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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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I.
Ein Menschenleben .

Von dem Augenblicke an, wo er das Licht der Welt er¬
blickt, sucht ein Mensch aus ihrem Wirrwarr, in welchem auch
er mit allem Andern bunt durcheinander herumgewürfelt wird,
sich herauszufinden und sich zu gewinnen.

Doch wehrt sich wiederum Alles, was mit dem Kinde in
Berührung kommt, gegen dessen Eingriffe und behauptet sein
eigenes Bestehen.

Mithin ist, weil Jegliches auf sich hält, und zugleich
mit Anderem in stete Collision geräth, der Kampf der Selbst¬
behauptung unvermeidlich.

Siegen oder Unterliegen, -- zwischen beiden Wechsel¬
fällen schwankt das Kampfgeschick. Der Sieger wird der Herr,
der Unterliegende der Unterthan: jener übt die Hoheit und
"Hoheitsrechte", dieser erfüllt in Ehrfurcht und Respect die
"Unterthanenpflichten".

Aber Feinde bleiben beide und liegen immer auf der
Lauer: sie lauern einer auf die Schwäche des andern, Kinder

I.
Ein Menſchenleben .

Von dem Augenblicke an, wo er das Licht der Welt er¬
blickt, ſucht ein Menſch aus ihrem Wirrwarr, in welchem auch
er mit allem Andern bunt durcheinander herumgewürfelt wird,
ſich herauszufinden und ſich zu gewinnen.

Doch wehrt ſich wiederum Alles, was mit dem Kinde in
Berührung kommt, gegen deſſen Eingriffe und behauptet ſein
eigenes Beſtehen.

Mithin iſt, weil Jegliches auf ſich hält, und zugleich
mit Anderem in ſtete Colliſion geräth, der Kampf der Selbſt¬
behauptung unvermeidlich.

Siegen oder Unterliegen, — zwiſchen beiden Wechſel¬
fällen ſchwankt das Kampfgeſchick. Der Sieger wird der Herr,
der Unterliegende der Unterthan: jener übt die Hoheit und
„Hoheitsrechte“, dieſer erfüllt in Ehrfurcht und Reſpect die
„Unterthanenpflichten“.

Aber Feinde bleiben beide und liegen immer auf der
Lauer: ſie lauern einer auf die Schwäche des andern, Kinder

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[[13]/0021] I. Ein Menſchenleben . Von dem Augenblicke an, wo er das Licht der Welt er¬ blickt, ſucht ein Menſch aus ihrem Wirrwarr, in welchem auch er mit allem Andern bunt durcheinander herumgewürfelt wird, ſich herauszufinden und ſich zu gewinnen. Doch wehrt ſich wiederum Alles, was mit dem Kinde in Berührung kommt, gegen deſſen Eingriffe und behauptet ſein eigenes Beſtehen. Mithin iſt, weil Jegliches auf ſich hält, und zugleich mit Anderem in ſtete Colliſion geräth, der Kampf der Selbſt¬ behauptung unvermeidlich. Siegen oder Unterliegen, — zwiſchen beiden Wechſel¬ fällen ſchwankt das Kampfgeſchick. Der Sieger wird der Herr, der Unterliegende der Unterthan: jener übt die Hoheit und „Hoheitsrechte“, dieſer erfüllt in Ehrfurcht und Reſpect die „Unterthanenpflichten“. Aber Feinde bleiben beide und liegen immer auf der Lauer: ſie lauern einer auf die Schwäche des andern, Kinder

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. [13]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/21>, abgerufen am 29.03.2024.