Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

der Begriff des Polizeirechts. Wie daher die Polizei ein
Theil der Verwaltung überhaupt, und die Verwaltung wieder
ihrem Wesen nach die Vollziehung von bestimmten Staatsaufgaben
ist, so ist das Allgemeine Polizeirecht ein Theil des allgemeinen
Rechts der vollziehenden Gewalt und die Grundsätze desselben gelten
nicht etwa bloß für die Innere Verwaltung etwa als allgemeiner
Theil der Sicherheitspolizei, wie sie hier formell hingestellt ist,
sondern als ein Theil des Rechts der vollziehenden Gewalt.
Die Sicherheitspolizei dagegen ist wieder eine ganz bestimmte Er-
scheinung dieser Polizei, und zwar diejenige, welche gegen Gefahren
gerichtet ist, die speziell die allgemeine öffentliche Ordnung durch
an sich erlaubte Handlungen einzelner Personen bedrohen, wie
etwa die Gesundheitspolizei vor Gefährdungen der Gesundheit, die
Gewichtspolizei vor Gefährdungen der richtigen Gewichte im Ver-
kehr schützt u. s. w. Die öffentliche Sicherheit ist daher ein be-
stimmter, einzelner Begriff und daher eine bestimmte Art der
Gefahr, und die Sicherheitspolizei und ihr Recht gehören daher
auch ganz unzweifelhaft in die Verwaltung der persönlichen Lebens-
verhältnisse, wie das Polizeirecht an sich in die vollziehende Gewalt.
Das ist wohl das wahre Verhältniß, und es war am Ende falsch,
in der Absicht, die Sicherheitspolizei besser zu erklären, dem allge-
meinen Polizeirecht seine richtige Stelle zu nehmen.

Dagegen läßt es sich anderseits nicht verkennen, daß die for-
melle Verbindung des allgemeinen Polizeiwesens mit der Sicherheits-
polizei auch einen großen Vortheil darbietet. Derselbe besteht darin,
daß fast nur in dieser Verbindung eigene Vorlesungen und selb-
ständige theoretische Behandlungen des Polizeiwesens praktisch ein-
gerichtet werden können, da ein Hinausreißen der Sicherheitspolizei
aus dem ganzen Gebiete nicht thunlich ist. In der That hat auch
dieß an sich nicht das geringste Bedenken; nur soll man dabei stets
das Bewußtsein von der wahren systematischen Stellung und Auf-
gabe des allgemeinen Polizeirechts neben dem des speziellen der
Sicherheitspolizei festhalten. Damit würde jedem, auch dem streng-
sten systematischen Bedürfniß Genüge geschehen.

der Begriff des Polizeirechts. Wie daher die Polizei ein
Theil der Verwaltung überhaupt, und die Verwaltung wieder
ihrem Weſen nach die Vollziehung von beſtimmten Staatsaufgaben
iſt, ſo iſt das Allgemeine Polizeirecht ein Theil des allgemeinen
Rechts der vollziehenden Gewalt und die Grundſätze deſſelben gelten
nicht etwa bloß für die Innere Verwaltung etwa als allgemeiner
Theil der Sicherheitspolizei, wie ſie hier formell hingeſtellt iſt,
ſondern als ein Theil des Rechts der vollziehenden Gewalt.
Die Sicherheitspolizei dagegen iſt wieder eine ganz beſtimmte Er-
ſcheinung dieſer Polizei, und zwar diejenige, welche gegen Gefahren
gerichtet iſt, die ſpeziell die allgemeine öffentliche Ordnung durch
an ſich erlaubte Handlungen einzelner Perſonen bedrohen, wie
etwa die Geſundheitspolizei vor Gefährdungen der Geſundheit, die
Gewichtspolizei vor Gefährdungen der richtigen Gewichte im Ver-
kehr ſchützt u. ſ. w. Die öffentliche Sicherheit iſt daher ein be-
ſtimmter, einzelner Begriff und daher eine beſtimmte Art der
Gefahr, und die Sicherheitspolizei und ihr Recht gehören daher
auch ganz unzweifelhaft in die Verwaltung der perſönlichen Lebens-
verhältniſſe, wie das Polizeirecht an ſich in die vollziehende Gewalt.
Das iſt wohl das wahre Verhältniß, und es war am Ende falſch,
in der Abſicht, die Sicherheitspolizei beſſer zu erklären, dem allge-
meinen Polizeirecht ſeine richtige Stelle zu nehmen.

Dagegen läßt es ſich anderſeits nicht verkennen, daß die for-
melle Verbindung des allgemeinen Polizeiweſens mit der Sicherheits-
polizei auch einen großen Vortheil darbietet. Derſelbe beſteht darin,
daß faſt nur in dieſer Verbindung eigene Vorleſungen und ſelb-
ſtändige theoretiſche Behandlungen des Polizeiweſens praktiſch ein-
gerichtet werden können, da ein Hinausreißen der Sicherheitspolizei
aus dem ganzen Gebiete nicht thunlich iſt. In der That hat auch
dieß an ſich nicht das geringſte Bedenken; nur ſoll man dabei ſtets
das Bewußtſein von der wahren ſyſtematiſchen Stellung und Auf-
gabe des allgemeinen Polizeirechts neben dem des ſpeziellen der
Sicherheitspolizei feſthalten. Damit würde jedem, auch dem ſtreng-
ſten ſyſtematiſchen Bedürfniß Genüge geſchehen.

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014" n="VIII"/>
der Begriff des <hi rendition="#g">Polizeirechts</hi>. Wie daher die Polizei ein<lb/>
Theil der Verwaltung überhaupt, und die Verwaltung wieder<lb/>
ihrem We&#x017F;en nach die Vollziehung von be&#x017F;timmten Staatsaufgaben<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t das Allgemeine Polizeirecht ein Theil des allgemeinen<lb/>
Rechts der vollziehenden Gewalt und die Grund&#x017F;ätze de&#x017F;&#x017F;elben gelten<lb/>
nicht etwa bloß für die Innere Verwaltung etwa als allgemeiner<lb/>
Theil der Sicherheitspolizei, wie &#x017F;ie hier formell hinge&#x017F;tellt i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;ondern als ein Theil des <hi rendition="#g">Rechts der vollziehenden Gewalt</hi>.<lb/>
Die Sicherheitspolizei dagegen i&#x017F;t wieder eine ganz be&#x017F;timmte Er-<lb/>
&#x017F;cheinung die&#x017F;er Polizei, und zwar diejenige, welche gegen Gefahren<lb/>
gerichtet i&#x017F;t, die &#x017F;peziell die allgemeine öffentliche Ordnung durch<lb/>
an &#x017F;ich erlaubte Handlungen einzelner Per&#x017F;onen bedrohen, wie<lb/>
etwa die Ge&#x017F;undheitspolizei vor Gefährdungen der Ge&#x017F;undheit, die<lb/>
Gewichtspolizei vor Gefährdungen der richtigen Gewichte im Ver-<lb/>
kehr &#x017F;chützt u. &#x017F;. w. Die öffentliche Sicherheit i&#x017F;t daher ein be-<lb/>
&#x017F;timmter, einzelner Begriff und daher eine be&#x017F;timmte <hi rendition="#g">Art</hi> der<lb/>
Gefahr, und die Sicherheitspolizei und ihr Recht gehören daher<lb/>
auch ganz unzweifelhaft in die Verwaltung der per&#x017F;önlichen Lebens-<lb/>
verhältni&#x017F;&#x017F;e, wie das Polizeirecht an &#x017F;ich in die vollziehende Gewalt.<lb/>
Das i&#x017F;t wohl das wahre Verhältniß, und es war am Ende fal&#x017F;ch,<lb/>
in der Ab&#x017F;icht, die Sicherheitspolizei be&#x017F;&#x017F;er zu erklären, dem allge-<lb/>
meinen Polizeirecht &#x017F;eine richtige Stelle zu nehmen.</p><lb/>
        <p>Dagegen läßt es &#x017F;ich ander&#x017F;eits nicht verkennen, daß die for-<lb/>
melle Verbindung des allgemeinen Polizeiwe&#x017F;ens mit der Sicherheits-<lb/>
polizei auch einen großen Vortheil darbietet. Der&#x017F;elbe be&#x017F;teht darin,<lb/>
daß fa&#x017F;t nur in die&#x017F;er Verbindung eigene Vorle&#x017F;ungen und &#x017F;elb-<lb/>
&#x017F;tändige theoreti&#x017F;che Behandlungen des Polizeiwe&#x017F;ens prakti&#x017F;ch ein-<lb/>
gerichtet werden können, da ein Hinausreißen der Sicherheitspolizei<lb/>
aus dem ganzen Gebiete nicht thunlich i&#x017F;t. In der That hat auch<lb/>
dieß an &#x017F;ich nicht das gering&#x017F;te Bedenken; nur &#x017F;oll man dabei &#x017F;tets<lb/>
das Bewußt&#x017F;ein von der wahren &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;chen Stellung und Auf-<lb/>
gabe des allgemeinen Polizeirechts neben dem des &#x017F;peziellen der<lb/>
Sicherheitspolizei fe&#x017F;thalten. Damit würde jedem, auch dem &#x017F;treng-<lb/>
&#x017F;ten &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;chen Bedürfniß Genüge ge&#x017F;chehen.</p><lb/>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[VIII/0014] der Begriff des Polizeirechts. Wie daher die Polizei ein Theil der Verwaltung überhaupt, und die Verwaltung wieder ihrem Weſen nach die Vollziehung von beſtimmten Staatsaufgaben iſt, ſo iſt das Allgemeine Polizeirecht ein Theil des allgemeinen Rechts der vollziehenden Gewalt und die Grundſätze deſſelben gelten nicht etwa bloß für die Innere Verwaltung etwa als allgemeiner Theil der Sicherheitspolizei, wie ſie hier formell hingeſtellt iſt, ſondern als ein Theil des Rechts der vollziehenden Gewalt. Die Sicherheitspolizei dagegen iſt wieder eine ganz beſtimmte Er- ſcheinung dieſer Polizei, und zwar diejenige, welche gegen Gefahren gerichtet iſt, die ſpeziell die allgemeine öffentliche Ordnung durch an ſich erlaubte Handlungen einzelner Perſonen bedrohen, wie etwa die Geſundheitspolizei vor Gefährdungen der Geſundheit, die Gewichtspolizei vor Gefährdungen der richtigen Gewichte im Ver- kehr ſchützt u. ſ. w. Die öffentliche Sicherheit iſt daher ein be- ſtimmter, einzelner Begriff und daher eine beſtimmte Art der Gefahr, und die Sicherheitspolizei und ihr Recht gehören daher auch ganz unzweifelhaft in die Verwaltung der perſönlichen Lebens- verhältniſſe, wie das Polizeirecht an ſich in die vollziehende Gewalt. Das iſt wohl das wahre Verhältniß, und es war am Ende falſch, in der Abſicht, die Sicherheitspolizei beſſer zu erklären, dem allge- meinen Polizeirecht ſeine richtige Stelle zu nehmen. Dagegen läßt es ſich anderſeits nicht verkennen, daß die for- melle Verbindung des allgemeinen Polizeiweſens mit der Sicherheits- polizei auch einen großen Vortheil darbietet. Derſelbe beſteht darin, daß faſt nur in dieſer Verbindung eigene Vorleſungen und ſelb- ſtändige theoretiſche Behandlungen des Polizeiweſens praktiſch ein- gerichtet werden können, da ein Hinausreißen der Sicherheitspolizei aus dem ganzen Gebiete nicht thunlich iſt. In der That hat auch dieß an ſich nicht das geringſte Bedenken; nur ſoll man dabei ſtets das Bewußtſein von der wahren ſyſtematiſchen Stellung und Auf- gabe des allgemeinen Polizeirechts neben dem des ſpeziellen der Sicherheitspolizei feſthalten. Damit würde jedem, auch dem ſtreng- ſten ſyſtematiſchen Bedürfniß Genüge geſchehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/14
Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/14>, abgerufen am 28.03.2024.