Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Nachricht.
nige der Priester der Jsis und des Osiris, mit dem Hals-
bande überein, das man dem Manus beylegt. Diese Frau
hält einen Priap in der Hand, ein Zeichen der Fruchtbar-
keit und des Ehestandes. 2) Vor ihr steht ein Greis, der
sich von den Priestern unterscheidet, weil er einen Bart
hat; er hält in seiner Hand eine Masse Wassers, ein Zei-
chen der Macht, und steht hierinnen mit den Windhunden
in einem Range, die den Ewigen bewachen. Jn seiner
linken Hand hält er eine Art von Palmblatte, in Gestalt
eines Parasols oder Fächers. 3) Diese beyden Personen
nehmen die Gebete und brennbaren Opfer eines Priesters
von einer geringen Ordnung an. Die Gebete sind durch
Schrift, so wie die Antwort, bemerkt. 4) Dieser Priester
beut auf einem Credenztischchen, wie der in der katholischen
Kirche gewöhnliche, Brodte dar, so wie man die Schau-
brodte der Juden vorstellet. Er hält in der rechten Hand
einen ägyptischen Apfel, und in der linken ein Jnstrument,
dessen Erklärung viel Mühe gekostet hat. Herr Rast hält
es für ein hohles Rohr von warmem Metall. Diese Röh-
re nimmt vermittelst eines kleinen Trichters das Räucher-
werk auf, das sich verzehret, indem es den Dampf vor
den Halbgöttern, Helden oder Königen herausstößt, denen
man das Opfer darbringt. Unter dem Credenztische sind
zwo Urnen oder Krüge zu Wasser oder Wein; an der Sei-
te des Tischfußes ist eine Vorstellung von vier doppelten
Zinnen. Man hat diese nicht anders erklären können, als
daß man es für in einandergesetzte Becher angenommen.

Wir bemerken bey diesem Opfer, daß man blos le-
benden Wesen Räucherwerk, Speisen und Getränke darge-
bracht hat; man kann annehmen, daß dies der König und
die Königinn waren, die damals in Aegypten herrschten.

Wir

Nachricht.
nige der Prieſter der Jſis und des Oſiris, mit dem Hals-
bande uͤberein, das man dem Manus beylegt. Dieſe Frau
haͤlt einen Priap in der Hand, ein Zeichen der Fruchtbar-
keit und des Eheſtandes. 2) Vor ihr ſteht ein Greis, der
ſich von den Prieſtern unterſcheidet, weil er einen Bart
hat; er haͤlt in ſeiner Hand eine Maſſe Waſſers, ein Zei-
chen der Macht, und ſteht hierinnen mit den Windhunden
in einem Range, die den Ewigen bewachen. Jn ſeiner
linken Hand haͤlt er eine Art von Palmblatte, in Geſtalt
eines Paraſols oder Faͤchers. 3) Dieſe beyden Perſonen
nehmen die Gebete und brennbaren Opfer eines Prieſters
von einer geringen Ordnung an. Die Gebete ſind durch
Schrift, ſo wie die Antwort, bemerkt. 4) Dieſer Prieſter
beut auf einem Credenztiſchchen, wie der in der katholiſchen
Kirche gewoͤhnliche, Brodte dar, ſo wie man die Schau-
brodte der Juden vorſtellet. Er haͤlt in der rechten Hand
einen aͤgyptiſchen Apfel, und in der linken ein Jnſtrument,
deſſen Erklaͤrung viel Muͤhe gekoſtet hat. Herr Raſt haͤlt
es fuͤr ein hohles Rohr von warmem Metall. Dieſe Roͤh-
re nimmt vermittelſt eines kleinen Trichters das Raͤucher-
werk auf, das ſich verzehret, indem es den Dampf vor
den Halbgoͤttern, Helden oder Koͤnigen herausſtoͤßt, denen
man das Opfer darbringt. Unter dem Credenztiſche ſind
zwo Urnen oder Kruͤge zu Waſſer oder Wein; an der Sei-
te des Tiſchfußes iſt eine Vorſtellung von vier doppelten
Zinnen. Man hat dieſe nicht anders erklaͤren koͤnnen, als
daß man es fuͤr in einandergeſetzte Becher angenommen.

Wir bemerken bey dieſem Opfer, daß man blos le-
benden Weſen Raͤucherwerk, Speiſen und Getraͤnke darge-
bracht hat; man kann annehmen, daß dies der Koͤnig und
die Koͤniginn waren, die damals in Aegypten herrſchten.

Wir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Nachricht.</hi></hi></fw><lb/>
nige der Prie&#x017F;ter der J&#x017F;is und des O&#x017F;iris, mit dem Hals-<lb/>
bande u&#x0364;berein, das man dem Manus beylegt. Die&#x017F;e Frau<lb/>
ha&#x0364;lt einen Priap in der Hand, ein Zeichen der Fruchtbar-<lb/>
keit und des Ehe&#x017F;tandes. 2) Vor ihr &#x017F;teht ein Greis, der<lb/>
&#x017F;ich von den Prie&#x017F;tern unter&#x017F;cheidet, weil er einen Bart<lb/>
hat; er ha&#x0364;lt in &#x017F;einer Hand eine Ma&#x017F;&#x017F;e Wa&#x017F;&#x017F;ers, ein Zei-<lb/>
chen der Macht, und &#x017F;teht hierinnen mit den Windhunden<lb/>
in einem Range, die den Ewigen bewachen. Jn &#x017F;einer<lb/>
linken Hand ha&#x0364;lt er eine Art von Palmblatte, in Ge&#x017F;talt<lb/>
eines Para&#x017F;ols oder Fa&#x0364;chers. 3) Die&#x017F;e beyden Per&#x017F;onen<lb/>
nehmen die Gebete und brennbaren Opfer eines Prie&#x017F;ters<lb/>
von einer geringen Ordnung an. Die Gebete &#x017F;ind durch<lb/>
Schrift, &#x017F;o wie die Antwort, bemerkt. 4) Die&#x017F;er Prie&#x017F;ter<lb/>
beut auf einem Credenzti&#x017F;chchen, wie der in der katholi&#x017F;chen<lb/>
Kirche gewo&#x0364;hnliche, Brodte dar, &#x017F;o wie man die Schau-<lb/>
brodte der Juden vor&#x017F;tellet. Er ha&#x0364;lt in der rechten Hand<lb/>
einen a&#x0364;gypti&#x017F;chen Apfel, und in der linken ein Jn&#x017F;trument,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Erkla&#x0364;rung viel Mu&#x0364;he geko&#x017F;tet hat. Herr Ra&#x017F;t ha&#x0364;lt<lb/>
es fu&#x0364;r ein hohles Rohr von warmem Metall. Die&#x017F;e Ro&#x0364;h-<lb/>
re nimmt vermittel&#x017F;t eines kleinen Trichters das Ra&#x0364;ucher-<lb/>
werk auf, das &#x017F;ich verzehret, indem es den Dampf vor<lb/>
den Halbgo&#x0364;ttern, Helden oder Ko&#x0364;nigen heraus&#x017F;to&#x0364;ßt, denen<lb/>
man das Opfer darbringt. Unter dem Credenzti&#x017F;che &#x017F;ind<lb/>
zwo Urnen oder Kru&#x0364;ge zu Wa&#x017F;&#x017F;er oder Wein; an der Sei-<lb/>
te des Ti&#x017F;chfußes i&#x017F;t eine Vor&#x017F;tellung von vier doppelten<lb/>
Zinnen. Man hat die&#x017F;e nicht anders erkla&#x0364;ren ko&#x0364;nnen, als<lb/>
daß man es fu&#x0364;r in einanderge&#x017F;etzte Becher angenommen.</p><lb/>
        <p>Wir bemerken bey die&#x017F;em Opfer, daß man blos le-<lb/>
benden We&#x017F;en Ra&#x0364;ucherwerk, Spei&#x017F;en und Getra&#x0364;nke darge-<lb/>
bracht hat; man kann annehmen, daß dies der Ko&#x0364;nig und<lb/>
die Ko&#x0364;niginn waren, die damals in Aegypten herr&#x017F;chten.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Wir</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0016] Nachricht. nige der Prieſter der Jſis und des Oſiris, mit dem Hals- bande uͤberein, das man dem Manus beylegt. Dieſe Frau haͤlt einen Priap in der Hand, ein Zeichen der Fruchtbar- keit und des Eheſtandes. 2) Vor ihr ſteht ein Greis, der ſich von den Prieſtern unterſcheidet, weil er einen Bart hat; er haͤlt in ſeiner Hand eine Maſſe Waſſers, ein Zei- chen der Macht, und ſteht hierinnen mit den Windhunden in einem Range, die den Ewigen bewachen. Jn ſeiner linken Hand haͤlt er eine Art von Palmblatte, in Geſtalt eines Paraſols oder Faͤchers. 3) Dieſe beyden Perſonen nehmen die Gebete und brennbaren Opfer eines Prieſters von einer geringen Ordnung an. Die Gebete ſind durch Schrift, ſo wie die Antwort, bemerkt. 4) Dieſer Prieſter beut auf einem Credenztiſchchen, wie der in der katholiſchen Kirche gewoͤhnliche, Brodte dar, ſo wie man die Schau- brodte der Juden vorſtellet. Er haͤlt in der rechten Hand einen aͤgyptiſchen Apfel, und in der linken ein Jnſtrument, deſſen Erklaͤrung viel Muͤhe gekoſtet hat. Herr Raſt haͤlt es fuͤr ein hohles Rohr von warmem Metall. Dieſe Roͤh- re nimmt vermittelſt eines kleinen Trichters das Raͤucher- werk auf, das ſich verzehret, indem es den Dampf vor den Halbgoͤttern, Helden oder Koͤnigen herausſtoͤßt, denen man das Opfer darbringt. Unter dem Credenztiſche ſind zwo Urnen oder Kruͤge zu Waſſer oder Wein; an der Sei- te des Tiſchfußes iſt eine Vorſtellung von vier doppelten Zinnen. Man hat dieſe nicht anders erklaͤren koͤnnen, als daß man es fuͤr in einandergeſetzte Becher angenommen. Wir bemerken bey dieſem Opfer, daß man blos le- benden Weſen Raͤucherwerk, Speiſen und Getraͤnke darge- bracht hat; man kann annehmen, daß dies der Koͤnig und die Koͤniginn waren, die damals in Aegypten herrſchten. Wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/16
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/16>, abgerufen am 24.04.2024.