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Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

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Ordengesell. Willkommen wegen des Handwerks.
Fremder. Schönen Dank! Meister, Gesellen und Jünger aus
N. und überall wo ich herkomme, lassen freundlich grüßen.
Ordengesell. Meister, Gesellen und Jünger sollen bedankt
sein.

Nun setzten sich beide und der Ordengesell trank dem Frem-
den zu und das Gespräch wurde fortgesetzt.

Ordengesell. Mit Gunst Fremder, was ist sein Begehr,
weshalb er nach mir geschickt hat? -- Er hat zwar nicht
nach mir geschickt, ich bin von mir selbst gekommen. *)
Fremder. Mein Begehr ist, daß mir Handwerksgebrauch
und Gewohnheit möge bewiesen werden, es stehet wieder
zu verschulden hier oder anderswo.
Ordengesell. Handwerkgebrauch und Gewohnheit soll ihm
bewiesen werden, so viel ich davon gelernt habe und was
ich nicht weiß, hoffe ich von ihm oder einem andern
rechtschaffenen Gesellen oder Jünger noch zu lernen.
Fremder. Von mir wird er nicht viel lernen, das Land
auf und nieder laufen, Kleider und Schuh zerreißen, dem
Herrn Vater Bier oder Wein austrinken, einmal viel ein
andermal wenig, nachdem es der Beutel vermag.
Ordengesell. Mit Gunst Fremder, das können wir hier
auch. Mit Gunst, worauf schickt er denn? auf Schloß-,
Uhr-, Spor-, Büchsen- oder Windenmacher?
Fremder. Schloß- (Uhr- oder die übrigen).
Ordengesell. Gesellen oder Jünger Weise?
Fremder. Gesellen (Jüngerweis).
Ordengesell. Auf Stückwerk oder Wochenlohn?
Fremder. Wochenlohn (Stückwerk).
Ordengesell. Meisters Sohn oder Gelernter? **)
Fremder. Gelernter (Meisters Sohn).
*) Andeutung von Dienstfertigkeit.
**) Diese Frage bezieht sich auf die Pflicht der Meistersöhne, bei ihrer
Rückkehr aus der Fremde sich bei ihrem Vater, wenn er noch lebte,
oder bei einem andern Meister, in gehöriger Form einführen zu lassen,
damit man immer wissen konnte, wie viel Gesellen in Arbeit standen.
Ordengeſell. Willkommen wegen des Handwerks.
Fremder. Schönen Dank! Meiſter, Geſellen und Jünger aus
N. und überall wo ich herkomme, laſſen freundlich grüßen.
Ordengeſell. Meiſter, Geſellen und Jünger ſollen bedankt
ſein.

Nun ſetzten ſich beide und der Ordengeſell trank dem Frem-
den zu und das Geſpräch wurde fortgeſetzt.

Ordengeſell. Mit Gunſt Fremder, was iſt ſein Begehr,
weshalb er nach mir geſchickt hat? — Er hat zwar nicht
nach mir geſchickt, ich bin von mir ſelbſt gekommen. *)
Fremder. Mein Begehr iſt, daß mir Handwerksgebrauch
und Gewohnheit möge bewieſen werden, es ſtehet wieder
zu verſchulden hier oder anderswo.
Ordengeſell. Handwerkgebrauch und Gewohnheit ſoll ihm
bewieſen werden, ſo viel ich davon gelernt habe und was
ich nicht weiß, hoffe ich von ihm oder einem andern
rechtſchaffenen Geſellen oder Jünger noch zu lernen.
Fremder. Von mir wird er nicht viel lernen, das Land
auf und nieder laufen, Kleider und Schuh zerreißen, dem
Herrn Vater Bier oder Wein austrinken, einmal viel ein
andermal wenig, nachdem es der Beutel vermag.
Ordengeſell. Mit Gunſt Fremder, das können wir hier
auch. Mit Gunſt, worauf ſchickt er denn? auf Schloß-,
Uhr-, Spor-, Büchſen- oder Windenmacher?
Fremder. Schloß- (Uhr- oder die übrigen).
Ordengeſell. Geſellen oder Jünger Weiſe?
Fremder. Geſellen (Jüngerweis).
Ordengeſell. Auf Stückwerk oder Wochenlohn?
Fremder. Wochenlohn (Stückwerk).
Ordengeſell. Meiſters Sohn oder Gelernter? **)
Fremder. Gelernter (Meiſters Sohn).
*) Andeutung von Dienſtfertigkeit.
**) Dieſe Frage bezieht ſich auf die Pflicht der Meiſterſöhne, bei ihrer
Rückkehr aus der Fremde ſich bei ihrem Vater, wenn er noch lebte,
oder bei einem andern Meiſter, in gehöriger Form einführen zu laſſen,
damit man immer wiſſen konnte, wie viel Geſellen in Arbeit ſtanden.
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[62/0072] Ordengeſell. Willkommen wegen des Handwerks. Fremder. Schönen Dank! Meiſter, Geſellen und Jünger aus N. und überall wo ich herkomme, laſſen freundlich grüßen. Ordengeſell. Meiſter, Geſellen und Jünger ſollen bedankt ſein. Nun ſetzten ſich beide und der Ordengeſell trank dem Frem- den zu und das Geſpräch wurde fortgeſetzt. Ordengeſell. Mit Gunſt Fremder, was iſt ſein Begehr, weshalb er nach mir geſchickt hat? — Er hat zwar nicht nach mir geſchickt, ich bin von mir ſelbſt gekommen. *) Fremder. Mein Begehr iſt, daß mir Handwerksgebrauch und Gewohnheit möge bewieſen werden, es ſtehet wieder zu verſchulden hier oder anderswo. Ordengeſell. Handwerkgebrauch und Gewohnheit ſoll ihm bewieſen werden, ſo viel ich davon gelernt habe und was ich nicht weiß, hoffe ich von ihm oder einem andern rechtſchaffenen Geſellen oder Jünger noch zu lernen. Fremder. Von mir wird er nicht viel lernen, das Land auf und nieder laufen, Kleider und Schuh zerreißen, dem Herrn Vater Bier oder Wein austrinken, einmal viel ein andermal wenig, nachdem es der Beutel vermag. Ordengeſell. Mit Gunſt Fremder, das können wir hier auch. Mit Gunſt, worauf ſchickt er denn? auf Schloß-, Uhr-, Spor-, Büchſen- oder Windenmacher? Fremder. Schloß- (Uhr- oder die übrigen). Ordengeſell. Geſellen oder Jünger Weiſe? Fremder. Geſellen (Jüngerweis). Ordengeſell. Auf Stückwerk oder Wochenlohn? Fremder. Wochenlohn (Stückwerk). Ordengeſell. Meiſters Sohn oder Gelernter? **) Fremder. Gelernter (Meiſters Sohn). *) Andeutung von Dienſtfertigkeit. **) Dieſe Frage bezieht ſich auf die Pflicht der Meiſterſöhne, bei ihrer Rückkehr aus der Fremde ſich bei ihrem Vater, wenn er noch lebte, oder bei einem andern Meiſter, in gehöriger Form einführen zu laſſen, damit man immer wiſſen konnte, wie viel Geſellen in Arbeit ſtanden.

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Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/72>, abgerufen am 29.03.2024.