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Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844.

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derschaften. Wir können füglich auf spezielle Mittheilung ver-
zichten, und nur von der Ehrenschenke oder dem Willkommen
sprechen, die bei dieser Gelegenheit den zum Gesellen gesprochenen
Lehrlingen und den zugewanderten Gesellen gereicht wurde.

Nach der ersten Umfrage des Altgesellen, ob einer oder der
andere etwas zu klagen oder zu erinnern habe, wurde die soge-
genannte Willkommenfrage von ihm gethan, sie lautete so:

Mit Gunst ehrbare (oder günstige) Meister und Gesellen.
Es ist hier in der Kauf- und Handelsstadt Magdeburg
der Gebrauch, wenn ein fremder Gesell zugereis't, oder
ein Bursche aus der Lehre gekommen ist, daß wir ihnen
unser Gesellengeschenk und Willkommen präsentiren, da-
mit sie nicht sagen dürfen: in der Stadt Magdeburg
haben die Böttcher auch einen Willkommen, aber
Zum Riegel,
Zum Spriegel,
Zum Prunk und Prank,
Wohl auf dem Tisch,
Wohl unter der Bank. *)
Nein, das wollen wir nicht gelitten haben, ich will ihn
nicht bringen, mit lieblichen Dingen, nicht mit Wasser oder
Wein, sondern mit einem Trunk Magdeburger Broyhan,
so gut wir ihn für unser ehrliches Gesellengeld haben
können. Ich will ihn bringen mit sechs Ehren, drei
vor und drei nach dem Trunk; was ich nicht kann mit
dem Munde ehren, das will ich mit dem Beutel ehren,
desgleichen soll auch der Fremde thun. Ich will auch
Macht haben, zwei zu küren, einer soll auf meine
Worte, der andere auf des Fremden Worte achten.
Willkommens Gnade soll er haben, Willkommens Ge-
rechtigkeit kann ihm auch widerfahren. Mit Gunst, ist
etwa einer oder der andere, der das Gesellengeschenk und
den Willkommen begehrt, der stehe auf und trete vor des
Krugvaters Tisch, also mit Gunst.
*) Auch Poesie, und der Takt, nach welchem die Böttcher um die Tonne
wandern, wenn sie Reife umlegen.

derſchaften. Wir können füglich auf ſpezielle Mittheilung ver-
zichten, und nur von der Ehrenſchenke oder dem Willkommen
ſprechen, die bei dieſer Gelegenheit den zum Geſellen geſprochenen
Lehrlingen und den zugewanderten Geſellen gereicht wurde.

Nach der erſten Umfrage des Altgeſellen, ob einer oder der
andere etwas zu klagen oder zu erinnern habe, wurde die ſoge-
genannte Willkommenfrage von ihm gethan, ſie lautete ſo:

Mit Gunſt ehrbare (oder günſtige) Meiſter und Geſellen.
Es iſt hier in der Kauf- und Handelsſtadt Magdeburg
der Gebrauch, wenn ein fremder Geſell zugereiſ’t, oder
ein Burſche aus der Lehre gekommen iſt, daß wir ihnen
unſer Geſellengeſchenk und Willkommen präſentiren, da-
mit ſie nicht ſagen dürfen: in der Stadt Magdeburg
haben die Böttcher auch einen Willkommen, aber
Zum Riegel,
Zum Spriegel,
Zum Prunk und Prank,
Wohl auf dem Tiſch,
Wohl unter der Bank. *)
Nein, das wollen wir nicht gelitten haben, ich will ihn
nicht bringen, mit lieblichen Dingen, nicht mit Waſſer oder
Wein, ſondern mit einem Trunk Magdeburger Broyhan,
ſo gut wir ihn für unſer ehrliches Geſellengeld haben
können. Ich will ihn bringen mit ſechs Ehren, drei
vor und drei nach dem Trunk; was ich nicht kann mit
dem Munde ehren, das will ich mit dem Beutel ehren,
desgleichen ſoll auch der Fremde thun. Ich will auch
Macht haben, zwei zu küren, einer ſoll auf meine
Worte, der andere auf des Fremden Worte achten.
Willkommens Gnade ſoll er haben, Willkommens Ge-
rechtigkeit kann ihm auch widerfahren. Mit Gunſt, iſt
etwa einer oder der andere, der das Geſellengeſchenk und
den Willkommen begehrt, der ſtehe auf und trete vor des
Krugvaters Tiſch, alſo mit Gunſt.
*) Auch Poeſie, und der Takt, nach welchem die Böttcher um die Tonne
wandern, wenn ſie Reife umlegen.
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[100/0110] derſchaften. Wir können füglich auf ſpezielle Mittheilung ver- zichten, und nur von der Ehrenſchenke oder dem Willkommen ſprechen, die bei dieſer Gelegenheit den zum Geſellen geſprochenen Lehrlingen und den zugewanderten Geſellen gereicht wurde. Nach der erſten Umfrage des Altgeſellen, ob einer oder der andere etwas zu klagen oder zu erinnern habe, wurde die ſoge- genannte Willkommenfrage von ihm gethan, ſie lautete ſo: Mit Gunſt ehrbare (oder günſtige) Meiſter und Geſellen. Es iſt hier in der Kauf- und Handelsſtadt Magdeburg der Gebrauch, wenn ein fremder Geſell zugereiſ’t, oder ein Burſche aus der Lehre gekommen iſt, daß wir ihnen unſer Geſellengeſchenk und Willkommen präſentiren, da- mit ſie nicht ſagen dürfen: in der Stadt Magdeburg haben die Böttcher auch einen Willkommen, aber Zum Riegel, Zum Spriegel, Zum Prunk und Prank, Wohl auf dem Tiſch, Wohl unter der Bank. *) Nein, das wollen wir nicht gelitten haben, ich will ihn nicht bringen, mit lieblichen Dingen, nicht mit Waſſer oder Wein, ſondern mit einem Trunk Magdeburger Broyhan, ſo gut wir ihn für unſer ehrliches Geſellengeld haben können. Ich will ihn bringen mit ſechs Ehren, drei vor und drei nach dem Trunk; was ich nicht kann mit dem Munde ehren, das will ich mit dem Beutel ehren, desgleichen ſoll auch der Fremde thun. Ich will auch Macht haben, zwei zu küren, einer ſoll auf meine Worte, der andere auf des Fremden Worte achten. Willkommens Gnade ſoll er haben, Willkommens Ge- rechtigkeit kann ihm auch widerfahren. Mit Gunſt, iſt etwa einer oder der andere, der das Geſellengeſchenk und den Willkommen begehrt, der ſtehe auf und trete vor des Krugvaters Tiſch, alſo mit Gunſt. *) Auch Poeſie, und der Takt, nach welchem die Böttcher um die Tonne wandern, wenn ſie Reife umlegen.

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Zitationshilfe: Stock, Ch. L.: Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg, 1844, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stock_gesellenwesen_1844/110>, abgerufen am 28.03.2024.