Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

bekümmern, die Sorge um Malte gütigst uns selbst
überlassen. Bleibt er hier, so muß Bruno schon noth¬
gedrungen sich mehr an Malte anschließen, und da es
sich während dieser Zeit doch nur um eine Aufsicht
der Knaben handelt, so übergebe ich die unserm Jo¬
hann eben so gern und lieber noch als Herrn Stein.
Ja, wir können auf der Rückreise, wenn wir Helene
noch bei uns haben, nicht einmal alle in einem Wagen
fortkommen. Nein, nein! er bleibt hier; ich bin jetzt
mit mir darüber ganz im Reinen -- vollkommen im
Reinen."

"Ich weiß nicht --" sagte der alte Herr verdrießlich.

"Aber ich weiß es," sagte die Baronin aufstehend;
"das pflegte Dir ja sonst genug zu sein, lieber Gren¬
witz. Komm, es ist die höchste Zeit, das wir auf¬
brechen, wenn wir zu Mittag noch beim Grafen
Grieben sein wollen. Da kommt Malte. Bist Du
auch warm angezogen, lieber Junge? Wo steckt denn
der Bruno?"

"Oben beim Doctor. Er will nicht mit, wenn
der Doctor zu Hause bleibt."

"Siehst Du, lieber Grenwitz, da haben wir's, eine
vortreffliche Erziehung, in der That! Sogleich gehe
hinauf, Malte! Bruno soll sich sofort fertig machen,
hörst Du: sofort!"

bekümmern, die Sorge um Malte gütigſt uns ſelbſt
überlaſſen. Bleibt er hier, ſo muß Bruno ſchon noth¬
gedrungen ſich mehr an Malte anſchließen, und da es
ſich während dieſer Zeit doch nur um eine Aufſicht
der Knaben handelt, ſo übergebe ich die unſerm Jo¬
hann eben ſo gern und lieber noch als Herrn Stein.
Ja, wir können auf der Rückreiſe, wenn wir Helene
noch bei uns haben, nicht einmal alle in einem Wagen
fortkommen. Nein, nein! er bleibt hier; ich bin jetzt
mit mir darüber ganz im Reinen — vollkommen im
Reinen.“

„Ich weiß nicht —“ ſagte der alte Herr verdrießlich.

„Aber ich weiß es,“ ſagte die Baronin aufſtehend;
„das pflegte Dir ja ſonſt genug zu ſein, lieber Gren¬
witz. Komm, es iſt die höchſte Zeit, das wir auf¬
brechen, wenn wir zu Mittag noch beim Grafen
Grieben ſein wollen. Da kommt Malte. Biſt Du
auch warm angezogen, lieber Junge? Wo ſteckt denn
der Bruno?“

„Oben beim Doctor. Er will nicht mit, wenn
der Doctor zu Hauſe bleibt.“

„Siehſt Du, lieber Grenwitz, da haben wir's, eine
vortreffliche Erziehung, in der That! Sogleich gehe
hinauf, Malte! Bruno ſoll ſich ſofort fertig machen,
hörſt Du: ſofort!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0015" n="5"/>
bekümmern, die Sorge um Malte gütig&#x017F;t uns &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
überla&#x017F;&#x017F;en. Bleibt er hier, &#x017F;o muß Bruno &#x017F;chon noth¬<lb/>
gedrungen &#x017F;ich mehr an Malte an&#x017F;chließen, und da es<lb/>
&#x017F;ich während die&#x017F;er Zeit doch nur um eine Auf&#x017F;icht<lb/>
der Knaben handelt, &#x017F;o übergebe ich die un&#x017F;erm Jo¬<lb/>
hann eben &#x017F;o gern und lieber noch als Herrn Stein.<lb/>
Ja, wir können auf der Rückrei&#x017F;e, wenn wir Helene<lb/>
noch bei uns haben, nicht einmal alle in einem Wagen<lb/>
fortkommen. Nein, nein! er bleibt hier; ich bin jetzt<lb/>
mit mir darüber ganz im Reinen &#x2014; vollkommen im<lb/>
Reinen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich weiß nicht &#x2014;&#x201C; &#x017F;agte der alte Herr verdrießlich.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Aber ich weiß es,&#x201C; &#x017F;agte die Baronin auf&#x017F;tehend;<lb/>
&#x201E;das pflegte Dir ja &#x017F;on&#x017F;t genug zu &#x017F;ein, lieber Gren¬<lb/>
witz. Komm, es i&#x017F;t die höch&#x017F;te Zeit, das wir auf¬<lb/>
brechen, wenn wir zu Mittag noch beim Grafen<lb/>
Grieben &#x017F;ein wollen. Da kommt Malte. Bi&#x017F;t Du<lb/>
auch warm angezogen, lieber Junge? Wo &#x017F;teckt denn<lb/>
der Bruno?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Oben beim Doctor. Er will nicht mit, wenn<lb/>
der Doctor zu Hau&#x017F;e bleibt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sieh&#x017F;t Du, lieber Grenwitz, da haben wir's, eine<lb/>
vortreffliche Erziehung, in der That! Sogleich gehe<lb/>
hinauf, Malte! Bruno &#x017F;oll &#x017F;ich &#x017F;ofort fertig machen,<lb/>
hör&#x017F;t Du: &#x017F;ofort!&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0015] bekümmern, die Sorge um Malte gütigſt uns ſelbſt überlaſſen. Bleibt er hier, ſo muß Bruno ſchon noth¬ gedrungen ſich mehr an Malte anſchließen, und da es ſich während dieſer Zeit doch nur um eine Aufſicht der Knaben handelt, ſo übergebe ich die unſerm Jo¬ hann eben ſo gern und lieber noch als Herrn Stein. Ja, wir können auf der Rückreiſe, wenn wir Helene noch bei uns haben, nicht einmal alle in einem Wagen fortkommen. Nein, nein! er bleibt hier; ich bin jetzt mit mir darüber ganz im Reinen — vollkommen im Reinen.“ „Ich weiß nicht —“ ſagte der alte Herr verdrießlich. „Aber ich weiß es,“ ſagte die Baronin aufſtehend; „das pflegte Dir ja ſonſt genug zu ſein, lieber Gren¬ witz. Komm, es iſt die höchſte Zeit, das wir auf¬ brechen, wenn wir zu Mittag noch beim Grafen Grieben ſein wollen. Da kommt Malte. Biſt Du auch warm angezogen, lieber Junge? Wo ſteckt denn der Bruno?“ „Oben beim Doctor. Er will nicht mit, wenn der Doctor zu Hauſe bleibt.“ „Siehſt Du, lieber Grenwitz, da haben wir's, eine vortreffliche Erziehung, in der That! Sogleich gehe hinauf, Malte! Bruno ſoll ſich ſofort fertig machen, hörſt Du: ſofort!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/15
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/15>, abgerufen am 25.04.2024.