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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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vielen Tausenden werth. Schlüget Ihr aber die eurige nicht
so hoch an, und ließet Uns die unsere besser verwerthen, so
würden Wir erforderlichen Falls wohl noch wichtigere Dinge
zu Stande bringen, als Ihr für die vielen tausend Thaler,
und bekämet Ihr nur einen Lohn wie Wir, Ihr würdet bald
fleißiger werden, um mehr zu erhalten. Leistet Ihr aber et¬
was, was Uns zehn und hundert Mal mehr werth scheint,
als unsere eigene Arbeit, ei, da sollt Ihr auch hundert Mal
mehr dafür bekommen; Wir denken Euch dagegen auch Dinge
herzustellen, die Ihr Uns höher als mit dem gewöhnlichen
Tagelohn verwerthen werdet. Wir wollen schon mit einander
fertig werden, wenn Wir nur erst dahin übereingekommen sind,
daß Keiner mehr dem Andern etwas zu -- schenken braucht.
Dann gehen Wir wohl gar so weit, daß Wir selbst den Krüp¬
peln und Kranken und Alten einen angemessenen Preis dafür
bezahlen, daß sie nicht aus Hunger und Noth von Uns schei¬
den; denn wollen Wir, daß sie leben, so geziemt sich's auch,
daß Wir die Erfüllung unseres Willens -- erkaufen. Ich
sage "erkaufen", meine also kein elendes "Almosen". Ihr
Leben ist ja das Eigenthum auch derer, welche nicht arbeiten
können; wollen Wir (gleichviel aus welchem Grunde), daß sie
Uns dieß Leben nicht entziehen, so können Wir das allein
durch Kauf bewirken wollen; ja Wir werden vielleicht, etwa
weil Wir gern freundliche Gesichter um Uns haben, sogar ihr
Wohlleben wollen. Kurz, Wir wollen von Euch nichts ge¬
schenkt, aber Wir wollen Euch auch nichts schenken. Jahr¬
hunderte haben Wir Euch Almosen gereicht aus gutwilliger --
Dummheit, haben das Scherflein der Armen gespendet und
den Herren gegeben, was der Herren -- nicht ist; nun thut
einmal euren Seckel auf, denn von jetzt an steigt unsere Waare

vielen Tauſenden werth. Schlüget Ihr aber die eurige nicht
ſo hoch an, und ließet Uns die unſere beſſer verwerthen, ſo
würden Wir erforderlichen Falls wohl noch wichtigere Dinge
zu Stande bringen, als Ihr für die vielen tauſend Thaler,
und bekämet Ihr nur einen Lohn wie Wir, Ihr würdet bald
fleißiger werden, um mehr zu erhalten. Leiſtet Ihr aber et¬
was, was Uns zehn und hundert Mal mehr werth ſcheint,
als unſere eigene Arbeit, ei, da ſollt Ihr auch hundert Mal
mehr dafür bekommen; Wir denken Euch dagegen auch Dinge
herzuſtellen, die Ihr Uns höher als mit dem gewöhnlichen
Tagelohn verwerthen werdet. Wir wollen ſchon mit einander
fertig werden, wenn Wir nur erſt dahin übereingekommen ſind,
daß Keiner mehr dem Andern etwas zu — ſchenken braucht.
Dann gehen Wir wohl gar ſo weit, daß Wir ſelbſt den Krüp¬
peln und Kranken und Alten einen angemeſſenen Preis dafür
bezahlen, daß ſie nicht aus Hunger und Noth von Uns ſchei¬
den; denn wollen Wir, daß ſie leben, ſo geziemt ſich's auch,
daß Wir die Erfüllung unſeres Willens — erkaufen. Ich
ſage „erkaufen“, meine alſo kein elendes „Almoſen“. Ihr
Leben iſt ja das Eigenthum auch derer, welche nicht arbeiten
können; wollen Wir (gleichviel aus welchem Grunde), daß ſie
Uns dieß Leben nicht entziehen, ſo können Wir das allein
durch Kauf bewirken wollen; ja Wir werden vielleicht, etwa
weil Wir gern freundliche Geſichter um Uns haben, ſogar ihr
Wohlleben wollen. Kurz, Wir wollen von Euch nichts ge¬
ſchenkt, aber Wir wollen Euch auch nichts ſchenken. Jahr¬
hunderte haben Wir Euch Almoſen gereicht aus gutwilliger —
Dummheit, haben das Scherflein der Armen geſpendet und
den Herren gegeben, was der Herren — nicht iſt; nun thut
einmal euren Seckel auf, denn von jetzt an ſteigt unſere Waare

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[359/0367] vielen Tauſenden werth. Schlüget Ihr aber die eurige nicht ſo hoch an, und ließet Uns die unſere beſſer verwerthen, ſo würden Wir erforderlichen Falls wohl noch wichtigere Dinge zu Stande bringen, als Ihr für die vielen tauſend Thaler, und bekämet Ihr nur einen Lohn wie Wir, Ihr würdet bald fleißiger werden, um mehr zu erhalten. Leiſtet Ihr aber et¬ was, was Uns zehn und hundert Mal mehr werth ſcheint, als unſere eigene Arbeit, ei, da ſollt Ihr auch hundert Mal mehr dafür bekommen; Wir denken Euch dagegen auch Dinge herzuſtellen, die Ihr Uns höher als mit dem gewöhnlichen Tagelohn verwerthen werdet. Wir wollen ſchon mit einander fertig werden, wenn Wir nur erſt dahin übereingekommen ſind, daß Keiner mehr dem Andern etwas zu — ſchenken braucht. Dann gehen Wir wohl gar ſo weit, daß Wir ſelbſt den Krüp¬ peln und Kranken und Alten einen angemeſſenen Preis dafür bezahlen, daß ſie nicht aus Hunger und Noth von Uns ſchei¬ den; denn wollen Wir, daß ſie leben, ſo geziemt ſich's auch, daß Wir die Erfüllung unſeres Willens — erkaufen. Ich ſage „erkaufen“, meine alſo kein elendes „Almoſen“. Ihr Leben iſt ja das Eigenthum auch derer, welche nicht arbeiten können; wollen Wir (gleichviel aus welchem Grunde), daß ſie Uns dieß Leben nicht entziehen, ſo können Wir das allein durch Kauf bewirken wollen; ja Wir werden vielleicht, etwa weil Wir gern freundliche Geſichter um Uns haben, ſogar ihr Wohlleben wollen. Kurz, Wir wollen von Euch nichts ge¬ ſchenkt, aber Wir wollen Euch auch nichts ſchenken. Jahr¬ hunderte haben Wir Euch Almoſen gereicht aus gutwilliger — Dummheit, haben das Scherflein der Armen geſpendet und den Herren gegeben, was der Herren — nicht iſt; nun thut einmal euren Seckel auf, denn von jetzt an ſteigt unſere Waare

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/367>, abgerufen am 28.03.2024.