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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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Alle ankommende Schiffe werden hier und in
Kronstadt scharf untersucht und müssen am
Packhofe löschen. Der Zoll untersucht die
Waaren nach der Angabe der Kaufleute, die
nicht nur die Gattung derselben, sondern
(wenn der Zoll vom Werth bezahlt wird)
auch diesen Werth bestimmen muß; wenn nun
die Untersuchung ausweist oder vermuthlich
macht, daß die Waaren unter ihrem eigenthüm-
lichen Werth angegeben sind, so ist der Zoll
berechtigt, sie für diesen Angabepreis und eine
Vergütung von Zwanzig vom Hundert zu be-
halten. Diese Einrichtung, die man das Un-
terschreiben nennt, zwingt die Kaufleute, solche
Einfuhrartikel eher zu hoch als zu niedrig an-
zugeben, und in so fern haben also die Zoll-
register eine große Authenticität für sich. Ob
aber überall kein Unterschleif in Anschlag zu
bringen sey, ist eine Frage, deren Entschei-
dung nur von daher zu erwarten ist, wo man
das größte Interesse hat, sie zu verneinen.
Fast allgemein ist übrigens die Meynung, daß
die Vorsichtsanstalten nirgend im Reiche so gut
sind und folglich der Zollbetrug nirgend so
schwierig ist als hier. Daß dies nicht von allen

Alle ankommende Schiffe werden hier und in
Kronſtadt ſcharf unterſucht und muͤſſen am
Packhofe loͤſchen. Der Zoll unterſucht die
Waaren nach der Angabe der Kaufleute, die
nicht nur die Gattung derſelben, ſondern
(wenn der Zoll vom Werth bezahlt wird)
auch dieſen Werth beſtimmen muß; wenn nun
die Unterſuchung ausweiſt oder vermuthlich
macht, daß die Waaren unter ihrem eigenthuͤm-
lichen Werth angegeben ſind, ſo iſt der Zoll
berechtigt, ſie fuͤr dieſen Angabepreis und eine
Verguͤtung von Zwanzig vom Hundert zu be-
halten. Dieſe Einrichtung, die man das Un-
terſchreiben nennt, zwingt die Kaufleute, ſolche
Einfuhrartikel eher zu hoch als zu niedrig an-
zugeben, und in ſo fern haben alſo die Zoll-
regiſter eine große Authenticitaͤt fuͤr ſich. Ob
aber uͤberall kein Unterſchleif in Anſchlag zu
bringen ſey, iſt eine Frage, deren Entſchei-
dung nur von daher zu erwarten iſt, wo man
das groͤßte Intereſſe hat, ſie zu verneinen.
Faſt allgemein iſt uͤbrigens die Meynung, daß
die Vorſichtsanſtalten nirgend im Reiche ſo gut
ſind und folglich der Zollbetrug nirgend ſo
ſchwierig iſt als hier. Daß dies nicht von allen

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[29/0045] Alle ankommende Schiffe werden hier und in Kronſtadt ſcharf unterſucht und muͤſſen am Packhofe loͤſchen. Der Zoll unterſucht die Waaren nach der Angabe der Kaufleute, die nicht nur die Gattung derſelben, ſondern (wenn der Zoll vom Werth bezahlt wird) auch dieſen Werth beſtimmen muß; wenn nun die Unterſuchung ausweiſt oder vermuthlich macht, daß die Waaren unter ihrem eigenthuͤm- lichen Werth angegeben ſind, ſo iſt der Zoll berechtigt, ſie fuͤr dieſen Angabepreis und eine Verguͤtung von Zwanzig vom Hundert zu be- halten. Dieſe Einrichtung, die man das Un- terſchreiben nennt, zwingt die Kaufleute, ſolche Einfuhrartikel eher zu hoch als zu niedrig an- zugeben, und in ſo fern haben alſo die Zoll- regiſter eine große Authenticitaͤt fuͤr ſich. Ob aber uͤberall kein Unterſchleif in Anſchlag zu bringen ſey, iſt eine Frage, deren Entſchei- dung nur von daher zu erwarten iſt, wo man das groͤßte Intereſſe hat, ſie zu verneinen. Faſt allgemein iſt uͤbrigens die Meynung, daß die Vorſichtsanſtalten nirgend im Reiche ſo gut ſind und folglich der Zollbetrug nirgend ſo ſchwierig iſt als hier. Daß dies nicht von allen

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/45>, abgerufen am 29.03.2024.