Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

womit "Ich schalten und walten kann nach Gutdünken".
Nach römischem Rechte freilich ius utendi et abutendi re sua,
quatenus iuris ratio patitur
, ein ausschließliches und
unumschränktes Recht; aber Eigenthum wird durch Ge¬
walt bedingt. Was Ich in der Gewalt habe, das ist mein
eigen. So lange Ich Mich als Inhaber behaupte, bin Ich
der Eigenthümer der Sache; entgeht Mir's wieder, gleichviel
durch welche Macht, z. B. durch mein Anerkenntniß eines
Anrechts Anderer an die Sache --, so ist das Eigenthum er¬
loschen. So fällt Eigenthum und Besitz in Eins zusammen.
Nicht ein außerhalb meiner Gewalt liegendes Recht legitimirt
Mich, sondern lediglich meine Gewalt; habe Ich die nicht
mehr, so entschwindet mir die Sache. Als die Römer keine
Gewalt mehr gegen die Germanen hatten, gehörte diesen
das Weltreich Rom, und es klänge lächerlich, wollte man
darauf bestehen, die Römer seien dennoch die eigentlichen
Eigenthümer geblieben. Wer die Sache zu nehmen und
zu behaupten weiß, dem gehört sie, bis sie ihm wieder ge¬
nommen wird, wie die Freiheit Dem gehört, der sie sich
nimmt. --

Ueber das Eigenthum entscheidet nur die Gewalt, und da
der Staat, gleichviel ob Staat der Bürger oder der Lumpe oder
der Menschen schlechthin, der allein Gewaltige ist, so ist er
allein Eigenthümer; Ich, der Einzige, habe nichts, und werde
nur belehnt, bin Lehnsmann und als solcher Dienstmann.
Unter der Herrschaft des Staates giebt es kein Eigenthum
Meiner.

Ich will den Werth Meiner heben, den Werth der Eigen¬
heit, und sollte das Eigenthum herabsetzen? Nein, wie Ich
seither nicht geachtet wurde, weil man Volk, Menschheit und

womit „Ich ſchalten und walten kann nach Gutdünken“.
Nach römiſchem Rechte freilich ius utendi et abutendi re sua,
quatenus iuris ratio patitur
, ein ausſchließliches und
unumſchränktes Recht; aber Eigenthum wird durch Ge¬
walt bedingt. Was Ich in der Gewalt habe, das iſt mein
eigen. So lange Ich Mich als Inhaber behaupte, bin Ich
der Eigenthümer der Sache; entgeht Mir's wieder, gleichviel
durch welche Macht, z. B. durch mein Anerkenntniß eines
Anrechts Anderer an die Sache —, ſo iſt das Eigenthum er¬
loſchen. So fällt Eigenthum und Beſitz in Eins zuſammen.
Nicht ein außerhalb meiner Gewalt liegendes Recht legitimirt
Mich, ſondern lediglich meine Gewalt; habe Ich die nicht
mehr, ſo entſchwindet mir die Sache. Als die Römer keine
Gewalt mehr gegen die Germanen hatten, gehörte dieſen
das Weltreich Rom, und es klänge lächerlich, wollte man
darauf beſtehen, die Römer ſeien dennoch die eigentlichen
Eigenthümer geblieben. Wer die Sache zu nehmen und
zu behaupten weiß, dem gehört ſie, bis ſie ihm wieder ge¬
nommen wird, wie die Freiheit Dem gehört, der ſie ſich
nimmt. —

Ueber das Eigenthum entſcheidet nur die Gewalt, und da
der Staat, gleichviel ob Staat der Bürger oder der Lumpe oder
der Menſchen ſchlechthin, der allein Gewaltige iſt, ſo iſt er
allein Eigenthümer; Ich, der Einzige, habe nichts, und werde
nur belehnt, bin Lehnsmann und als ſolcher Dienſtmann.
Unter der Herrſchaft des Staates giebt es kein Eigenthum
Meiner.

Ich will den Werth Meiner heben, den Werth der Eigen¬
heit, und ſollte das Eigenthum herabſetzen? Nein, wie Ich
ſeither nicht geachtet wurde, weil man Volk, Menſchheit und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0341" n="333"/>
womit &#x201E;Ich &#x017F;chalten und walten kann nach Gutdünken&#x201C;.<lb/>
Nach römi&#x017F;chem Rechte freilich <hi rendition="#aq">ius utendi et abutendi re sua,<lb/>
quatenus iuris ratio patitur</hi>, ein <hi rendition="#g">aus&#x017F;chließliches</hi> und<lb/><hi rendition="#g">unum&#x017F;chränktes</hi> Recht; aber Eigenthum wird durch Ge¬<lb/>
walt bedingt. Was Ich in der Gewalt habe, das i&#x017F;t mein<lb/>
eigen. So lange Ich Mich als Inhaber behaupte, bin Ich<lb/>
der Eigenthümer der Sache; entgeht Mir's wieder, gleichviel<lb/>
durch welche Macht, z. B. durch mein Anerkenntniß eines<lb/>
Anrechts Anderer an die Sache &#x2014;, &#x017F;o i&#x017F;t das Eigenthum er¬<lb/>
lo&#x017F;chen. So fällt Eigenthum und Be&#x017F;itz in Eins zu&#x017F;ammen.<lb/>
Nicht ein außerhalb meiner Gewalt liegendes Recht legitimirt<lb/>
Mich, &#x017F;ondern lediglich meine Gewalt; habe Ich die nicht<lb/>
mehr, &#x017F;o ent&#x017F;chwindet mir die Sache. Als die Römer keine<lb/>
Gewalt mehr gegen die Germanen hatten, <hi rendition="#g">gehörte</hi> die&#x017F;en<lb/>
das Weltreich Rom, und es klänge lächerlich, wollte man<lb/>
darauf be&#x017F;tehen, die Römer &#x017F;eien dennoch die eigentlichen<lb/>
Eigenthümer geblieben. Wer die Sache zu nehmen und<lb/>
zu behaupten weiß, dem gehört &#x017F;ie, bis &#x017F;ie ihm wieder ge¬<lb/>
nommen wird, wie die Freiheit Dem gehört, der &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#g">nimmt</hi>. &#x2014;</p><lb/>
            <p>Ueber das Eigenthum ent&#x017F;cheidet nur die Gewalt, und da<lb/>
der Staat, gleichviel ob Staat der Bürger oder der Lumpe oder<lb/>
der Men&#x017F;chen &#x017F;chlechthin, der allein Gewaltige i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t er<lb/>
allein Eigenthümer; Ich, der Einzige, habe nichts, und werde<lb/>
nur belehnt, bin Lehnsmann und als &#x017F;olcher Dien&#x017F;tmann.<lb/>
Unter der Herr&#x017F;chaft des Staates giebt es kein Eigenthum<lb/><hi rendition="#g">Meiner</hi>.</p><lb/>
            <p>Ich will den Werth Meiner heben, den Werth der Eigen¬<lb/>
heit, und &#x017F;ollte das Eigenthum herab&#x017F;etzen? Nein, wie Ich<lb/>
&#x017F;either nicht geachtet wurde, weil man Volk, Men&#x017F;chheit und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0341] womit „Ich ſchalten und walten kann nach Gutdünken“. Nach römiſchem Rechte freilich ius utendi et abutendi re sua, quatenus iuris ratio patitur, ein ausſchließliches und unumſchränktes Recht; aber Eigenthum wird durch Ge¬ walt bedingt. Was Ich in der Gewalt habe, das iſt mein eigen. So lange Ich Mich als Inhaber behaupte, bin Ich der Eigenthümer der Sache; entgeht Mir's wieder, gleichviel durch welche Macht, z. B. durch mein Anerkenntniß eines Anrechts Anderer an die Sache —, ſo iſt das Eigenthum er¬ loſchen. So fällt Eigenthum und Beſitz in Eins zuſammen. Nicht ein außerhalb meiner Gewalt liegendes Recht legitimirt Mich, ſondern lediglich meine Gewalt; habe Ich die nicht mehr, ſo entſchwindet mir die Sache. Als die Römer keine Gewalt mehr gegen die Germanen hatten, gehörte dieſen das Weltreich Rom, und es klänge lächerlich, wollte man darauf beſtehen, die Römer ſeien dennoch die eigentlichen Eigenthümer geblieben. Wer die Sache zu nehmen und zu behaupten weiß, dem gehört ſie, bis ſie ihm wieder ge¬ nommen wird, wie die Freiheit Dem gehört, der ſie ſich nimmt. — Ueber das Eigenthum entſcheidet nur die Gewalt, und da der Staat, gleichviel ob Staat der Bürger oder der Lumpe oder der Menſchen ſchlechthin, der allein Gewaltige iſt, ſo iſt er allein Eigenthümer; Ich, der Einzige, habe nichts, und werde nur belehnt, bin Lehnsmann und als ſolcher Dienſtmann. Unter der Herrſchaft des Staates giebt es kein Eigenthum Meiner. Ich will den Werth Meiner heben, den Werth der Eigen¬ heit, und ſollte das Eigenthum herabſetzen? Nein, wie Ich ſeither nicht geachtet wurde, weil man Volk, Menſchheit und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/341
Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/341>, abgerufen am 25.04.2024.