ist, selbst wenn er ein Gewerbe treibt, auch Landbe¬ bauer und zieht hieraus seine gute und nachhaltige Nahrung. Hinter diesen Gebäuden ist endlich der Garten, der fast bei keinem besseren Hause in Gschaid fehlt, und von dem sie ihre Gemüse, ihr Obst und für festliche Gelegenheiten ihre Blumen ziehen. Wie oft im Gebirge so ist auch in Gschaid die Bienenzucht in diesen Gärten sehr verbreitet.
Die kleine Ausnahme, deren oben Erwähnung geschah, und die Nebenbuhlerschaft der Alleinherrlich¬ keit des Schusters ist ein anderer Schuster, der alte Tobias, der aber eigentlich kein Nebenbuhler ist, weil er nur mehr flikt, hierin viel zu thun hat, und es sich nicht im Entferntesten beikommen läßt, mit dem vor¬ nehmen Plazschuster in einen Wettstreit einzugehen, insbesondere, da der Plazschuster ihn häufig mit Le¬ derfleken Sohlenabschnitten und dergleichen Dingen unentgeldlich versieht. Der alte Tobias sizt im Sommer am Ende des Dörfchens unter Hollunderbüschen, und arbeitet. Er ist umringt von Schuhen und Bund¬ schuhen, die aber sämtlich alt grau kothig und zer¬ rissen sind. Stiefel mit langen Röhren sind nicht da, weil sie im Dorfe und in der Gegend nicht getragen werden; nur zwei Personen haben solche, der Pfarrer und der Schullehrer, welche aber beides, fliken und
iſt, ſelbſt wenn er ein Gewerbe treibt, auch Landbe¬ bauer und zieht hieraus ſeine gute und nachhaltige Nahrung. Hinter dieſen Gebäuden iſt endlich der Garten, der faſt bei keinem beſſeren Hauſe in Gſchaid fehlt, und von dem ſie ihre Gemüſe, ihr Obſt und für feſtliche Gelegenheiten ihre Blumen ziehen. Wie oft im Gebirge ſo iſt auch in Gſchaid die Bienenzucht in dieſen Gärten ſehr verbreitet.
Die kleine Ausnahme, deren oben Erwähnung geſchah, und die Nebenbuhlerſchaft der Alleinherrlich¬ keit des Schuſters iſt ein anderer Schuſter, der alte Tobias, der aber eigentlich kein Nebenbuhler iſt, weil er nur mehr flikt, hierin viel zu thun hat, und es ſich nicht im Entfernteſten beikommen läßt, mit dem vor¬ nehmen Plazſchuſter in einen Wettſtreit einzugehen, insbeſondere, da der Plazſchuſter ihn häufig mit Le¬ derfleken Sohlenabſchnitten und dergleichen Dingen unentgeldlich verſieht. Der alte Tobias ſizt im Sommer am Ende des Dörfchens unter Hollunderbüſchen, und arbeitet. Er iſt umringt von Schuhen und Bund¬ ſchuhen, die aber ſämtlich alt grau kothig und zer¬ riſſen ſind. Stiefel mit langen Röhren ſind nicht da, weil ſie im Dorfe und in der Gegend nicht getragen werden; nur zwei Perſonen haben ſolche, der Pfarrer und der Schullehrer, welche aber beides, fliken und
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iſt, ſelbſt wenn er ein Gewerbe treibt, auch Landbe¬
bauer und zieht hieraus ſeine gute und nachhaltige
Nahrung. Hinter dieſen Gebäuden iſt endlich der
Garten, der faſt bei keinem beſſeren Hauſe in Gſchaid
fehlt, und von dem ſie ihre Gemüſe, ihr Obſt und für
feſtliche Gelegenheiten ihre Blumen ziehen. Wie oft
im Gebirge ſo iſt auch in Gſchaid die Bienenzucht
in dieſen Gärten ſehr verbreitet.
Die kleine Ausnahme, deren oben Erwähnung
geſchah, und die Nebenbuhlerſchaft der Alleinherrlich¬
keit des Schuſters iſt ein anderer Schuſter, der alte
Tobias, der aber eigentlich kein Nebenbuhler iſt, weil
er nur mehr flikt, hierin viel zu thun hat, und es ſich
nicht im Entfernteſten beikommen läßt, mit dem vor¬
nehmen Plazſchuſter in einen Wettſtreit einzugehen,
insbeſondere, da der Plazſchuſter ihn häufig mit Le¬
derfleken Sohlenabſchnitten und dergleichen Dingen
unentgeldlich verſieht. Der alte Tobias ſizt im Sommer
am Ende des Dörfchens unter Hollunderbüſchen, und
arbeitet. Er iſt umringt von Schuhen und Bund¬
ſchuhen, die aber ſämtlich alt grau kothig und zer¬
riſſen ſind. Stiefel mit langen Röhren ſind nicht da,
weil ſie im Dorfe und in der Gegend nicht getragen
werden; nur zwei Perſonen haben ſolche, der Pfarrer
und der Schullehrer, welche aber beides, fliken und
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/32>, abgerufen am 29.03.2024.
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