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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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der betreffenden Bücher bruchstückweise niedergeschrieben worden,
und Ich that wenig mehr, als daß Ich die Fragmente zusam¬
mentrug. Die Kritik dringt aber rastlos vorwärts und macht
es dadurch nothwendig, daß Ich jetzt, nachdem mein Buch zu
Ende geschrieben ist, noch einmal auf sie zurückkommen und
diese Schlußanmerkung einschieben muß.

Ich habe das neuste, das achte Heft der Allgemeinen Li¬
teraturzeitung von Bruno Bauer vor Mir.

Obenan stehen da wieder "die allgemeinen Interessen
der Gesellschaft". Allein die Kritik hat sich besonnen und
dieser "Gesellschaft" eine Bestimmung gegeben, wodurch sie von
einer vorher damit noch verwechselten Form abgesondert wird:
der "Staat", in früheren Stellen noch als "freier Staat" ge¬
feiert, wird völlig aufgegeben, weil er in keiner Weise die
Aufgabe der "menschlichen Gesellschaft" erfüllen kann. Die
Kritik hat nur 1842 sich "gezwungen gesehen, für einen Augen¬
blick das menschliche und das politische Wesen zu identificiren";
jetzt aber hat sie gefunden, daß der Staat, selbst als "freier
Staat" nicht die menschliche Gesellschaft, oder, wie sie eben¬
falls sagen könnte, daß das Volk nicht "der Mensch" ist. Wir
sahen, wie sie mit der Theologie fertig wurde und klar bewies,
daß vor dem Menschen der Gott zusammensinkt; Wir sehen sie
nun in derselben Weise mit der Politik ins Reine kommen
und zeigen, daß vor dem Menschen die Völker und Nationa¬
litäten fallen: Wir sehen also, wie sie mit Kirche und Staat
sich auseinandersetzt, indem sie beide für unmenschlich erklärt,
und Wir werden es sehen -- denn sie verräth es Uns bereits
--, wie sie auch den Beweis zu führen vermag, daß vor dem
Menschen die "Masse", die sie sogar selbst ein "geistiges We¬
sen" nennt, werthlos erscheint. Wie sollten sich auch vor dem

der betreffenden Bücher bruchſtückweiſe niedergeſchrieben worden,
und Ich that wenig mehr, als daß Ich die Fragmente zuſam¬
mentrug. Die Kritik dringt aber raſtlos vorwärts und macht
es dadurch nothwendig, daß Ich jetzt, nachdem mein Buch zu
Ende geſchrieben iſt, noch einmal auf ſie zurückkommen und
dieſe Schlußanmerkung einſchieben muß.

Ich habe das neuſte, das achte Heft der Allgemeinen Li¬
teraturzeitung von Bruno Bauer vor Mir.

Obenan ſtehen da wieder „die allgemeinen Intereſſen
der Geſellſchaft“. Allein die Kritik hat ſich beſonnen und
dieſer „Geſellſchaft“ eine Beſtimmung gegeben, wodurch ſie von
einer vorher damit noch verwechſelten Form abgeſondert wird:
der „Staat“, in früheren Stellen noch als „freier Staat“ ge¬
feiert, wird völlig aufgegeben, weil er in keiner Weiſe die
Aufgabe der „menſchlichen Geſellſchaft" erfüllen kann. Die
Kritik hat nur 1842 ſich „gezwungen geſehen, für einen Augen¬
blick das menſchliche und das politiſche Weſen zu identificiren“;
jetzt aber hat ſie gefunden, daß der Staat, ſelbſt als „freier
Staat“ nicht die menſchliche Geſellſchaft, oder, wie ſie eben¬
falls ſagen könnte, daß das Volk nicht „der Menſch“ iſt. Wir
ſahen, wie ſie mit der Theologie fertig wurde und klar bewies,
daß vor dem Menſchen der Gott zuſammenſinkt; Wir ſehen ſie
nun in derſelben Weiſe mit der Politik ins Reine kommen
und zeigen, daß vor dem Menſchen die Völker und Nationa¬
litäten fallen: Wir ſehen alſo, wie ſie mit Kirche und Staat
ſich auseinanderſetzt, indem ſie beide für unmenſchlich erklärt,
und Wir werden es ſehen — denn ſie verräth es Uns bereits
—, wie ſie auch den Beweis zu führen vermag, daß vor dem
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[191/0199] der betreffenden Bücher bruchſtückweiſe niedergeſchrieben worden, und Ich that wenig mehr, als daß Ich die Fragmente zuſam¬ mentrug. Die Kritik dringt aber raſtlos vorwärts und macht es dadurch nothwendig, daß Ich jetzt, nachdem mein Buch zu Ende geſchrieben iſt, noch einmal auf ſie zurückkommen und dieſe Schlußanmerkung einſchieben muß. Ich habe das neuſte, das achte Heft der Allgemeinen Li¬ teraturzeitung von Bruno Bauer vor Mir. Obenan ſtehen da wieder „die allgemeinen Intereſſen der Geſellſchaft“. Allein die Kritik hat ſich beſonnen und dieſer „Geſellſchaft“ eine Beſtimmung gegeben, wodurch ſie von einer vorher damit noch verwechſelten Form abgeſondert wird: der „Staat“, in früheren Stellen noch als „freier Staat“ ge¬ feiert, wird völlig aufgegeben, weil er in keiner Weiſe die Aufgabe der „menſchlichen Geſellſchaft" erfüllen kann. Die Kritik hat nur 1842 ſich „gezwungen geſehen, für einen Augen¬ blick das menſchliche und das politiſche Weſen zu identificiren“; jetzt aber hat ſie gefunden, daß der Staat, ſelbſt als „freier Staat“ nicht die menſchliche Geſellſchaft, oder, wie ſie eben¬ falls ſagen könnte, daß das Volk nicht „der Menſch“ iſt. Wir ſahen, wie ſie mit der Theologie fertig wurde und klar bewies, daß vor dem Menſchen der Gott zuſammenſinkt; Wir ſehen ſie nun in derſelben Weiſe mit der Politik ins Reine kommen und zeigen, daß vor dem Menſchen die Völker und Nationa¬ litäten fallen: Wir ſehen alſo, wie ſie mit Kirche und Staat ſich auseinanderſetzt, indem ſie beide für unmenſchlich erklärt, und Wir werden es ſehen — denn ſie verräth es Uns bereits —, wie ſie auch den Beweis zu führen vermag, daß vor dem Menſchen die „Maſſe“, die ſie ſogar ſelbſt ein „geiſtiges We¬ ſen“ nennt, werthlos erſcheint. Wie ſollten ſich auch vor dem

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/199>, abgerufen am 29.03.2024.