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Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

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Schenkgesell. So mit Gunst mein lieber Kupferknabe,
weil es allhier ein löblicher Gebrauch ist, daß man einem
fremden Rummelsmann den ehrlichen Guten Willen
hält und den ehrlichen Willkommen vorstellt, nach Hand-
werksgewohnheit und Gebrauch, also will ich Dir denselben
vorgestellt haben, wofern Du ihn von mir und andern
rechtschaffenen Kupferknaben vor gut annehmen wirst.
Rummelsmann. So mit Gunst, gar gern!
Schenkgesell. So mit Gunst, so will ich Dir auch sagen,
wie Du Dich zu verhalten bey diesem guten ehrlichen
Willen. Diesen ehrlichen Willkommen sollst Du auf drei
schmale Züge
austrinken, ehe der ehrliche Umläufer drei
Mal um den Tisch gehet *), soferne Du demselben nicht
wirst nachkommen, so sollst Du ihn morgen frühe nüchtern
im Bette vor dein eigen Geld austrinken, Tisch, Bank,
Kachel und Ofen nicht dabey begießen, sie werden davon
wenig genießen, es soll Dir auch nicht gestattet werden.
Dabey sollst Du Macht haben, drei ehrliche Jungfern dar-
aus zu verschenken **), als nehmlich bey dem Tisch ver-
sammelt seyn. Zum Andern sollst Du ein frisch Liedlein
singen, das 24 Mal um den Tisch soll klingen. Zum
Dritten wirst Du dich wissen zu bedanken, nach Hand-
werksgebrauch und Gewohnheit.
Rummelsmann. So mit Gunst Kupferknabe, weil mir
ein ehrlicher Willkommen ist vorgestellt worden und dabey
angemeldet, wie ich mich dabei verhalten soll, nehmlich soll
Macht haben, drei ehrliche Jungfern zu verschenken, wie
sie bey dem Tisch versammelt seyn, also will ich Dich vor
die erste ehrliche Jungfer angesehen haben. ***) Ich bitte Du
wollest mir aus diesem ehrlichen Willkommen den ersten ehr-
*) Während er also den Willkommen leerte, trank die Gesellschaft drei-
mal aus einem andern Pokal, welcher Umläufer hieß.
**) d. h. den Willkommen zubringen, ihre Gesundheit trinken.
***) In Ermangelung hübscher Mädchen. -- Gewiß hatte man den Kupfer-
schmiedegesellen verboten, Mädchen auf ihren guten Willen zu bitten,
wie es bei den Schlossern in Halberstadt der Fall war. Aber selbst
im Namen wurde noch die alte Sitte fortgepflanzt.
Schenkgeſell. So mit Gunſt mein lieber Kupferknabe,
weil es allhier ein löblicher Gebrauch iſt, daß man einem
fremden Rummelsmann den ehrlichen Guten Willen
hält und den ehrlichen Willkommen vorſtellt, nach Hand-
werksgewohnheit und Gebrauch, alſo will ich Dir denſelben
vorgeſtellt haben, wofern Du ihn von mir und andern
rechtſchaffenen Kupferknaben vor gut annehmen wirſt.
Rummelsmann. So mit Gunſt, gar gern!
Schenkgeſell. So mit Gunſt, ſo will ich Dir auch ſagen,
wie Du Dich zu verhalten bey dieſem guten ehrlichen
Willen. Dieſen ehrlichen Willkommen ſollſt Du auf drei
ſchmale Züge
austrinken, ehe der ehrliche Umläufer drei
Mal um den Tiſch gehet *), ſoferne Du demſelben nicht
wirſt nachkommen, ſo ſollſt Du ihn morgen frühe nüchtern
im Bette vor dein eigen Geld austrinken, Tiſch, Bank,
Kachel und Ofen nicht dabey begießen, ſie werden davon
wenig genießen, es ſoll Dir auch nicht geſtattet werden.
Dabey ſollſt Du Macht haben, drei ehrliche Jungfern dar-
aus zu verſchenken **), als nehmlich bey dem Tiſch ver-
ſammelt ſeyn. Zum Andern ſollſt Du ein friſch Liedlein
ſingen, das 24 Mal um den Tiſch ſoll klingen. Zum
Dritten wirſt Du dich wiſſen zu bedanken, nach Hand-
werksgebrauch und Gewohnheit.
Rummelsmann. So mit Gunſt Kupferknabe, weil mir
ein ehrlicher Willkommen iſt vorgeſtellt worden und dabey
angemeldet, wie ich mich dabei verhalten ſoll, nehmlich ſoll
Macht haben, drei ehrliche Jungfern zu verſchenken, wie
ſie bey dem Tiſch verſammelt ſeyn, alſo will ich Dich vor
die erſte ehrliche Jungfer angeſehen haben. ***) Ich bitte Du
wolleſt mir aus dieſem ehrlichen Willkommen den erſten ehr-
*) Während er alſo den Willkommen leerte, trank die Geſellſchaft drei-
mal aus einem andern Pokal, welcher Umläufer hieß.
**) d. h. den Willkommen zubringen, ihre Geſundheit trinken.
***) In Ermangelung hübſcher Mädchen. — Gewiß hatte man den Kupfer-
ſchmiedegeſellen verboten, Mädchen auf ihren guten Willen zu bitten,
wie es bei den Schloſſern in Halberſtadt der Fall war. Aber ſelbſt
im Namen wurde noch die alte Sitte fortgepflanzt.
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[44/0054] Schenkgeſell. So mit Gunſt mein lieber Kupferknabe, weil es allhier ein löblicher Gebrauch iſt, daß man einem fremden Rummelsmann den ehrlichen Guten Willen hält und den ehrlichen Willkommen vorſtellt, nach Hand- werksgewohnheit und Gebrauch, alſo will ich Dir denſelben vorgeſtellt haben, wofern Du ihn von mir und andern rechtſchaffenen Kupferknaben vor gut annehmen wirſt. Rummelsmann. So mit Gunſt, gar gern! Schenkgeſell. So mit Gunſt, ſo will ich Dir auch ſagen, wie Du Dich zu verhalten bey dieſem guten ehrlichen Willen. Dieſen ehrlichen Willkommen ſollſt Du auf drei ſchmale Züge austrinken, ehe der ehrliche Umläufer drei Mal um den Tiſch gehet *), ſoferne Du demſelben nicht wirſt nachkommen, ſo ſollſt Du ihn morgen frühe nüchtern im Bette vor dein eigen Geld austrinken, Tiſch, Bank, Kachel und Ofen nicht dabey begießen, ſie werden davon wenig genießen, es ſoll Dir auch nicht geſtattet werden. Dabey ſollſt Du Macht haben, drei ehrliche Jungfern dar- aus zu verſchenken **), als nehmlich bey dem Tiſch ver- ſammelt ſeyn. Zum Andern ſollſt Du ein friſch Liedlein ſingen, das 24 Mal um den Tiſch ſoll klingen. Zum Dritten wirſt Du dich wiſſen zu bedanken, nach Hand- werksgebrauch und Gewohnheit. Rummelsmann. So mit Gunſt Kupferknabe, weil mir ein ehrlicher Willkommen iſt vorgeſtellt worden und dabey angemeldet, wie ich mich dabei verhalten ſoll, nehmlich ſoll Macht haben, drei ehrliche Jungfern zu verſchenken, wie ſie bey dem Tiſch verſammelt ſeyn, alſo will ich Dich vor die erſte ehrliche Jungfer angeſehen haben. ***) Ich bitte Du wolleſt mir aus dieſem ehrlichen Willkommen den erſten ehr- *) Während er alſo den Willkommen leerte, trank die Geſellſchaft drei- mal aus einem andern Pokal, welcher Umläufer hieß. **) d. h. den Willkommen zubringen, ihre Geſundheit trinken. ***) In Ermangelung hübſcher Mädchen. — Gewiß hatte man den Kupfer- ſchmiedegeſellen verboten, Mädchen auf ihren guten Willen zu bitten, wie es bei den Schloſſern in Halberſtadt der Fall war. Aber ſelbſt im Namen wurde noch die alte Sitte fortgepflanzt.

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Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/54>, abgerufen am 24.04.2024.