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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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verständige Mich nur mit Andern über mein Eigenthum.
Macht Mir's die Gemeinde nicht recht, so empöre Ich Mich
gegen sie und vertheidige mein Eigenthum. Ich bin Eigen¬
thümer, aber das Eigenthum ist nicht heilig. Ich wäre
bloß Besitzer? Nein, bisher war man nur Besitzer, gesichert
im Besitz einer Parcelle, dadurch, daß man Andere auch im
Besitz einer Parcelle ließ; jetzt aber gehört Alles Mir, Ich
bin Eigenthümer von Allem, dessen Ich brauche und
habhaft werden kann. Heißt es socialistisch: die Gesellschaft
giebt Mir, was Ich brauche, -- so sagt der Egoist: Ich
nehme Mir, was Ich brauche. Gebärden sich die Commu¬
nisten als Lumpe, so benimmt sich der Egoist als Eigenthümer.

Alle Pöbelbeglückungs-Versuche und Schwanenverbrüde¬
rungen müssen scheitern, die aus dem Principe der Liebe ent¬
springen. Nur aus dem Egoismus kann dem Pöbel Hülfe
werden, und diese Hülfe muß er sich selbst leisten und -- wird
sie sich leisten. Läßt er sich nicht zur Furcht zwingen, so ist
er eine Macht. "Die Leute würden allen Respect verlieren,
wenn man sie nicht so zur Furcht zwänge" sagt der Popanz
Gesetz im gestiefelten Kater.

Also das Eigenthum soll und kann nicht aufgehoben, es
muß vielmehr gespenstischen Händen entrissen und mein Eigen¬
thum werden; dann wird das irrige Bewußtsein verschwinden,
daß Ich nicht zu so viel, als Ich brauche, Mich berechtigen
könne. --

"Was kann aber der Mensch nicht Alles brauchen!" Je
nun, wer viel braucht und es zu bekommen versteht, hat sich's
noch zu jeder Zeit geholt, wie Napoleon den Continent und
die Franzosen Algier. Es kommt daher eben nur darauf an,
daß der respectvolle "Pöbel" endlich lerne, sich zu holen, was

verſtändige Mich nur mit Andern über mein Eigenthum.
Macht Mir's die Gemeinde nicht recht, ſo empöre Ich Mich
gegen ſie und vertheidige mein Eigenthum. Ich bin Eigen¬
thümer, aber das Eigenthum iſt nicht heilig. Ich wäre
bloß Beſitzer? Nein, bisher war man nur Beſitzer, geſichert
im Beſitz einer Parcelle, dadurch, daß man Andere auch im
Beſitz einer Parcelle ließ; jetzt aber gehört Alles Mir, Ich
bin Eigenthümer von Allem, deſſen Ich brauche und
habhaft werden kann. Heißt es ſocialiſtiſch: die Geſellſchaft
giebt Mir, was Ich brauche, — ſo ſagt der Egoiſt: Ich
nehme Mir, was Ich brauche. Gebärden ſich die Commu¬
niſten als Lumpe, ſo benimmt ſich der Egoiſt als Eigenthümer.

Alle Pöbelbeglückungs-Verſuche und Schwanenverbrüde¬
rungen müſſen ſcheitern, die aus dem Principe der Liebe ent¬
ſpringen. Nur aus dem Egoismus kann dem Pöbel Hülfe
werden, und dieſe Hülfe muß er ſich ſelbſt leiſten und — wird
ſie ſich leiſten. Läßt er ſich nicht zur Furcht zwingen, ſo iſt
er eine Macht. „Die Leute würden allen Reſpect verlieren,
wenn man ſie nicht ſo zur Furcht zwänge“ ſagt der Popanz
Geſetz im geſtiefelten Kater.

Alſo das Eigenthum ſoll und kann nicht aufgehoben, es
muß vielmehr geſpenſtiſchen Händen entriſſen und mein Eigen¬
thum werden; dann wird das irrige Bewußtſein verſchwinden,
daß Ich nicht zu ſo viel, als Ich brauche, Mich berechtigen
könne. —

„Was kann aber der Menſch nicht Alles brauchen!“ Je
nun, wer viel braucht und es zu bekommen verſteht, hat ſich's
noch zu jeder Zeit geholt, wie Napoleon den Continent und
die Franzoſen Algier. Es kommt daher eben nur darauf an,
daß der reſpectvolle „Pöbel“ endlich lerne, ſich zu holen, was

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[343/0351] verſtändige Mich nur mit Andern über mein Eigenthum. Macht Mir's die Gemeinde nicht recht, ſo empöre Ich Mich gegen ſie und vertheidige mein Eigenthum. Ich bin Eigen¬ thümer, aber das Eigenthum iſt nicht heilig. Ich wäre bloß Beſitzer? Nein, bisher war man nur Beſitzer, geſichert im Beſitz einer Parcelle, dadurch, daß man Andere auch im Beſitz einer Parcelle ließ; jetzt aber gehört Alles Mir, Ich bin Eigenthümer von Allem, deſſen Ich brauche und habhaft werden kann. Heißt es ſocialiſtiſch: die Geſellſchaft giebt Mir, was Ich brauche, — ſo ſagt der Egoiſt: Ich nehme Mir, was Ich brauche. Gebärden ſich die Commu¬ niſten als Lumpe, ſo benimmt ſich der Egoiſt als Eigenthümer. Alle Pöbelbeglückungs-Verſuche und Schwanenverbrüde¬ rungen müſſen ſcheitern, die aus dem Principe der Liebe ent¬ ſpringen. Nur aus dem Egoismus kann dem Pöbel Hülfe werden, und dieſe Hülfe muß er ſich ſelbſt leiſten und — wird ſie ſich leiſten. Läßt er ſich nicht zur Furcht zwingen, ſo iſt er eine Macht. „Die Leute würden allen Reſpect verlieren, wenn man ſie nicht ſo zur Furcht zwänge“ ſagt der Popanz Geſetz im geſtiefelten Kater. Alſo das Eigenthum ſoll und kann nicht aufgehoben, es muß vielmehr geſpenſtiſchen Händen entriſſen und mein Eigen¬ thum werden; dann wird das irrige Bewußtſein verſchwinden, daß Ich nicht zu ſo viel, als Ich brauche, Mich berechtigen könne. — „Was kann aber der Menſch nicht Alles brauchen!“ Je nun, wer viel braucht und es zu bekommen verſteht, hat ſich's noch zu jeder Zeit geholt, wie Napoleon den Continent und die Franzoſen Algier. Es kommt daher eben nur darauf an, daß der reſpectvolle „Pöbel“ endlich lerne, ſich zu holen, was

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/351>, abgerufen am 28.03.2024.