als Bandgeſimſe durchgefuͤhrt werden, wie an dem
Berliniſchen Zeughaus geſchehen iſt.

Karnies.
(Baukunſt.)

Dieſes Wort, das aus dem Lateiniſchen (*) her-
ſtammt, bedeutet eigentlich ein kleines Geſims. Es
wird aber durchgehends von Tiſchern, und auch
bisweilen von Baumeiſtern nur von einem Gliede,
das insgemein, zu oberſt an den Geſimſen iſt,

und
(*) 1 Th.
S. 80.
(*) Co-
ronix
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Corniche.
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[571/0006] Kal Kaͤm Kaͤm Kar glaͤnzende Kleid der Natur, ſondern eine kuͤnſtliche Schminke ſind. Ein kaltes Colorit benihmt dem Gemaͤhlde von der beſten Erfindung und Zeichnung ſehr viel von ſeinem Werthe, wie man an den Gemaͤhlden des Poußin ſehen kann. Je mehr der Mahler in Mi- ſchung und Zuſammenſetzung ſeiner Farben kuͤnſtelt, und ſie, wie die franzoͤſiſchen Kunſtrichter es wol ausdruͤken, auf der Palette martert, je mehr laͤuft er Gefahr ein kaltes Colorit zu bekommen. Jm Gegentheil alſo vermeidet man das Kalte, wenn man viel ganze Farben braucht; wenn man ſie voll und ſtark auftraͤgt, und wenig darein arbeitet. Nur gehoͤrt alsdenn eine große Kenntnis und Fer- tigkeit dazu, nicht hart oder bunt zu werden. Die meiſten Mahler wuͤrden ins bunte fallen, wenn ſie das Warme und aͤußerſt ſchoͤne Colorit eines Cor- regio nachahmen wollten. S. Warm. Es giebt eine Art zu mahlen, nach welcher die Gemaͤhlde durch das Alter die Waͤrme verlieren, welches man Abſterben nennt; die alſo mit der Zeit kalt werden. Dieſes geſchieht, wenn der Mah- ler ſeine Farben nicht kennt, und ſolche untereinan- der miſcht, oder uͤbereinander traͤgt, die ſich nach und nach zerſtoͤren; oder wenn er die feinen Far- ben, die allmaͤhlig verfliegen, zu duͤnne auftraͤgt. Die Gemaͤhlde ſterben allemal am wenigſten ab, die auf einmal gemacht, und wo eben deswegen die Farben fett aufgetragen, und wenig in einander getrieben werden. Jnsgemein zieht ſich bald der groͤßte Theil des Oeles auf die Oberflaͤche, wo es in eine zaͤhe Haut verwandelt wird, die eine Art von Firnis abgiebt, der die darunter liegenden Far- ben vor Veraͤnderung bewahret. Kaͤmpfer. (Baukunſt.) Bedeutet urſpruͤnglich einen an einer Mauer her- ausſtehenden Stein, oder andren Koͤrper, auf den etwas kann geſetzt werden. Ehedem nannte man dieſes, wie noch itzt an einigen Orten in Oberdeutſchland, einen Kaͤpfer. Gegen- waͤrtig druͤkt das Wort Kaͤmpfer vornehmlich ein kleines Geſims aus, dem man auch bisweilen den franzoͤſiſchen Namen Jmpoſte giebt, das als der Knauff der Nebenpfeiler bey Bogenſtellun- gen anzuſehen iſt, auf dem die Bogen ruhen, und ihre Wiederlage haben. Man ſehe die Figur im Artikel Bogenſtellung, (*) wo die Bogen an beyden Enden auf den Kaͤmpfern ſtehen. Die Kaͤmpfer muͤſſen nothwendig uͤberall ange- bracht werden, wo Oefnungen, wie Thuͤren und Fenſter, oben in volle Bogen abgerundet ſind, weil dadurch der Bogen ſelbſt von den Pfeilern oder Gewaͤnden, auf denen er ſteht, abgeſondert wird, und ſein Fundament, oder ſeine Wiederlage bekommt. Wird er weggelaſſen, ſo bekommen die im vollen Bogen gewoͤlbten Oefnungen ein ſehr mageres und kahles Anſehen, wie jedes geuͤbtes Aug fuͤhlen wird, wann es z. B. in Berlin die Fen- ſter an dem Pallaſt des Prinzen Heinrichs, oder an dem Gebaͤude der Koͤnigl. Academie der Wiſſenſchaf- ten, betrachtet. Die Kaͤmpfer werden verſchiedentlich, aus mehr oder weniger Gliedern zuſammengeſetzt, nachdem es die Ordnung, oder der Geſchmak, der in dem Gebaͤude herrſcht, erfodert. Jn den einfacheſten Gebaͤnden, ſind es bloße Baͤnder, in zierlichen aber, muͤſſen ſie ſchon aus verſchiedenen Gliedern beſte- hen. Um hierin nichts unſchikliches zu thun, darf der Baumeiſter nur dieſes zum Grundſatz anneh- men, daß der Kaͤmpfer, als ein Knauf des Neben- pfeilers anzuſehen ſey. Daraus kann er leichte, nach Maaßgebung der Verhaͤltniſſe, die in jeder Ordnung ſtatt haben, ſeine Groͤße und Beſchaffen- heit beſtimmen. Dieſes wird ihn auch abhalten, die Kaͤmpfer als Bandgeſimſe zwiſchen den Wand- pfeilern durchzufuͤhren, wie viele Baumeiſter thun, oder gar ihn, als ein Gebaͤlke mit Sparrenkoͤpfen und Zahnſchnitten zu verzieren, wie an dem Triumpf- bogen des Conſtantinus mit hoͤchſter Beleidigung des guten Geſchmaks geſchehen iſt. Wo keine Wandpfeiler ſind, und wo uͤberhaupt das Gebaͤude, oder daß Geſchoß, nach ganz einfa- cher Art gebaut iſt; da geht es noch an, daß die Kaͤmpfer an der Mauer zwiſchen den Oefnungen, als Bandgeſimſe durchgefuͤhrt werden, wie an dem Berliniſchen Zeughaus geſchehen iſt. Karnies. (Baukunſt.) Dieſes Wort, das aus dem Lateiniſchen (*) her- ſtammt, bedeutet eigentlich ein kleines Geſims. Es wird aber durchgehends von Tiſchern, und auch bisweilen von Baumeiſtern nur von einem Gliede, das insgemein, zu oberſt an den Geſimſen iſt, und (*) 1 Th. S. 80. (*) Co- ronix ft. Corniche. C c c c 2

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/6>, abgerufen am 18.04.2024.