Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Eine Malerarbeit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 257–304. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Was soll's? sagte er, das ist ein Päckchen Fünfzigthalerscheine.

Das, erwiderte ich, ist mit der brodlosen Kunst verdient.

Wie meint Ihr das?

Ich meine, daß diese dreihundert Thaler der halbe Preis meines letzten Bildes sind; denn ich bin eben auch nur ein Maler.

Der Alte sah mich fast erschrocken an. Ihr? sagte er; da wäre ich ja an den Rechten gekommen! Im Uebrigen, setzte er hinzu, indem er mich mitleidig von oben bis unten musterte, ist das ein ander Ding; mein Junge hat gesunde Gliedmaßen.

Nun, gute Nacht, Nachbar! sagte ich und machte Miene fortzugehen.

Aber er rief mich zurück. Auf ein Wort noch, Herr Brunken, begann er wieder, dreihundert Thaler, sagtet Ihr? Und nur die Hälfte? Wie lange macht Ihr denn an solch' einem Bild? -- Wird wohl langsame Arbeit sein?

Als ich ihn über dieses Bedenken beruhigt hatte, stützte er erst den Kopf in die Hand; dann zog er seine Pfeife aus der Tasche, schlug Feuer und rauchte eine ganze Weile eifrig, aber schweigsam fort. Hierauf folgte eine lange Auseinandersetzung zwischen uns; der Alte meinte, der Junge sei für den Acker da, und ich meinte, der Acker sei für den Jungen da; endlich, als ich ihm auch noch die pausbackige Nachkommenschaft seiner im Dorf

Was soll's? sagte er, das ist ein Päckchen Fünfzigthalerscheine.

Das, erwiderte ich, ist mit der brodlosen Kunst verdient.

Wie meint Ihr das?

Ich meine, daß diese dreihundert Thaler der halbe Preis meines letzten Bildes sind; denn ich bin eben auch nur ein Maler.

Der Alte sah mich fast erschrocken an. Ihr? sagte er; da wäre ich ja an den Rechten gekommen! Im Uebrigen, setzte er hinzu, indem er mich mitleidig von oben bis unten musterte, ist das ein ander Ding; mein Junge hat gesunde Gliedmaßen.

Nun, gute Nacht, Nachbar! sagte ich und machte Miene fortzugehen.

Aber er rief mich zurück. Auf ein Wort noch, Herr Brunken, begann er wieder, dreihundert Thaler, sagtet Ihr? Und nur die Hälfte? Wie lange macht Ihr denn an solch' einem Bild? — Wird wohl langsame Arbeit sein?

Als ich ihn über dieses Bedenken beruhigt hatte, stützte er erst den Kopf in die Hand; dann zog er seine Pfeife aus der Tasche, schlug Feuer und rauchte eine ganze Weile eifrig, aber schweigsam fort. Hierauf folgte eine lange Auseinandersetzung zwischen uns; der Alte meinte, der Junge sei für den Acker da, und ich meinte, der Acker sei für den Jungen da; endlich, als ich ihm auch noch die pausbackige Nachkommenschaft seiner im Dorf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <pb facs="#f0042"/>
        <p>Was soll's? sagte er, das ist ein Päckchen Fünfzigthalerscheine.</p><lb/>
        <p>Das, erwiderte ich, ist mit der brodlosen Kunst verdient.</p><lb/>
        <p>Wie meint Ihr das?</p><lb/>
        <p>Ich meine, daß diese dreihundert Thaler der halbe Preis meines letzten Bildes sind; denn ich      bin eben auch nur ein Maler.</p><lb/>
        <p>Der Alte sah mich fast erschrocken an. Ihr? sagte er; da wäre ich ja an den Rechten gekommen!      Im Uebrigen, setzte er hinzu, indem er mich mitleidig von oben bis unten musterte, ist das ein      ander Ding; mein Junge hat gesunde Gliedmaßen.</p><lb/>
        <p>Nun, gute Nacht, Nachbar! sagte ich und machte Miene fortzugehen.</p><lb/>
        <p>Aber er rief mich zurück. Auf ein Wort noch, Herr Brunken, begann er wieder, dreihundert      Thaler, sagtet Ihr? Und nur die Hälfte? Wie lange macht Ihr denn an solch' einem Bild? &#x2014; Wird      wohl langsame Arbeit sein?</p><lb/>
        <p>Als ich ihn über dieses Bedenken beruhigt hatte, stützte er erst den Kopf in die Hand; dann      zog er seine Pfeife aus der Tasche, schlug Feuer und rauchte eine ganze Weile eifrig, aber      schweigsam fort. Hierauf folgte eine lange Auseinandersetzung zwischen uns; der Alte meinte,      der Junge sei für den Acker da, und ich meinte, der Acker sei für den Jungen da; endlich, als      ich ihm auch noch die pausbackige Nachkommenschaft seiner im Dorf<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0042] Was soll's? sagte er, das ist ein Päckchen Fünfzigthalerscheine. Das, erwiderte ich, ist mit der brodlosen Kunst verdient. Wie meint Ihr das? Ich meine, daß diese dreihundert Thaler der halbe Preis meines letzten Bildes sind; denn ich bin eben auch nur ein Maler. Der Alte sah mich fast erschrocken an. Ihr? sagte er; da wäre ich ja an den Rechten gekommen! Im Uebrigen, setzte er hinzu, indem er mich mitleidig von oben bis unten musterte, ist das ein ander Ding; mein Junge hat gesunde Gliedmaßen. Nun, gute Nacht, Nachbar! sagte ich und machte Miene fortzugehen. Aber er rief mich zurück. Auf ein Wort noch, Herr Brunken, begann er wieder, dreihundert Thaler, sagtet Ihr? Und nur die Hälfte? Wie lange macht Ihr denn an solch' einem Bild? — Wird wohl langsame Arbeit sein? Als ich ihn über dieses Bedenken beruhigt hatte, stützte er erst den Kopf in die Hand; dann zog er seine Pfeife aus der Tasche, schlug Feuer und rauchte eine ganze Weile eifrig, aber schweigsam fort. Hierauf folgte eine lange Auseinandersetzung zwischen uns; der Alte meinte, der Junge sei für den Acker da, und ich meinte, der Acker sei für den Jungen da; endlich, als ich ihm auch noch die pausbackige Nachkommenschaft seiner im Dorf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:17:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:17:45Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_malerarbeit_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_malerarbeit_1910/42
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Eine Malerarbeit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 257–304. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_malerarbeit_1910/42>, abgerufen am 29.03.2024.