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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.

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"Sie müssen uns ja besuchen, Herr Stein! Ich
lade Lisbeth noch dazu, und dann reiten wir zusammen
spazieren."

"Lassen Sie Fräulein von Meyen nur zu Hause.
Ich ziehe die Duetts den Terzetts bei weitem vor."

"Ist das wahr? Aber meine Cousine ist ein sehr
hübsches Mädchen. Finden Sie nicht?"

"Fräulein Lisbeth ist ein reizendes Wesen, das
nur den einen Fehler hat, Sie zur Cousine zu haben,
und nur den einen Fehler begeht, sich zu häufig neben
Sie zu stellen."

"Warten Sie, das sage ich ihr wieder --"

"Sie würden mich dadurch dem Haß der jungen
Dame aussetzen und mir dafür eine Entschädigung
schuldig sein."

"Und liegt diese Entschädigung in meiner Macht?"

"Nein, in Ihren Augen."

"Sie Spötter, kommen Sie, die Reihe ist an uns."

Oswald hatte sich in der folgenden Pause zwecklos
in den Zimmern umhergetrieben. Als er in den Ball¬
saal zurückkam, sah er sich vergeblich nach Emilie von
Breesen um. Halb und halb sie suchend und auch
wieder ohne Plan, von seinen bösen Gedanken gejagt,
weiter irrend, gerieth er in eine andere Flucht von
Zimmern, die an der den Spielzimmern entgegenge¬

„Sie müſſen uns ja beſuchen, Herr Stein! Ich
lade Lisbeth noch dazu, und dann reiten wir zuſammen
ſpazieren.“

„Laſſen Sie Fräulein von Meyen nur zu Hauſe.
Ich ziehe die Duetts den Terzetts bei weitem vor.“

„Iſt das wahr? Aber meine Couſine iſt ein ſehr
hübſches Mädchen. Finden Sie nicht?“

„Fräulein Lisbeth iſt ein reizendes Weſen, das
nur den einen Fehler hat, Sie zur Couſine zu haben,
und nur den einen Fehler begeht, ſich zu häufig neben
Sie zu ſtellen.“

„Warten Sie, das ſage ich ihr wieder —“

„Sie würden mich dadurch dem Haß der jungen
Dame ausſetzen und mir dafür eine Entſchädigung
ſchuldig ſein.“

„Und liegt dieſe Entſchädigung in meiner Macht?“

„Nein, in Ihren Augen.“

„Sie Spötter, kommen Sie, die Reihe iſt an uns.“

Oswald hatte ſich in der folgenden Pauſe zwecklos
in den Zimmern umhergetrieben. Als er in den Ball¬
ſaal zurückkam, ſah er ſich vergeblich nach Emilie von
Breeſen um. Halb und halb ſie ſuchend und auch
wieder ohne Plan, von ſeinen böſen Gedanken gejagt,
weiter irrend, gerieth er in eine andere Flucht von
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[84/0094] „Sie müſſen uns ja beſuchen, Herr Stein! Ich lade Lisbeth noch dazu, und dann reiten wir zuſammen ſpazieren.“ „Laſſen Sie Fräulein von Meyen nur zu Hauſe. Ich ziehe die Duetts den Terzetts bei weitem vor.“ „Iſt das wahr? Aber meine Couſine iſt ein ſehr hübſches Mädchen. Finden Sie nicht?“ „Fräulein Lisbeth iſt ein reizendes Weſen, das nur den einen Fehler hat, Sie zur Couſine zu haben, und nur den einen Fehler begeht, ſich zu häufig neben Sie zu ſtellen.“ „Warten Sie, das ſage ich ihr wieder —“ „Sie würden mich dadurch dem Haß der jungen Dame ausſetzen und mir dafür eine Entſchädigung ſchuldig ſein.“ „Und liegt dieſe Entſchädigung in meiner Macht?“ „Nein, in Ihren Augen.“ „Sie Spötter, kommen Sie, die Reihe iſt an uns.“ Oswald hatte ſich in der folgenden Pauſe zwecklos in den Zimmern umhergetrieben. Als er in den Ball¬ ſaal zurückkam, ſah er ſich vergeblich nach Emilie von Breeſen um. Halb und halb ſie ſuchend und auch wieder ohne Plan, von ſeinen böſen Gedanken gejagt, weiter irrend, gerieth er in eine andere Flucht von Zimmern, die an der den Spielzimmern entgegenge¬

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/94>, abgerufen am 25.04.2024.