Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Tagebuch von einer nach Nizza
theilen konnte, nur mittelmäßig war. Jch habe im
Brandenburgischen in weit schlechterem Boden eben so
reiche Aerndten gesehen als hier, wo der Boden in
der That fürtrefflich ist. Hieraus konnte ich schließen,
daß hier der Feldbau nicht mit der erforderlichen Sorg-
falt und Einsicht getrieben wird. Eine besondere Pro-
be hievon sah ich ganz deutlich auf vielen Brachäckern,
die eben zur künftigen Herbstaussaat gedüngt worden
waren. Der Dünger bestund mehr aus blos trockenem
Stroh, als aus wirklichem Mist. Wie das Dün-
gen ohne Ueberlegung geschieht, so mag es im Pflü-
gen vielleicht eben so gehen. Jch glaube überhaupt
auf meinen verschiedenen Reisen bemerkt zu haben,
daß der Landmann in den nördlichen Gegenden von
Deutschland den Ackerbau mit weniger Fleiß, minder
Ueberlegung und geringerm Nachdenken treibt, als in
Oberdeutschland geschieht.

Fruchtbares
Land bey Er-
furt.

Jn der Nähe von Erfurt ist das Land so gut,
daß es vorzüglich zum Anbau der Küchengewächse die-
net, davon mehrere Arten hier besser als in den be-
nachbarten Ländern fortkommen. Ueberhaupt muß man
die Gegend um Erfurt unter die Gegenden Deutsch-
lands zählen, die sich durch ihre Fruchtbarkeit beson-
ders auszeichnen.

Von Erfurt
nach Eise-nach.
Den 29 Aug. Von Erfurt über Gotha nach
Eisenach.

Von Erfurt aus ist der Weg anfänglich rauh,
geht durch hohle Straßen und über Berge. Jst
man aber einmal darüber hinaus, so wird er eben,
und bey trockenem Wetter sehr gut. Weil aber die
Straßen durch viel fettes und leimiges Land gehen,

und

Tagebuch von einer nach Nizza
theilen konnte, nur mittelmaͤßig war. Jch habe im
Brandenburgiſchen in weit ſchlechterem Boden eben ſo
reiche Aerndten geſehen als hier, wo der Boden in
der That fuͤrtrefflich iſt. Hieraus konnte ich ſchließen,
daß hier der Feldbau nicht mit der erforderlichen Sorg-
falt und Einſicht getrieben wird. Eine beſondere Pro-
be hievon ſah ich ganz deutlich auf vielen Brachaͤckern,
die eben zur kuͤnftigen Herbſtausſaat geduͤngt worden
waren. Der Duͤnger beſtund mehr aus blos trockenem
Stroh, als aus wirklichem Miſt. Wie das Duͤn-
gen ohne Ueberlegung geſchieht, ſo mag es im Pfluͤ-
gen vielleicht eben ſo gehen. Jch glaube uͤberhaupt
auf meinen verſchiedenen Reiſen bemerkt zu haben,
daß der Landmann in den noͤrdlichen Gegenden von
Deutſchland den Ackerbau mit weniger Fleiß, minder
Ueberlegung und geringerm Nachdenken treibt, als in
Oberdeutſchland geſchieht.

Fruchtbares
Land bey Er-
furt.

Jn der Naͤhe von Erfurt iſt das Land ſo gut,
daß es vorzuͤglich zum Anbau der Kuͤchengewaͤchſe die-
net, davon mehrere Arten hier beſſer als in den be-
nachbarten Laͤndern fortkommen. Ueberhaupt muß man
die Gegend um Erfurt unter die Gegenden Deutſch-
lands zaͤhlen, die ſich durch ihre Fruchtbarkeit beſon-
ders auszeichnen.

Von Erfurt
nach Eiſe-nach.
Den 29 Aug. Von Erfurt uͤber Gotha nach
Eiſenach.

Von Erfurt aus iſt der Weg anfaͤnglich rauh,
geht durch hohle Straßen und uͤber Berge. Jſt
man aber einmal daruͤber hinaus, ſo wird er eben,
und bey trockenem Wetter ſehr gut. Weil aber die
Straßen durch viel fettes und leimiges Land gehen,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="diaryEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0028" n="10"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Tagebuch von einer nach Nizza</hi></fw><lb/>
theilen konnte, nur mittelma&#x0364;ßig war. Jch habe im<lb/>
Brandenburgi&#x017F;chen in weit &#x017F;chlechterem Boden eben &#x017F;o<lb/>
reiche Aerndten ge&#x017F;ehen als hier, wo der Boden in<lb/>
der That fu&#x0364;rtrefflich i&#x017F;t. Hieraus konnte ich &#x017F;chließen,<lb/>
daß hier der Feldbau nicht mit der erforderlichen Sorg-<lb/>
falt und Ein&#x017F;icht getrieben wird. Eine be&#x017F;ondere Pro-<lb/>
be hievon &#x017F;ah ich ganz deutlich auf vielen Bracha&#x0364;ckern,<lb/>
die eben zur ku&#x0364;nftigen Herb&#x017F;taus&#x017F;aat gedu&#x0364;ngt worden<lb/>
waren. Der Du&#x0364;nger be&#x017F;tund mehr aus blos trockenem<lb/>
Stroh, als aus wirklichem Mi&#x017F;t. Wie das Du&#x0364;n-<lb/>
gen ohne Ueberlegung ge&#x017F;chieht, &#x017F;o mag es im Pflu&#x0364;-<lb/>
gen vielleicht eben &#x017F;o gehen. Jch glaube u&#x0364;berhaupt<lb/>
auf meinen ver&#x017F;chiedenen Rei&#x017F;en bemerkt zu haben,<lb/>
daß der Landmann in den no&#x0364;rdlichen Gegenden von<lb/>
Deut&#x017F;chland den Ackerbau mit weniger Fleiß, minder<lb/>
Ueberlegung und geringerm Nachdenken treibt, als in<lb/>
Oberdeut&#x017F;chland ge&#x017F;chieht.</p><lb/>
          <note place="left">Fruchtbares<lb/>
Land bey Er-<lb/>
furt.</note>
          <p>Jn der Na&#x0364;he von <hi rendition="#fr">Erfurt</hi> i&#x017F;t das Land &#x017F;o gut,<lb/>
daß es vorzu&#x0364;glich zum Anbau der Ku&#x0364;chengewa&#x0364;ch&#x017F;e die-<lb/>
net, davon mehrere Arten hier be&#x017F;&#x017F;er als in den be-<lb/>
nachbarten La&#x0364;ndern fortkommen. Ueberhaupt muß man<lb/>
die Gegend um <hi rendition="#fr">Erfurt</hi> unter die Gegenden Deut&#x017F;ch-<lb/>
lands za&#x0364;hlen, die &#x017F;ich durch ihre Fruchtbarkeit be&#x017F;on-<lb/>
ders auszeichnen.</p><lb/>
          <note place="left">Von Erfurt<lb/>
nach Ei&#x017F;e-nach.</note>
        </div><lb/>
        <div type="diaryEntry" n="2">
          <head>Den 29 Aug. Von <hi rendition="#fr">Erfurt</hi> u&#x0364;ber <hi rendition="#fr">Gotha</hi> nach<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Ei&#x017F;enach.</hi></hi></head><lb/>
          <p>Von <hi rendition="#fr">Erfurt</hi> aus i&#x017F;t der Weg anfa&#x0364;nglich rauh,<lb/>
geht durch hohle Straßen und u&#x0364;ber Berge. J&#x017F;t<lb/>
man aber einmal daru&#x0364;ber hinaus, &#x017F;o wird er eben,<lb/>
und bey trockenem Wetter &#x017F;ehr gut. Weil aber die<lb/>
Straßen durch viel fettes und leimiges Land gehen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0028] Tagebuch von einer nach Nizza theilen konnte, nur mittelmaͤßig war. Jch habe im Brandenburgiſchen in weit ſchlechterem Boden eben ſo reiche Aerndten geſehen als hier, wo der Boden in der That fuͤrtrefflich iſt. Hieraus konnte ich ſchließen, daß hier der Feldbau nicht mit der erforderlichen Sorg- falt und Einſicht getrieben wird. Eine beſondere Pro- be hievon ſah ich ganz deutlich auf vielen Brachaͤckern, die eben zur kuͤnftigen Herbſtausſaat geduͤngt worden waren. Der Duͤnger beſtund mehr aus blos trockenem Stroh, als aus wirklichem Miſt. Wie das Duͤn- gen ohne Ueberlegung geſchieht, ſo mag es im Pfluͤ- gen vielleicht eben ſo gehen. Jch glaube uͤberhaupt auf meinen verſchiedenen Reiſen bemerkt zu haben, daß der Landmann in den noͤrdlichen Gegenden von Deutſchland den Ackerbau mit weniger Fleiß, minder Ueberlegung und geringerm Nachdenken treibt, als in Oberdeutſchland geſchieht. Jn der Naͤhe von Erfurt iſt das Land ſo gut, daß es vorzuͤglich zum Anbau der Kuͤchengewaͤchſe die- net, davon mehrere Arten hier beſſer als in den be- nachbarten Laͤndern fortkommen. Ueberhaupt muß man die Gegend um Erfurt unter die Gegenden Deutſch- lands zaͤhlen, die ſich durch ihre Fruchtbarkeit beſon- ders auszeichnen. Den 29 Aug. Von Erfurt uͤber Gotha nach Eiſenach. Von Erfurt aus iſt der Weg anfaͤnglich rauh, geht durch hohle Straßen und uͤber Berge. Jſt man aber einmal daruͤber hinaus, ſo wird er eben, und bey trockenem Wetter ſehr gut. Weil aber die Straßen durch viel fettes und leimiges Land gehen, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/28
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/28>, abgerufen am 18.04.2024.