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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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gethanen Reise.
Aussichten angenehm. Die ehemalige Reichsstadt,
jetzt aber den Grafen von Hanau unterworfene Stadt
Gelnhausen ist mit Bergen umgeben, und scheinet
ziemlich starken Weinbau zu haben. Von hieraus
fängt der Anbau des sogenannten türkischen Korns
und des Tabaks an. Von beyden sieht man große
Felder besetzt. Jenes brauchen weder die hiesigen Ein-
wohner, noch, so viel ich weiß, irgend ein Landvolk in
andern Gegenden Deutschlands, zur Nahrung, wo-
zu es in Jtalien dient, sondern blos zur Viehmast.
Der hanauische Tabak wird seit langer Zeit für den
besten in Deutschland gehalten, und macht einen an-
sehnlichen Theil der Landesgüter aus.

Jn der Gegend um Hanau sind viel schöneHanau.
Maulbeerbäume, aber, wie es scheint, erst seit eini-
gen Jahren gepflanzt, die so gut und schön gewachsen
sind, als man sie irgendwo sehen kann. Es ist kein
Zweifel, daß nicht in wenig Jahren der Seidenbau
hier werde beträchtlich werden. Ueberhaupt sieht man
im Hanauischen viel, das von der Thätigkeit und
dem Fleiß der Einwohner einen vortheilhaften Begriff
giebt. Der Grund liegt ohne Zweifel darin, daß die
Einwohner der Stadt Hanau ein Gemische von da-
hin geflüchteten Wallonen, Franzosen, Juden
und andern fleißigen und unternehmenden Menschen
sind, denen die Landesherren viele Freyheiten ertheilt
haben; daher die Stadt ein blühender, volkreicher
und angenehmer Ort ist. Hier ist auch die Hauptnie-
derlage des sehr ansehnlichen Holzhandels, der auf dem
Mayn getrieben wird. Jch werde an einem andern
Orte Gelegenheit haben, dieses wichtigen Handels
umständlicher zu erwähnen.

Die

gethanen Reiſe.
Ausſichten angenehm. Die ehemalige Reichsſtadt,
jetzt aber den Grafen von Hanau unterworfene Stadt
Gelnhauſen iſt mit Bergen umgeben, und ſcheinet
ziemlich ſtarken Weinbau zu haben. Von hieraus
faͤngt der Anbau des ſogenannten tuͤrkiſchen Korns
und des Tabaks an. Von beyden ſieht man große
Felder beſetzt. Jenes brauchen weder die hieſigen Ein-
wohner, noch, ſo viel ich weiß, irgend ein Landvolk in
andern Gegenden Deutſchlands, zur Nahrung, wo-
zu es in Jtalien dient, ſondern blos zur Viehmaſt.
Der hanauiſche Tabak wird ſeit langer Zeit fuͤr den
beſten in Deutſchland gehalten, und macht einen an-
ſehnlichen Theil der Landesguͤter aus.

Jn der Gegend um Hanau ſind viel ſchoͤneHanau.
Maulbeerbaͤume, aber, wie es ſcheint, erſt ſeit eini-
gen Jahren gepflanzt, die ſo gut und ſchoͤn gewachſen
ſind, als man ſie irgendwo ſehen kann. Es iſt kein
Zweifel, daß nicht in wenig Jahren der Seidenbau
hier werde betraͤchtlich werden. Ueberhaupt ſieht man
im Hanauiſchen viel, das von der Thaͤtigkeit und
dem Fleiß der Einwohner einen vortheilhaften Begriff
giebt. Der Grund liegt ohne Zweifel darin, daß die
Einwohner der Stadt Hanau ein Gemiſche von da-
hin gefluͤchteten Wallonen, Franzoſen, Juden
und andern fleißigen und unternehmenden Menſchen
ſind, denen die Landesherren viele Freyheiten ertheilt
haben; daher die Stadt ein bluͤhender, volkreicher
und angenehmer Ort iſt. Hier iſt auch die Hauptnie-
derlage des ſehr anſehnlichen Holzhandels, der auf dem
Mayn getrieben wird. Jch werde an einem andern
Orte Gelegenheit haben, dieſes wichtigen Handels
umſtaͤndlicher zu erwaͤhnen.

Die
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[15/0033] gethanen Reiſe. Ausſichten angenehm. Die ehemalige Reichsſtadt, jetzt aber den Grafen von Hanau unterworfene Stadt Gelnhauſen iſt mit Bergen umgeben, und ſcheinet ziemlich ſtarken Weinbau zu haben. Von hieraus faͤngt der Anbau des ſogenannten tuͤrkiſchen Korns und des Tabaks an. Von beyden ſieht man große Felder beſetzt. Jenes brauchen weder die hieſigen Ein- wohner, noch, ſo viel ich weiß, irgend ein Landvolk in andern Gegenden Deutſchlands, zur Nahrung, wo- zu es in Jtalien dient, ſondern blos zur Viehmaſt. Der hanauiſche Tabak wird ſeit langer Zeit fuͤr den beſten in Deutſchland gehalten, und macht einen an- ſehnlichen Theil der Landesguͤter aus. Jn der Gegend um Hanau ſind viel ſchoͤne Maulbeerbaͤume, aber, wie es ſcheint, erſt ſeit eini- gen Jahren gepflanzt, die ſo gut und ſchoͤn gewachſen ſind, als man ſie irgendwo ſehen kann. Es iſt kein Zweifel, daß nicht in wenig Jahren der Seidenbau hier werde betraͤchtlich werden. Ueberhaupt ſieht man im Hanauiſchen viel, das von der Thaͤtigkeit und dem Fleiß der Einwohner einen vortheilhaften Begriff giebt. Der Grund liegt ohne Zweifel darin, daß die Einwohner der Stadt Hanau ein Gemiſche von da- hin gefluͤchteten Wallonen, Franzoſen, Juden und andern fleißigen und unternehmenden Menſchen ſind, denen die Landesherren viele Freyheiten ertheilt haben; daher die Stadt ein bluͤhender, volkreicher und angenehmer Ort iſt. Hier iſt auch die Hauptnie- derlage des ſehr anſehnlichen Holzhandels, der auf dem Mayn getrieben wird. Jch werde an einem andern Orte Gelegenheit haben, dieſes wichtigen Handels umſtaͤndlicher zu erwaͤhnen. Hanau. Die

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/33>, abgerufen am 28.03.2024.