Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

Raum, fast wie ein dichtes Stübchen. Und bald saßen wir armen thörichten Kinder wohlverpackt und dicht an einander geschmiegt in der hohen Kiste. Mit Rücken und Füßen hatten wir uns gegen die Seitenwände gestemmt; in der Ferne hörten wir die schwere Saalthür in den Falzen klappen; wir aber saßen ganz sicher und behaglich.

"Friert dich noch, Lisei?" fragte ich.

"Ka Bißerl!"

Sie hatte ihr Köpfchen auf meine Schulter sinken lassen; ihre Augen waren schon geschlossen. "Was wird mei gut's Vaterl - - - " lallte sie noch; dann hörte ich an ihren gleichmäßigen Atemzügen, daß sie eingeschlafen war.

Ich konnte von meinem Platze aus durch die oberen Scheiben des einen Fensters sehen. Der Mond war aus seiner Wolkenhülle wieder hervorgeschwommen, in der er eine Zeit lang verborgen gewesen war; die alte Bas' konnte jetzt wieder vom Himmel herunterschauen, und ich denke wohl, sie hat's recht gern gethan. Ein Streifen Mondlicht fiel auf das Gesichtchen, das nahe an dem meinen ruhte; die

Raum, fast wie ein dichtes Stübchen. Und bald saßen wir armen thörichten Kinder wohlverpackt und dicht an einander geschmiegt in der hohen Kiste. Mit Rücken und Füßen hatten wir uns gegen die Seitenwände gestemmt; in der Ferne hörten wir die schwere Saalthür in den Falzen klappen; wir aber saßen ganz sicher und behaglich.

„Friert dich noch, Lisei?“ fragte ich.

„Ka Bißerl!“

Sie hatte ihr Köpfchen auf meine Schulter sinken lassen; ihre Augen waren schon geschlossen. „Was wird mei gut’s Vaterl – – – “ lallte sie noch; dann hörte ich an ihren gleichmäßigen Atemzügen, daß sie eingeschlafen war.

Ich konnte von meinem Platze aus durch die oberen Scheiben des einen Fensters sehen. Der Mond war aus seiner Wolkenhülle wieder hervorgeschwommen, in der er eine Zeit lang verborgen gewesen war; die alte Bas’ konnte jetzt wieder vom Himmel herunterschauen, und ich denke wohl, sie hat’s recht gern gethan. Ein Streifen Mondlicht fiel auf das Gesichtchen, das nahe an dem meinen ruhte; die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0165" n="161"/>
Raum, fast wie ein dichtes Stübchen. Und bald saßen wir armen thörichten Kinder wohlverpackt und dicht an einander geschmiegt in der hohen Kiste. Mit Rücken und Füßen hatten wir uns gegen die Seitenwände gestemmt; in der Ferne hörten wir die schwere Saalthür in den Falzen klappen; wir aber saßen ganz sicher und behaglich.</p>
        <p>&#x201E;Friert dich noch, Lisei?&#x201C; fragte ich.</p>
        <p>&#x201E;Ka Bißerl!&#x201C;</p>
        <p>Sie hatte ihr Köpfchen auf meine Schulter sinken lassen; ihre Augen waren schon geschlossen. &#x201E;Was wird mei gut&#x2019;s Vaterl &#x2013; &#x2013; &#x2013; &#x201C; lallte sie noch; dann hörte ich an ihren gleichmäßigen Atemzügen, daß sie eingeschlafen war.</p>
        <p>Ich konnte von meinem Platze aus durch die oberen Scheiben des einen Fensters sehen. Der Mond war aus seiner Wolkenhülle wieder hervorgeschwommen, in der er eine Zeit lang verborgen gewesen war; die alte Bas&#x2019; konnte jetzt wieder vom Himmel herunterschauen, und ich denke wohl, sie hat&#x2019;s recht gern gethan. Ein Streifen Mondlicht fiel auf das Gesichtchen, das nahe an dem meinen ruhte; die
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0165] Raum, fast wie ein dichtes Stübchen. Und bald saßen wir armen thörichten Kinder wohlverpackt und dicht an einander geschmiegt in der hohen Kiste. Mit Rücken und Füßen hatten wir uns gegen die Seitenwände gestemmt; in der Ferne hörten wir die schwere Saalthür in den Falzen klappen; wir aber saßen ganz sicher und behaglich. „Friert dich noch, Lisei?“ fragte ich. „Ka Bißerl!“ Sie hatte ihr Köpfchen auf meine Schulter sinken lassen; ihre Augen waren schon geschlossen. „Was wird mei gut’s Vaterl – – – “ lallte sie noch; dann hörte ich an ihren gleichmäßigen Atemzügen, daß sie eingeschlafen war. Ich konnte von meinem Platze aus durch die oberen Scheiben des einen Fensters sehen. Der Mond war aus seiner Wolkenhülle wieder hervorgeschwommen, in der er eine Zeit lang verborgen gewesen war; die alte Bas’ konnte jetzt wieder vom Himmel herunterschauen, und ich denke wohl, sie hat’s recht gern gethan. Ein Streifen Mondlicht fiel auf das Gesichtchen, das nahe an dem meinen ruhte; die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (Waldwinkel, Pole Poppenspäler).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons.

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/165
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/165>, abgerufen am 24.04.2024.