Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

Schelmerei in seinen kleinen Augen, mir in der Wahl des Holzes und der Schnitzmesser mit Rath und Hülfe zur Hand ging; und bald ragte auch in der That eine mächtige Kasperle-Nase aus dem Holzblöckchen in die Welt. Da aber andererseits der Nankinganzug des "Wurstel" mir zu wenig interessant erschien, so mußte indessen das Lisei aus "Fetzeln", die wiederum der alte Gabriel hatte hergeben müssen, gold- und silberbesetzte Mäntel und Wämser für Gott weiß welche andere künftige Puppen anfertigen. Mitunter trat auch der alte Heinrich mit seiner kurzen Pfeife aus der Werkstatt zu uns, ein Geselle meines Vaters, der, so lang ich denken konnte, zur Familie gehörte; er nahm mir dann wohl das Messer aus der Hand und gab durch ein paar Schnitte dem Dinge hie und da den rechten Schick. Aber schon wollte meiner Phantasie selbst der Tendler'sche Haupt- und Principalkasperl nicht mehr genügen; ich wollte noch ganz etwas Anderes leisten; für den meinigen ersann ich noch drei weitere, nie dagewesene und höchst wirkungsvolle Gelenke, er sollte seitwärts mit dem Kinne wackeln, die Ohren hin- und herbewegen und die

Schelmerei in seinen kleinen Augen, mir in der Wahl des Holzes und der Schnitzmesser mit Rath und Hülfe zur Hand ging; und bald ragte auch in der That eine mächtige Kasperle-Nase aus dem Holzblöckchen in die Welt. Da aber andererseits der Nankinganzug des „Wurstel“ mir zu wenig interessant erschien, so mußte indessen das Lisei aus „Fetzeln“, die wiederum der alte Gabriel hatte hergeben müssen, gold- und silberbesetzte Mäntel und Wämser für Gott weiß welche andere künftige Puppen anfertigen. Mitunter trat auch der alte Heinrich mit seiner kurzen Pfeife aus der Werkstatt zu uns, ein Geselle meines Vaters, der, so lang ich denken konnte, zur Familie gehörte; er nahm mir dann wohl das Messer aus der Hand und gab durch ein paar Schnitte dem Dinge hie und da den rechten Schick. Aber schon wollte meiner Phantasie selbst der Tendler’sche Haupt- und Principalkasperl nicht mehr genügen; ich wollte noch ganz etwas Anderes leisten; für den meinigen ersann ich noch drei weitere, nie dagewesene und höchst wirkungsvolle Gelenke, er sollte seitwärts mit dem Kinne wackeln, die Ohren hin- und herbewegen und die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0177" n="173"/>
Schelmerei in seinen kleinen Augen, mir in der Wahl des Holzes und der Schnitzmesser mit Rath und Hülfe zur Hand ging; und bald ragte auch in der That eine mächtige Kasperle-Nase aus dem Holzblöckchen in die Welt. Da aber andererseits der Nankinganzug des &#x201E;Wurstel&#x201C; mir zu wenig interessant erschien, so mußte indessen das Lisei aus &#x201E;Fetzeln&#x201C;, die wiederum der alte Gabriel hatte hergeben müssen, gold- und silberbesetzte Mäntel und Wämser für Gott weiß welche andere künftige Puppen anfertigen. Mitunter trat auch der alte Heinrich mit seiner kurzen Pfeife aus der Werkstatt zu uns, ein Geselle meines Vaters, der, so lang ich denken konnte, zur Familie gehörte; er nahm mir dann wohl das Messer aus der Hand und gab durch ein paar Schnitte dem Dinge hie und da den rechten Schick. Aber schon wollte meiner Phantasie selbst der Tendler&#x2019;sche Haupt- und Principalkasperl nicht mehr genügen; ich wollte noch ganz etwas Anderes leisten; für den meinigen ersann ich noch drei weitere, nie dagewesene und höchst wirkungsvolle Gelenke, er sollte seitwärts mit dem Kinne wackeln, die Ohren hin- und herbewegen und die
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0177] Schelmerei in seinen kleinen Augen, mir in der Wahl des Holzes und der Schnitzmesser mit Rath und Hülfe zur Hand ging; und bald ragte auch in der That eine mächtige Kasperle-Nase aus dem Holzblöckchen in die Welt. Da aber andererseits der Nankinganzug des „Wurstel“ mir zu wenig interessant erschien, so mußte indessen das Lisei aus „Fetzeln“, die wiederum der alte Gabriel hatte hergeben müssen, gold- und silberbesetzte Mäntel und Wämser für Gott weiß welche andere künftige Puppen anfertigen. Mitunter trat auch der alte Heinrich mit seiner kurzen Pfeife aus der Werkstatt zu uns, ein Geselle meines Vaters, der, so lang ich denken konnte, zur Familie gehörte; er nahm mir dann wohl das Messer aus der Hand und gab durch ein paar Schnitte dem Dinge hie und da den rechten Schick. Aber schon wollte meiner Phantasie selbst der Tendler’sche Haupt- und Principalkasperl nicht mehr genügen; ich wollte noch ganz etwas Anderes leisten; für den meinigen ersann ich noch drei weitere, nie dagewesene und höchst wirkungsvolle Gelenke, er sollte seitwärts mit dem Kinne wackeln, die Ohren hin- und herbewegen und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (Waldwinkel, Pole Poppenspäler).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/177
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/177>, abgerufen am 19.04.2024.