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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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frau heißt die Geldjungfer "Arbeit", denn "Arbeit" ist der
Name des Mannes. Sie ist ein Besitz des Mannes.

Um dieß Bild zu Ende zu bringen, so ist das Kind von
Arbeit und Geld wteder ein Mädchen, ein unverehelichtes, also
Geld, aber mit der gewissen Abstammung von der Arbeit, seinem
Vater. Die Gesichtsform, das "Bild", trägt ein anderes Gepräge.

Was schließlich noch einmal die Concurrenz betrifft, so
hat sie gerade dadurch Bestand, daß nicht Alle sich ihrer
Sache
annehmen und sich über sie mit einander verständi¬
gen
. Brod ist z. B. das Bedürfniß aller Einwohner einer
Stadt; deshalb könnten sie leicht übereinkommen, eine öffent¬
liche Bäckerei einzurichten. Statt dessen überlassen sie die Lie¬
ferung des Bedarfs den concurrirenden Bäckern. Ebenso Fleisch
den Fleischern, Wein den Weinhändlern u s. w.

Die Concurrenz aufheben heißt nicht so viel als die Zunft
begünstigen. Der Unterschied ist dieser: In der Zunft ist das
Backen u. s. w. Sache der Zünftigen; in der Concurrenz
Sache der beliebig Wetteifernden; im Verein Derer, welche
Gebackenes brauchen, also meine, deine Sache, weder Sache
des zünftigen noch des concessionirten Bäckers, sondern Sache
der Vereinten.

Wenn Ich Mich nicht um meine Sache bekümmere, so
muß Ich mit dem vorlieb nehmen, was Andern Mir zu
gewähren beliebt. Brod zu haben, ist meine Sache, mein
Wunsch und Begehren, und doch überläßt man das den Bäckern,
und hofft höchstens durch ihren Hader, ihr Rangablaufen, ih¬
ren Wetteifer, kurz ihre Concurrenz einen Vortheil zu erlangen,
auf welchen man bei den Zünftigen, die gänzlich und al¬
lein
im Eigenthum der Backgerechtigkeit saßen, nicht rechnen
konnte. -- Was Jeder braucht, an dessen Herbeischaffung und

frau heißt die Geldjungfer „Arbeit“, denn „Arbeit“ iſt der
Name des Mannes. Sie iſt ein Beſitz des Mannes.

Um dieß Bild zu Ende zu bringen, ſo iſt das Kind von
Arbeit und Geld wteder ein Mädchen, ein unverehelichtes, alſo
Geld, aber mit der gewiſſen Abſtammung von der Arbeit, ſeinem
Vater. Die Geſichtsform, das „Bild“, trägt ein anderes Gepräge.

Was ſchließlich noch einmal die Concurrenz betrifft, ſo
hat ſie gerade dadurch Beſtand, daß nicht Alle ſich ihrer
Sache
annehmen und ſich über ſie mit einander verſtändi¬
gen
. Brod iſt z. B. das Bedürfniß aller Einwohner einer
Stadt; deshalb könnten ſie leicht übereinkommen, eine öffent¬
liche Bäckerei einzurichten. Statt deſſen überlaſſen ſie die Lie¬
ferung des Bedarfs den concurrirenden Bäckern. Ebenſo Fleiſch
den Fleiſchern, Wein den Weinhändlern u ſ. w.

Die Concurrenz aufheben heißt nicht ſo viel als die Zunft
begünſtigen. Der Unterſchied iſt dieſer: In der Zunft iſt das
Backen u. ſ. w. Sache der Zünftigen; in der Concurrenz
Sache der beliebig Wetteifernden; im Verein Derer, welche
Gebackenes brauchen, alſo meine, deine Sache, weder Sache
des zünftigen noch des conceſſionirten Bäckers, ſondern Sache
der Vereinten.

Wenn Ich Mich nicht um meine Sache bekümmere, ſo
muß Ich mit dem vorlieb nehmen, was Andern Mir zu
gewähren beliebt. Brod zu haben, iſt meine Sache, mein
Wunſch und Begehren, und doch überläßt man das den Bäckern,
und hofft höchſtens durch ihren Hader, ihr Rangablaufen, ih¬
ren Wetteifer, kurz ihre Concurrenz einen Vortheil zu erlangen,
auf welchen man bei den Zünftigen, die gänzlich und al¬
lein
im Eigenthum der Backgerechtigkeit ſaßen, nicht rechnen
konnte. — Was Jeder braucht, an deſſen Herbeiſchaffung und

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[365/0373] frau heißt die Geldjungfer „Arbeit“, denn „Arbeit“ iſt der Name des Mannes. Sie iſt ein Beſitz des Mannes. Um dieß Bild zu Ende zu bringen, ſo iſt das Kind von Arbeit und Geld wteder ein Mädchen, ein unverehelichtes, alſo Geld, aber mit der gewiſſen Abſtammung von der Arbeit, ſeinem Vater. Die Geſichtsform, das „Bild“, trägt ein anderes Gepräge. Was ſchließlich noch einmal die Concurrenz betrifft, ſo hat ſie gerade dadurch Beſtand, daß nicht Alle ſich ihrer Sache annehmen und ſich über ſie mit einander verſtändi¬ gen. Brod iſt z. B. das Bedürfniß aller Einwohner einer Stadt; deshalb könnten ſie leicht übereinkommen, eine öffent¬ liche Bäckerei einzurichten. Statt deſſen überlaſſen ſie die Lie¬ ferung des Bedarfs den concurrirenden Bäckern. Ebenſo Fleiſch den Fleiſchern, Wein den Weinhändlern u ſ. w. Die Concurrenz aufheben heißt nicht ſo viel als die Zunft begünſtigen. Der Unterſchied iſt dieſer: In der Zunft iſt das Backen u. ſ. w. Sache der Zünftigen; in der Concurrenz Sache der beliebig Wetteifernden; im Verein Derer, welche Gebackenes brauchen, alſo meine, deine Sache, weder Sache des zünftigen noch des conceſſionirten Bäckers, ſondern Sache der Vereinten. Wenn Ich Mich nicht um meine Sache bekümmere, ſo muß Ich mit dem vorlieb nehmen, was Andern Mir zu gewähren beliebt. Brod zu haben, iſt meine Sache, mein Wunſch und Begehren, und doch überläßt man das den Bäckern, und hofft höchſtens durch ihren Hader, ihr Rangablaufen, ih¬ ren Wetteifer, kurz ihre Concurrenz einen Vortheil zu erlangen, auf welchen man bei den Zünftigen, die gänzlich und al¬ lein im Eigenthum der Backgerechtigkeit ſaßen, nicht rechnen konnte. — Was Jeder braucht, an deſſen Herbeiſchaffung und

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/373>, abgerufen am 24.04.2024.