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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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auf einer eigens angelegten Werft erbaute Kriegs¬
flotte aus Wallnußschaalen und Schachteldeckeln
schwimmen. Im Spätsommer geschah es dann
auch wol, daß wir aus unserer Koppel einen
Raubzug nach des Küsters Garten machten, wel¬
cher gegenüber dem des Pastorates an der an¬
deren Seite der Wassergrube lag; denn wir hatten
dort von zwei verkrüppelten Apfelbäumen unseren
Zehnten einzuheimsen, wofür uns freilich gelegent¬
lich eine freundschaftliche Drohung von dem gut¬
müthigen alten Manne zu Theil wurde. -- So
viele Jugendfreuden wuchsen auf dieser Priester¬
koppel, in deren dürrem Sandboden andere Blu¬
men nicht gedeihen wollten; nur den scharfen
Duft der goldknopfigen Rainfarren, die hier
haufenweis auf allen Wällen standen, spüre ich
noch heute in der Erinnerung, wenn jene Zeiten
mir lebendig werden.

Doch alles Dieses beschäftigte uns nur vor¬
übergehend; meine dauernde Theilnahme dagegen
erregte ein Anderes, dem wir selbst in der Stadt
nichts an die Seite zu setzen hatten. -- Ich meine

auf einer eigens angelegten Werft erbaute Kriegs¬
flotte aus Wallnußſchaalen und Schachteldeckeln
ſchwimmen. Im Spätſommer geſchah es dann
auch wol, daß wir aus unſerer Koppel einen
Raubzug nach des Küſters Garten machten, wel¬
cher gegenüber dem des Paſtorates an der an¬
deren Seite der Waſſergrube lag; denn wir hatten
dort von zwei verkrüppelten Apfelbäumen unſeren
Zehnten einzuheimſen, wofür uns freilich gelegent¬
lich eine freundſchaftliche Drohung von dem gut¬
müthigen alten Manne zu Theil wurde. — So
viele Jugendfreuden wuchſen auf dieſer Prieſter¬
koppel, in deren dürrem Sandboden andere Blu¬
men nicht gedeihen wollten; nur den ſcharfen
Duft der goldknopfigen Rainfarren, die hier
haufenweis auf allen Wällen ſtanden, ſpüre ich
noch heute in der Erinnerung, wenn jene Zeiten
mir lebendig werden.

Doch alles Dieſes beſchäftigte uns nur vor¬
übergehend; meine dauernde Theilnahme dagegen
erregte ein Anderes, dem wir ſelbſt in der Stadt
nichts an die Seite zu ſetzen hatten. — Ich meine

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[5/0019] auf einer eigens angelegten Werft erbaute Kriegs¬ flotte aus Wallnußſchaalen und Schachteldeckeln ſchwimmen. Im Spätſommer geſchah es dann auch wol, daß wir aus unſerer Koppel einen Raubzug nach des Küſters Garten machten, wel¬ cher gegenüber dem des Paſtorates an der an¬ deren Seite der Waſſergrube lag; denn wir hatten dort von zwei verkrüppelten Apfelbäumen unſeren Zehnten einzuheimſen, wofür uns freilich gelegent¬ lich eine freundſchaftliche Drohung von dem gut¬ müthigen alten Manne zu Theil wurde. — So viele Jugendfreuden wuchſen auf dieſer Prieſter¬ koppel, in deren dürrem Sandboden andere Blu¬ men nicht gedeihen wollten; nur den ſcharfen Duft der goldknopfigen Rainfarren, die hier haufenweis auf allen Wällen ſtanden, ſpüre ich noch heute in der Erinnerung, wenn jene Zeiten mir lebendig werden. Doch alles Dieſes beſchäftigte uns nur vor¬ übergehend; meine dauernde Theilnahme dagegen erregte ein Anderes, dem wir ſelbſt in der Stadt nichts an die Seite zu ſetzen hatten. — Ich meine

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/19>, abgerufen am 24.04.2024.