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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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er braucht. Langt er Euch zu weit, ei, so wehrt Euch. Ihr
habt gar nicht nöthig, ihm gutwillig etwas zu -- schenken,
und wenn er sich kennen lernt, oder vielmehr wer aus dem
Pöbel sich kennen lernt, der streift die Pöbelhaftigkeit ab, indem
er sich für eure Almosen bedankt. Lächerlich aber bleibt's, daß
Ihr ihn für "sündig und verbrecherisch" erklärt, wenn er nicht
von euren Gutthaten leben mag, weil er sich etwas zu Gute
thun kann. Eure Schenkungen betrügen ihn, und halten ihn
hin. Vertheidigt euer Eigenthum, so werdet Ihr stark sein;
wollt Ihr hingegen eure Schenkungsfähigkeit erhalten und
etwa gar um so mehr politische Rechte haben, je mehr Ihr
Almosen (Armensteuer) geben könnt, so geht das eben so lange,
als Euch die Beschenkten so gehen lassen. *)

Genug, die Eigenthumsfrage läßt sich nicht so gütlich
lösen, als die Socialisten, ja selbst die Communisten träumen.
Sie wird nur gelöst durch den Krieg Aller gegen Alle. Die
Armen werden nur frei und Eigenthümer, wenn sie sich --
empören, emporbringen, erheben. Schenkt ihnen noch so viel,
sie werden doch immer mehr haben wollen; denn sie wollen
nichts Geringeres, als daß endlich -- nichts mehr ge¬
schenkt werde.

Man wird fragen: Wie wird's denn aber werden, wenn
die Besitzlosen sich ermannen? Welcher Art soll denn die Aus¬
gleichung werden? Ebenso gut könnte man verlangen, daß Ich
einem Kinde die Nativität stellen solle. Was ein Sklave thun
wird, sobald er die Fesseln zerbrochen, das muß man -- erwarten.

*) In einer Registrationsbill für Irland stellte die Regierung den
Antrag, Wähler diejenigen sein zu lassen, welche 5 Pfund Sterling Ar¬
mensteuer entrichten. Also wer Almosen giebt, der erwirbt politische
Rechte, oder wird anderwärts Schwanenritter.

er braucht. Langt er Euch zu weit, ei, ſo wehrt Euch. Ihr
habt gar nicht nöthig, ihm gutwillig etwas zu — ſchenken,
und wenn er ſich kennen lernt, oder vielmehr wer aus dem
Pöbel ſich kennen lernt, der ſtreift die Pöbelhaftigkeit ab, indem
er ſich für eure Almoſen bedankt. Lächerlich aber bleibt's, daß
Ihr ihn für „ſündig und verbrecheriſch“ erklärt, wenn er nicht
von euren Gutthaten leben mag, weil er ſich etwas zu Gute
thun kann. Eure Schenkungen betrügen ihn, und halten ihn
hin. Vertheidigt euer Eigenthum, ſo werdet Ihr ſtark ſein;
wollt Ihr hingegen eure Schenkungsfähigkeit erhalten und
etwa gar um ſo mehr politiſche Rechte haben, je mehr Ihr
Almoſen (Armenſteuer) geben könnt, ſo geht das eben ſo lange,
als Euch die Beſchenkten ſo gehen laſſen. *)

Genug, die Eigenthumsfrage läßt ſich nicht ſo gütlich
löſen, als die Socialiſten, ja ſelbſt die Communiſten träumen.
Sie wird nur gelöſt durch den Krieg Aller gegen Alle. Die
Armen werden nur frei und Eigenthümer, wenn ſie ſich —
empören, emporbringen, erheben. Schenkt ihnen noch ſo viel,
ſie werden doch immer mehr haben wollen; denn ſie wollen
nichts Geringeres, als daß endlich — nichts mehr ge¬
ſchenkt werde.

Man wird fragen: Wie wird's denn aber werden, wenn
die Beſitzloſen ſich ermannen? Welcher Art ſoll denn die Aus¬
gleichung werden? Ebenſo gut könnte man verlangen, daß Ich
einem Kinde die Nativität ſtellen ſolle. Was ein Sklave thun
wird, ſobald er die Feſſeln zerbrochen, das muß man — erwarten.

*) In einer Regiſtrationsbill für Irland ſtellte die Regierung den
Antrag, Wähler diejenigen ſein zu laſſen, welche 5 Pfund Sterling Ar¬
menſteuer entrichten. Alſo wer Almoſen giebt, der erwirbt politiſche
Rechte, oder wird anderwärts Schwanenritter.
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[344/0352] er braucht. Langt er Euch zu weit, ei, ſo wehrt Euch. Ihr habt gar nicht nöthig, ihm gutwillig etwas zu — ſchenken, und wenn er ſich kennen lernt, oder vielmehr wer aus dem Pöbel ſich kennen lernt, der ſtreift die Pöbelhaftigkeit ab, indem er ſich für eure Almoſen bedankt. Lächerlich aber bleibt's, daß Ihr ihn für „ſündig und verbrecheriſch“ erklärt, wenn er nicht von euren Gutthaten leben mag, weil er ſich etwas zu Gute thun kann. Eure Schenkungen betrügen ihn, und halten ihn hin. Vertheidigt euer Eigenthum, ſo werdet Ihr ſtark ſein; wollt Ihr hingegen eure Schenkungsfähigkeit erhalten und etwa gar um ſo mehr politiſche Rechte haben, je mehr Ihr Almoſen (Armenſteuer) geben könnt, ſo geht das eben ſo lange, als Euch die Beſchenkten ſo gehen laſſen. *) Genug, die Eigenthumsfrage läßt ſich nicht ſo gütlich löſen, als die Socialiſten, ja ſelbſt die Communiſten träumen. Sie wird nur gelöſt durch den Krieg Aller gegen Alle. Die Armen werden nur frei und Eigenthümer, wenn ſie ſich — empören, emporbringen, erheben. Schenkt ihnen noch ſo viel, ſie werden doch immer mehr haben wollen; denn ſie wollen nichts Geringeres, als daß endlich — nichts mehr ge¬ ſchenkt werde. Man wird fragen: Wie wird's denn aber werden, wenn die Beſitzloſen ſich ermannen? Welcher Art ſoll denn die Aus¬ gleichung werden? Ebenſo gut könnte man verlangen, daß Ich einem Kinde die Nativität ſtellen ſolle. Was ein Sklave thun wird, ſobald er die Feſſeln zerbrochen, das muß man — erwarten. *) In einer Regiſtrationsbill für Irland ſtellte die Regierung den Antrag, Wähler diejenigen ſein zu laſſen, welche 5 Pfund Sterling Ar¬ menſteuer entrichten. Alſo wer Almoſen giebt, der erwirbt politiſche Rechte, oder wird anderwärts Schwanenritter.

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/352>, abgerufen am 25.04.2024.