Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

habe sie schon, aber ein dünnes sei es nur; sie hab' auch schon darin gefroren auf der Herreis'.

Und jetzt befand sich meine gute Mutter auf dem Fleck, wonach ich sie schon lange hatte zustreben sehen. "Hör', kleine Lisei," sagte sie, "ich habe einen braven Mantel in meinem Schranke hängen, noch von den Zeiten her, da ich ein schlankes Mädchen war; ich bin aber jetzt herausgewachsen und habe keine Tochter, für die ich ihn noch zurechtschneidern könnte. Komm nur morgen wieder, Lisei, da steckt ein warmes Mäntelchen für dich darin."

Lisei wurde roth vor Freude und hatte im Umsehen meiner Mutter die Hand geküßt, worüber diese ganz verlegen wurde; denn, du weißt, hier zu Lande verstehen wir uns schlecht auf solche Narretheien! - Zum Glück kamen jetzt die beiden Männer aus der Werkstatt. "Für diesmal gerettet," rief mein Vater; "aber!" - - der warnend gegen mich geschüttelte Finger war das Ende meiner Buße.

Fröhlich lief ich ins Haus und holte auf Geheiß meiner Mutter deren großes Umschlagetuch; denn, um den kaum Genesenen vor dem zwar wohlgemeinten,

habe sie schon, aber ein dünnes sei es nur; sie hab’ auch schon darin gefroren auf der Herreis’.

Und jetzt befand sich meine gute Mutter auf dem Fleck, wonach ich sie schon lange hatte zustreben sehen. „Hör’, kleine Lisei,“ sagte sie, „ich habe einen braven Mantel in meinem Schranke hängen, noch von den Zeiten her, da ich ein schlankes Mädchen war; ich bin aber jetzt herausgewachsen und habe keine Tochter, für die ich ihn noch zurechtschneidern könnte. Komm nur morgen wieder, Lisei, da steckt ein warmes Mäntelchen für dich darin.“

Lisei wurde roth vor Freude und hatte im Umsehen meiner Mutter die Hand geküßt, worüber diese ganz verlegen wurde; denn, du weißt, hier zu Lande verstehen wir uns schlecht auf solche Narretheien! – Zum Glück kamen jetzt die beiden Männer aus der Werkstatt. „Für diesmal gerettet,“ rief mein Vater; „aber!“ – – der warnend gegen mich geschüttelte Finger war das Ende meiner Buße.

Fröhlich lief ich ins Haus und holte auf Geheiß meiner Mutter deren großes Umschlagetuch; denn, um den kaum Genesenen vor dem zwar wohlgemeinten,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0173" n="169"/>
habe sie schon, aber ein dünnes sei es nur; sie hab&#x2019; auch schon darin gefroren auf der Herreis&#x2019;.</p>
        <p>Und jetzt befand sich meine gute Mutter auf dem Fleck, wonach ich sie schon lange hatte zustreben sehen. &#x201E;Hör&#x2019;, kleine Lisei,&#x201C; sagte sie, &#x201E;ich habe einen braven Mantel in meinem Schranke hängen, noch von den Zeiten her, da ich ein schlankes Mädchen war; ich bin aber jetzt herausgewachsen und habe keine Tochter, für die ich ihn noch zurechtschneidern könnte. Komm nur morgen wieder, Lisei, da steckt ein warmes Mäntelchen für dich darin.&#x201C;</p>
        <p>Lisei wurde roth vor Freude und hatte im Umsehen meiner Mutter die Hand geküßt, worüber diese ganz verlegen wurde; denn, du weißt, hier zu Lande verstehen wir uns schlecht auf solche Narretheien! &#x2013; Zum Glück kamen jetzt die beiden Männer aus der Werkstatt. &#x201E;Für diesmal gerettet,&#x201C; rief mein Vater; &#x201E;aber!&#x201C; &#x2013; &#x2013; der warnend gegen mich geschüttelte Finger war das Ende meiner Buße.</p>
        <p>Fröhlich lief ich ins Haus und holte auf Geheiß meiner Mutter deren großes Umschlagetuch; denn, um den kaum Genesenen vor dem zwar wohlgemeinten,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0173] habe sie schon, aber ein dünnes sei es nur; sie hab’ auch schon darin gefroren auf der Herreis’. Und jetzt befand sich meine gute Mutter auf dem Fleck, wonach ich sie schon lange hatte zustreben sehen. „Hör’, kleine Lisei,“ sagte sie, „ich habe einen braven Mantel in meinem Schranke hängen, noch von den Zeiten her, da ich ein schlankes Mädchen war; ich bin aber jetzt herausgewachsen und habe keine Tochter, für die ich ihn noch zurechtschneidern könnte. Komm nur morgen wieder, Lisei, da steckt ein warmes Mäntelchen für dich darin.“ Lisei wurde roth vor Freude und hatte im Umsehen meiner Mutter die Hand geküßt, worüber diese ganz verlegen wurde; denn, du weißt, hier zu Lande verstehen wir uns schlecht auf solche Narretheien! – Zum Glück kamen jetzt die beiden Männer aus der Werkstatt. „Für diesmal gerettet,“ rief mein Vater; „aber!“ – – der warnend gegen mich geschüttelte Finger war das Ende meiner Buße. Fröhlich lief ich ins Haus und holte auf Geheiß meiner Mutter deren großes Umschlagetuch; denn, um den kaum Genesenen vor dem zwar wohlgemeinten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (Waldwinkel, Pole Poppenspäler).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/173
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/173>, abgerufen am 29.03.2024.